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Corona-Hotspot: In Hildburghausen kursieren schon neue Protestaufrufe


In Hildburghausen kursieren schon neue Protestaufrufe

  • Lars Wienand
Von Lars Wienand

Aktualisiert am 27.11.2020Lesedauer: 4 Min.
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Hildburghausen: Ein Polizeifahrzeug steht im Stadtzentrum auf der Straße. Im deutschlandweit am stärksten von der Corona-Pandemie betroffenen Landkreis Hildburghausen in Thüringen hat sich das Infektionsgeschehen noch einmal verschärft. Zugleich kursieren Pläne für eine neue Kundgebung.Vergrößern des Bildes
Hildburghausen: Ein Polizeifahrzeug steht im Stadtzentrum auf der Straße. Im deutschlandweit am stärksten von der Corona-Pandemie betroffenen Landkreis Hildburghausen in Thüringen hat sich das Infektionsgeschehen noch einmal verschärft. Zugleich kursieren Pläne für eine neue Kundgebung. (Quelle: dpa-bilder)

Der Umzug durch die Corona-Hochburg Hildburghausen hat Empörung ausgelöst. Ein Protestaufruf bei Facebook bringt nun einem jungen Vater Probleme. Andere planen bereits neue Aktionen.

"Ich warte jetzt darauf, dass die Polizei vor der Tür steht": Sandro Sabel (Name geändert) hat am Montagabend um kurz nach 20 Uhr ein Foto geteilt, das ihm nun Ärger bereitet. Es bringt ihn in Verbindung mit der Demo, die Deutschland fassungslos macht: Es war der Aufruf, am Mittwoch um 19 Uhr auf den Marktplatz von Hildburghausen zu kommen. 400 Menschen zogen dann "Oh wie ist das schön"-singend durch die Kleinstadt in Thüringen, in der das Coronavirus grassiert wie in keiner anderen Ecke Deutschlands. Nach seinem Facebook-Posting, so sieht es aus, zog der Aufruf Kreise. Doch das ist nur ein Teil der Geschichte, und es gibt bereits neue Pläne.

Sabel ist nach seiner Schilderung kein begeisterter Social Media-Nutzer. Bei ihm spielt sich viel auf WhatsApp ab. Da habe er auch das Bild mit Aufruf gesehen. "Ich dachte, das ist etwas, wo es auch Informationen geben könnte, etwas Angemeldetes", sagt Sabel zu t-online. Datum und Ort standen da, und "Du trägst die Verantwortung für die Zukunft deiner Kinder!" Dazu "Müller – unternimm was!" Thomas Müller von der CDU ist Landrat. Inzwischen hat er sogar eine Morddrohung erhalten.

Eltern sind verunsichert

Im Landkreis Hildburghausen mussten wegen der bundesweit höchsten Inzidenz Kitas und Schulen schließen, und es ist eine Studie geplant. Kinder können freiwillig mit unangenehmen Nasenabstrichen getestet werden, zugleich Voraussetzung, um vorzeitig wieder Schule oder Kita zu besuchen. Viele Eltern haben Fragen. "Man fühlt sich nicht gut informiert", sagt Sabel, selbst Vater.

In dieser Gemütslage habe er um 20 Uhr das Bild auf WhatsApp gesehen und in eine Gruppe geteilt. "Ich dachte gar nicht so weit, dass das was Illegales sein könnte." Es sei ein großer Fehler gewesen. "Mir war nicht bewusst, was dabei herauskommt und dass da nicht nur besorgte Eltern kommen." Jetzt geistern Screenshots durchs Netz, die sein Posting mit seinem Namen und seinem Profilfoto zeigen, auf dem er mitsamt Kind zu sehen ist.

Gepostet hatte er es in eine Facebook-Gruppe, die erst drei Tage vorher gegründet worden war. Gründer war ein Nutzer, der dem Umfeld des Neonazis Thommy Frenck zuzurechnen ist. Frenck ist ein früherer NPD-Politiker, der in seiner Gaststätte schon "Führer-Schnitzel" für 8,88 Euro angeboten hat und Mitglied im Kreistag ist. Unter weiteren Administratoren gibt es den Profilen zufolge ebenfalls Sympathien. In Frencks eigenem Kanal gab es laufend Eindrücke der Demo, er zeigte sich begeistert.

Gruppe als Gegengewicht neu gegründet

Die neue Community hatte offenbar auch eine Art Gegengewicht bilden sollen: Es gibt bereits eine große Gruppe zu Hildburghausen, aber dort dringen Stimmungsmache gegen Corona-Maßnahmen und Zweifel an der Gefahr kaum durch. Sabel sagt, er sei für offene Diskussion. Aber: "In dieser neuen Gruppe sind jetzt nach meinem Eindruck 80 Prozent Idioten." Die Erkenntnis ließ etwas auf sich warten, er ist inzwischen ausgetreten. Mit einem der Administratoren ist er auf Facebook befreundet. Dieser Bekannte habe ihn hinzugefügt.

Nach wenigen Minuten war Sabels Posting auch von mehreren Mitgliedern des Administratorenteams bereits selbst geteilt worden. Insgesamt Dutzende Male wurde es aus der Gruppe weiterverbreitet. Zudem kamen vom Administratorenteam am Mittwoch selbst Bilder von dem "Spaziergang". Der Gruppen-Gründer erklärte am Donnerstag, dass "unsere Gruppe nichts mit dem Treiben in der Stadt zu tun hatte". Da machten schon die Screenshots die Runde.

Facebook ist sehr sichtbar. "Auf WhatsApp und Instagram hat es sich aber doch auch entsprechend verbreitet", sagt Sabel. "Die Leute waren da doch nicht nur wegen meines Facebook-Posts in der Gruppe, aber ich stehe jetzt am Pranger." Er war auch am Marktplatz, "aber nur aus Neugierde. Ich habe gesehen, dass es da keine Infos gibt, und bin da nicht mitgegangen." Sondern heim, die Bayern in der Champions League schauen.

Nach der Aufregung um die Demo und nachdem Screenshots seines Postings verbreitet werden, ist Sabel auf die Suche gegangen: "Ich habe die Mutter gefragt, von der er dort das Bild genommen hatte, aber die hat auch gesagt, es von jemand anderem zu haben." Er wolle bei der Aufklärung helfen. "Ich appelliere, dass derjenige sich meldet, der das Bild gemacht hat. Wird er aber wohl jetzt nicht."

"Eltern stehen auf" dachte an Anmeldung

Die Spur führt wenig überraschend zu Telegram, wo "Querdenker" und "Coronarebellen" fast ohne Widerspruch alles verbreiten können. In einer Thüringen-Gruppe von "Eltern stehen auf" ist das Bild bereits am Montag früher aufgetaucht. "Es REICHT" schrieb ein Nutzer dazu. Es ist möglich, dass das Bild vorher bereits in anderen Telegram-Gruppen unterwegs war.

Geplant war offenbar auch von "Eltern stehen auf", tatsächlich eine Demonstration anzumelden. Das wurde aber offenbar bereits am Dienstag fallen gelassen, als es Streit mit der Ordnungsbehörde gab.

Der Aufruf war in der Welt – und in der Gruppe schrieben Mitglieder munter von ihren Plänen für "Besorgungen" oder "Spaziergänge" am Mittwochabend in Hildburghausen. Dort blieb eine Frage unbeantwortet, ob "Eltern stehen auf" verantwortlich ist oder nicht.

Inzwischen kursiert neuer Aufruf

Am Freitagmorgen ist dort ein weiteres Bild geteilt worden, das einem Aufruf gleich kommt. Der Beitrag kommt wieder vom gleichen Nutzer. Es geht um eine provozierende "Stadtwette" mit dem Landrat: Er schaffe es nicht, 100 Polizisten in ihren Uniformen auf dem Marktplatz zu versammeln, heißt es dort. Angegeben sind Tag und Uhrzeit, die t-online hier nicht wiedergibt. Das wird inzwischen auch auf WhatsApp verbreitet. "Ich habe es auch bekommen", so Sabel. "So hat es da auch angefangen. Aber diesmal teile ich es nicht."

Ob es durch den neuen Aufruf zu einer neuen Kundgebung in dem Corona-Hotspot kommt, ist unklar. Am Donnerstag war die Polizei zu einem Einsatz an der regionalen Corona-Teststation ausgerückt, weil es laut Polizei einen Aufruf für eine Blockade der Abstrichstelle gegeben hatte. Es war falscher Alarm.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
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