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Angela Merkel setzt schärfere Regeln durch – die Corona-Kanzlerin ist wieder da


Schärfere Regeln in allen Ländern
Die Corona-Kanzlerin ist wieder da

MeinungVon Sven Böll

Aktualisiert am 27.08.2020Lesedauer: 3 Min.
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Bundeskanzlerin Angela MerkelVergrößern des Bildes
Bundeskanzlerin Angela Merkel (Quelle: imago-images-bilder)

Angela Merkel setzt bei den Beratungen mit den Ministerpräsidenten schärfere Corona-Regeln durch. Damit wandert die Macht bereits wieder von den Länderchefs zu ihr – und die schwierigen Monate der Pandemie kommen erst noch.

Als sich die Ministerpräsidenten im Frühjahr mit Corona-Lockerungen überboten und einige Regierungschefs der Länder erst gar nicht mehr die Besprechungen mit der Kanzlerin abwarteten, um ihre Pläne zu verkünden, galt Angela Merkel als die große Verliererin. Sie sei machtlos, könne sich nicht einmal mehr gegen Landesfürsten durchsetzen, hieß es damals. Ein bisschen Merkeldämmerung. Mal wieder.

Und mal wieder verfrüht. Natürlich haben sich die Ministerpräsidenten Ende April, Anfang Mai von der stets vorsichtigen, mahnenden und warnenden Corona-Kanzlerin emanzipiert. Aber man darf davon ausgehen, dass Merkel ihren Machtverlust entspannt gesehen hat. Schließlich denkt sie die Dinge gern vom Ende her. Diese politische Strategie ist für das Publikum selten unterhaltsam, für Merkel aber oft erfolgreich.

Als die Ministerpräsidenten triumphierten, stellte sich die Situation aus Merkels Perspektive so dar: Im unwahrscheinlichen Fall ist die erste große Welle auch die letzte, und die Lage entspannt sich weiter. Dann ist es unproblematisch, wenn Beschränkungen weiter gelockert werden und jedes Bundesland mehr oder weniger seinen eigenen Weg geht.

Merkel war von Anfang an vorsichtiger

Das andere, wahrscheinlichere Szenario aus Merkels Sicht: All die Lockerungen führen dazu, dass die Zahl der Coronafälle wieder zunimmt und die Krise zurückkehrt. Nicht mit der Wucht vom März, aber so deutlich, dass mehr Menschen sich Sorgen machen. Je ernster die Lage überall wird, desto weniger wollen die Bürger jedoch wissen, was die Lockerer Armin Laschet in NRW, Peter Tschentscher in Hamburg oder Bodo Ramelow in Thüringen im Kleinen zu tun gedenken. Dann kommt es wieder mehr aufs große Ganze an. Viele Bürger werden wieder darauf setzen, dass die Kanzlerin führt. Schließlich ist sie beim Thema Corona von Anfang an vorsichtiger als andere.

Je mehr Krise, desto mehr Kanzlerin.

Weil Merkel wohl ahnte, dass die Probleme mit dem Virus mit einiger Wahrscheinlichkeit zurückkommen und ihre Macht dann wieder zunimmt, konnte sie im Frühjahr loslassen und die Ministerpräsidenten machen lassen. Ein angenehmer Nebeneffekt für Merkel aus heutiger Sicht: Die Regierungschefs der Länder mussten sich in den vergangenen Monaten bewähren. Und wie das so ist, gelang es der einen besser als dem anderen.

Weil die Zahl der nachweisbar Infizierten zuletzt deutlich gestiegen ist, Herbst und Winter aber bekanntlich erst noch bevorstehen, sind fast alle Ministerpräsidenten vorsichtiger geworden. Allzu viel selbstgefällige Töne waren in den vergangenen Tagen aus den Landeshauptstädten nicht mehr zu vernehmen. Häufig dagegen die Forderung nach einem einheitlicheren Vorgehen. Was automatisch die Rolle des Bundes und damit der Kanzlerin stärkt.

Die Regeln werden an einigen Stellen verschärft

Und so lautet das Zeichen, das von dem Treffen am Donnerstag ausgeht: Jene Corona-Zeit, die sich fast schon wieder normal anfühlte, ist erst einmal vorbei. Es gibt keine weiteren Lockerungen, deshalb bleiben etwa Großveranstaltungen bis mindestens zum Jahresende verboten.

An der einen oder anderen Stelle werden die Regeln sogar verschärft. So soll stärker als bislang kontrolliert werden, dass Reiserückkehrer aus Risikogebieten ihrer Pflicht zur Quarantäne nachkommen. Auch soll es keine Entschädigung mehr geben, wenn Arbeitnehmern durch Quarantäne Einkommen entgeht. Das dürfte die Reiselust mindern. Darüber hinaus sollen Maskenverweigerer außer in Sachsen-Anhalt überall ein Bußgeld von mindestens 50 Euro zahlen.

Merkel hätte sich noch strengere Vorschriften gewünscht, konnte sich aber nicht mit allen Wünschen durchsetzen. Die lockerungsskeptische Kanzlerin ist in der Corona-Krise damit noch nicht wieder so mächtig wie im März. Aber die lockerungsfreudigen Ministerpräsidenten sind zugleich längst nicht mehr so einflussreich wie noch im Frühsommer.

Weil davon auszugehen ist, dass sich die Corona-Lage im Herbst und Winter eher verschärfen als bessern wird, dürfte das Pendel der Macht weiter in Richtung Merkel zurückschlagen. Die Ministerpräsidenten können sich wieder mit Lockerungen überbieten, wenn es wirksamere Medikamente gegen Corona gibt – oder gleich Impfstoffe.

Läuft es gut, könnten die im Frühjahr auf dem Markt sein. Bis zur Bundestagswahl und dem Ende von Merkels Amtszeit ist es dann wahrscheinlich nur noch rund ein halbes Jahr.

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