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17. Juni 1953 in der DDR: "Wer so spricht, der verhöhnt die Opfer des SED-Regimes"


70 Jahre nach Volksaufstand
"Wer so spricht, der verhöhnt die Opfer des SED-Regimes"

Von dpa, t-online
Aktualisiert am 17.06.2023Lesedauer: 3 Min.
urn:newsml:dpa.com:20090101:230616-911-004258Vergrößern des BildesFrank-Walter Steinmeier: Der Bundespräsident nimmt heute an einer Gedenkveranstaltung zum Volksaufstand in der DDR von 1953 teil. (Quelle: Bernd von Jutrczenka/dpa)
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70 Jahre nach dem Volksaufstand in der DDR sind heute zahlreiche Gedenkveranstaltungen geplant. Doch die Kundgebungen gefallen nicht jedem.

Am 70. Jahrestag des DDR-Volksaufstands vom 17. Juni 1953 wird am Samstag an vielen Orten noch einmal an den Mut der Demonstranten und an die Todesopfer der Niederschlagung erinnert. In Berlin legen Bundeskanzler Olaf Scholz, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und der Regierende Bürgermeister Kai Wegner vormittags (11.00 Uhr) Kränze am Mahnmal für die Opfer auf dem Friedhof Seestraße nieder. Veranstaltungen sind auch an weiteren historischen Schauplätzen geplant, darunter am Platz des Volksaufstandes von 1953 am heutigen Bundesfinanzministerium.

In einer Gedenkstunde im Bundestag hatte Steinmeier schon am Freitag mehr Einsatz und Anerkennung für die heutige Demokratie gefordert. Das Grundgesetz garantiere genau die Freiheiten, die sich die Demonstrierenden am 17. Juni 1953 in ihrem "Volksbegehren für die Demokratie" gewünscht hätten.

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"Deshalb sage ich sehr deutlich: Es ist eine fadenscheinige Lüge, wenn die Gegner unserer Demokratie, wenn Populisten und Extremisten behaupten, es sei heute 'genau wie damals' , genau wie in der Diktatur", sagte Steinmeier. "Wer so spricht, der verhöhnt die Opfer des SED-Regimes. Wer so spricht, missbraucht die Namen derer, die damals ihr Leben riskierten."

"Ein herausragendes Ereignis"

Dorthin waren damals protestierende Arbeiter gezogen. Insgesamt gingen am 17. Juni 1953 rund eine Million Menschen an 700 Orten der damaligen DDR auf die Straße. Sie demonstrierten gegen höhere Arbeitsnormen, aber auch für mehr Wohlstand, freie Wahlen und ein Ende der Teilung Deutschlands. Die Sowjetische Besatzungsmacht schlug die Proteste gemeinsam mit den DDR-Behörden nieder. Mindestens 55 Menschen wurden getötet.

"Der Volksaufstand vom 17. Juni ist ein herausragendes Ereignis der deutschen Freiheitsgeschichte", sagte Steinmeier. 1989 hätten sich Frauen und Männer in der DDR die Demokratie dann erkämpft. Auf dieses historische Verdienst "sollten wir in ganz Deutschland stolz sein".

Daran erinnerte auch Bundestagspräsidentin Bärbel Bas. "1953 und 1989 gehören zum großen demokratischen Erbe, das die Menschen im Osten unseres Landes errungen haben", sagte die SPD-Politikerin. "Es war ein Kampf, den die Deutschen im Westen nicht führen mussten." Menschen in der DDR hätten Demokratiegeschichte geschrieben. "Wissen wir das gebührend zu schätzen?", fragte sie.

Maier: AfD missbraucht Tag für ihre Zwecke

In mehreren Orten Thüringens sind am Samstag auch Gedenkveranstaltungen der AfD geplant. Die in Thüringen vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestufte Partei plant unter anderem in Mödlareuth einen Auftritt ihres Landeschefs Björn Höcke. Mödlareuth an der thüringisch-bayerischen Grenze gilt als symbolträchtiger Ort, der einst durch eine Mauer und Sperranlagen geteilt war und deshalb bald "Little Berlin" genannt wurde. Höcke ist in Westdeutschland geboren und aufgewachsen.

Thüringens Innenminister Georg Maier hat der AfD vorgeworfen, den Gedenktag für ihre Zwecke zu nutzen. Bei dem Volksaufstand vor 70 Jahren hätten sich Menschen gegen ein autoritäres Regime aufgelehnt, sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt. "Jetzt will ausgerechnet die AfD diesen Tag kapern für sich, obwohl in ihrer Ideologie ein autoritäres Staatsverständnis angelegt ist", sagte Maier, der in Thüringen auch SPD-Chef ist. Das sei nicht nur ein Widerspruch in sich, sondern auch eine perfide Strategie.

"Im Zweifel eine Totenstille"

Maier sagte, dass der 17. Juni als Gedenktag ein Stück weit aus dem Bewusstsein der Menschen gerückt ist. Das sei bedauerlich. Die AfD fahre seiner Meinung nach eine zweigleisige Strategie: "Sie sägen an Brückenpfeilern unserer Demokratie und kapern andere." Die AfD versuche, Symbole der Demokratie wie den 17. Juni oder die Farben der Bundesflagge für sich zu vereinnahmen, um in weitere Wählerschichten vorzudringen. "Gleichzeitig demontiert sie andere Grundpfeiler unserer Demokratie – zum Beispiel, dass der Holocaust ein unvergleichliches Menschheitsverbrechen ist." Das dürfe man nicht zulassen.

Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider, bemängelte in dem Zusammenhang auch, dass die Geschichte der DDR in vielen Schulen nicht ausreichend thematisiert werde. Die Zeit, in der sich im Geschichts- und Sozialkunde-Unterricht mit der DDR beschäftigt wird, sei "viel zu kurz", sagte der SPD-Politiker im Interview des SWR-Hauptstadtstudios. Zum Jahrestag des Aufstands sagte er, vom 17. Juni gehe heute die Botschaft aus, dass der Wille nach Freiheit "stärker ist als alles andere".

Schneider bemängelte zudem das geringe Interesse von Menschen aus Westdeutschland am Osten. "99,5 Prozent der Ostdeutschen waren im Westen, aber 25 Prozent der Westdeutschen waren noch nie in Ostdeutschland". Wenn er offen spreche, dann spüre er keine Neugier bezüglich der Lebenserfahrung Ostdeutscher und Brüchen in ostdeutschen Biografien, sondern da herrsche "im Zweifel eine Totenstille".

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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