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Corona-Flyer von Schiffmann, Homburg & Co.: Zurückschicken bringt nichts


Millionen neue Flugblätter
Flyer mit Corona-Desinformation: Zurück an den Absender?

  • Lars Wienand
Von Lars Wienand

Aktualisiert am 12.12.2020Lesedauer: 4 Min.
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"Keine Werbung". Diese Aufkleber am Briefkasten halten viele "Querdenker"-Zusteller davon ab, Flugblätter mit Corona-Stimmungsmache einzuwerfen. Fast 5 Millionen Exemplare mit weihnachtlich angehauchtem Motiv sollen aktuell verteilt werden.Vergrößern des Bildes
"Keine Werbung". Diese Aufkleber am Briefkasten halten viele "Querdenker"-Zusteller davon ab, Flugblätter mit Corona-Stimmungsmache einzuwerfen. Fast 5 Millionen Exemplare mit weihnachtlich angehauchtem Motiv sollen aktuell verteilt werden. (Quelle: imago-images-bilder)

Im Advent gehen Pandemieleugner in die Offensive: Fast fünf Millionen weihnachtlich angehauchte Flyer wollen sie in deutsche Briefkästen werfen. Kann man sie an die Absender zurückschicken?

Deutschlandweit werden derzeit neue Flugblätter gegen die Corona-Politik an Ortsgruppen ausgeliefert. Das Thema Weihnachten wird genutzt, um erneut gegen Masken und Lockdown-Regelungen Stimmung zu machen. Es gibt zwei Varianten, die nach Angaben der Initiatoren zusammen eine Auflage von 4,6 Millionen Stück erreichen.

Ende September war ein Netzwerk mit Tausenden "Querdenkern" und "Coronarebellen" als Verteiler aufgebaut worden, wie t-online öffentlich gemacht hatte. Inzwischen sind diverse Motive mit zum Teil falschen und irreführenden Inhalten verteilt worden und der Unmut wächst: Ein Großteil der Empfänger dürfte die Flugblätter einfach wegwerfen. Auf Twitter kündigen Nutzer aber auch an, sie mit Vermerk "Porto zahlt Empfänger" an die Hinterleute zu senden, damit die noch einmal zahlen müssen.

Das ist aber keine erfolgversprechende Idee, wenn man bei der Deutschen Post nachfragt: "Der Empfänger muss Sendungen mit Nachentgelt nicht annehmen", so ein Sprecher zu t-online. In der Regel hat die Post dann den Aufwand und die Kosten. Denn zum Empfänger gebracht werden müssen auch diese Sendungen. Werden sie dort zurückgewiesen, landen sie in der Briefermittlungsstelle Marburg, wo versucht wird, den Absender ausfindig zu machen: Der muss dann zahlen. Lässt sich kein Absender ermitteln, vernichtet die Post die Sendung.

Mit einem "Keine Werbung"-Aufkleber landet die Corona-Propaganda offenbar aber meist erst gar nicht im Briefkasten. In einer Verteiler-Gruppe gibt es einen entsprechenden Warnhinweis.

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Schiffmann bekommt Flyer zurück

In der Praxis von HNO-Arzt Bodo Schiffmann in Sinsheim gehen täglich diverse Sendungen mit der Aufschrift "Porto zahlt Empfänger" ein, bestätigte eine Mitarbeiterin t-online. Man verweigere dann die Annahme, der Zusteller nimmt die Briefe wieder mit. Bodo Schiffmann hat im September in wenigen Tagen über Telegram das Heer von freiwilligen Zustellern aufgebaut, deutschlandweit und auch in Österreich entstanden fast 550 Gruppen.

Auf den ersten Flyern war er mit seiner Praxisadresse auch im Impressum angegeben. Inzwischen hat er die Koordination an den Mönchengladbacher Unternehmer Ralf Heesen abgegeben, der mit einem Verein in Gründung auch in der ersten Version der aktuellen Flyer auftaucht.

Über diese Flyer empörten sich Caritas und Evangelische Kirche in Deutschland: Es sei "schamlos", wie darin Zitate von Caritas-Präsident Peter Neher und dem EKD-Ratsvorsitzenden Heinrich Bedford-Strohm aus dem Zusammenhang gerissen worden seien. Neher erklärte: Nicht die Corona-Maßnahmen, sondern "ein Virus, das weltweit bereits über einer Million Menschen das Leben gekostet hat, vermiest uns Weihnachten (und so vieles mehr)".

Verein von Bhakdi und Homburg verantwortlich

Die Zitate werden in dem optisch ähnlich aufgemachten neuen Flyer nicht mehr genutzt. Für die zweite Version zeichnet der Verein "Mediziner und Wissenschaftler für Gesundheit, Freiheit und Demokratie, e.V." verantwortlich, als dessen Gründungsmitglied Schiffmann noch am 5. Oktober auf der Internetseite angegeben wurde. Nach Äußerungen zu einem Militärputsch Mitte Oktober verschwand sein Name kurz darauf von der Homepage und Sprecher Stefan Homburg erklärte, Schiffmann gehöre dem Verein nicht an*. Der Volkswirtschafts-Professor Homburg und Prof. Sucharit Bhakdi sind die Gesichter auf dem neuen Flugblatt. Die Flyer des Vereins, der im Oktober die Gemeinnützigkeit verloren hat, werden den Ortsgruppen kostenlos überlassen.

In der Vergangenheit hatten Gruppen auch mit den Druckdateien die Flugblätter selbst in Auftrag geben können. In diesem Fall sei der Nachdruck nicht erwünscht, "weil die Texte rasch veralten", wie Homburg erklärte. Nutzer auf Twitter warfen den Machern prompt vor, in einem Schaubild mit einer Kurve zu arbeiten, die Mitte Mai endet. Behauptet wird in dem Flyer, Wirkung von Lockdown und Maskenzwang seien höchst fraglich. Homburg hatte in der Vergangenheit von "Sklavenmasken, mit denen die Bevölkerung psychisch niedergehalten werden soll" gesprochen.

Auf Kritik an der Flyerverteilung reagierte er scharf. "Damals Bücher- und heute Flyerverbrennung?", antwortete er Nutzern, die ankündigten, die "Desinformation" umgehend ins Altpapier zu werfen. Homburg hat schon wiederholt Vergleiche zum Dritten Reich gezogen, die Hochschule Hannover hat das bereits im Mai "unerträglich" genannt und sich von ihm distanziert.

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In mancher der lokalen Verteilergruppen ist die anfängliche Begeisterung für das Verteilen vermeintlicher "Aufklärung" verflogen und es gibt Klagen über zu wenig Aktive. Die Hauptgruppe der potenziellen Verteiler verzeichnet Austritte und ist von über 32.000 auf knapp über 30.000 geschrumpft. Vielleicht auch deshalb warb der Arzt Bodo Schiffmann am 3. Dezember: "Die Freiheitsboten brauchen neue fleißige Austräger, bitte meldet Euch an."

Anmeldungen zum Entsorgen der Flyer?

Das führt allerdings auch dazu, dass sich in den Gruppen Nutzer anmelden, die die Flugblätter nur zum Wegwerfen haben wollen. Manche neue Ortsgruppen bestehen auch nur aus ein oder zwei Personen. Auch unter "Querdenkern" wird als Problem bereits diskutiert, dass Flugblätter direkt bei den Falschen und auf dem Altpapier landen könnten. Dabei sind dort offenbar die nächsten Briefkastenattacken schon in der Planung: Dann soll gegen Impfen Stimmung gemacht werden.

*12. Dezember: In einer früheren Fassung hatten wir berichtet, Homburg habe erklärt, Schiffmann sei nicht mehr Mitglied des Vereins. Der Verein wies nach Erscheinen des Textes darauf hin, dass Homburg wörtlich erklärt hatte, Schiffmann sei nicht Mitglied. Homburg hatte zuvor zu Kritik an Schiffmann mehrfach erklärt, Vereinsmitglieder seien freie Menschen. Der Verein teilte auch mit, Schiffmann sei nicht Gründungsmitglied gewesen. Das widerspricht den inzwischen entfernten Angaben auf der Internetseite.

Verwendete Quellen
  • Tweet Stefan Homburg
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