Corona-Lage in Deutschland Spahn gesteht Impfprobleme – RKI-Chef warnt eindringlich
Kein Impfstoff, stattdessen Zoff mit den Herstellern: Gesundheitsminister Jens Spahn zeigt Verständnis für den Frust vieler Bürger. Zugleich ist RKI-Chef Lothar Wieler besorgt.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn setzt auf weitere Fortschritte bei den schleppend angelaufenen Corona-Impfungen in Deutschland. "Der Start der Impfkampagne war schwierig", sagte der CDU-Politiker am Freitag in Berlin. Es habe weniger Impfstoff gegeben als aus EU-Bestellungen erwartet, Termin-Hotlines seien teils schwer erreichbar gewesen. Alle Bundesländer machten bei Impfungen zunächst besonders verwundbarer Corona-Risikogruppen aber Fortschritte.
Er könne Ungeduld verstehen, es stünden jedoch noch einige harte Wochen der Impfstoffknappheit bevor. Für das Vertrauen der Bürger sei es wichtig, dass Bund und Länder an einem Strang ziehen, sagte Spahn mit Blick auf den Impfgipfel bei Kanzlerin Angela Merkel (CDU) an diesem Montag. Dabei gehe es allerdings auch um eine realistische Einschätzung, was kurzfristig an Nachsteuerungen möglich sei.
Spahn zufrieden mit Impffortschritt in Heimen
Spahn begrüßte die anstehende Zulassung des Präparats von Astrazeneca als dann dritter Impfstoff in der EU. Er sei einfacher in der Handhabung. Im zweiten Quartal könnten voraussichtlich zwei weitere Stoffe zugelassen werden. Das Ziel bleibe, im Sommer allen Bürgern in Deutschland ein Impfangebot machen zu können.
Inzwischen wurden laut Spahn mehr als 3,5 Millionen Impfdosen an die Bundesländer gesandt – davon wurden 2,2 Millionen verwendet. Beim Ziel, allen Pflegeheimbewohnern bis Mitte Februar ein Angebot zu machen, sei man auf gutem Weg. Bisher seien 560.000 Bewohner geimpft. Bei insgesamt 800.000 Heimbewohnern sei davon auszugehen, dass etwa 80 oder 90 Prozent das Impfangebot annehmen, so dass wohl eine Größenordnung von 650.000 zu Impfenden zu erreichen sei.
Wieler: Immer mehr Ausbrüche von Corona-Mutationen
Der Präsident des Robert Koch-Instituts, Lothar Wieler, hat unterdessen eindringlich vor zu frühen Lockerungen der staatlichen Corona-Beschränkungen gewarnt. "Wir sind auf einem guten Weg, und wir müssen diesen Weg weiter konsequent bestreiten", sagte er. Die Zahl der binnen sieben Tagen an die Gesundheitsämter gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner habe am Donnerstag in Deutschland erstmals seit Ende Oktober unter 100 gelegen. Aber sie sei nur in den am stärksten betroffenen Ländern Thüringen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Sachsen gesunken. In den anderen zwölf Ländern sei die Inzidenz nahezu gleich geblieben – in manchen Landkreisen sogar gestiegen.
Besorgt zeigte sich Wieler wegen der neuen, wohl ansteckenderen Corona-Varianten. "Es werden immer mehr Fälle und Ausbrüche der Varianten gemeldet", sagte Wieler. Ob sie gefährlicher sind und ob bereits mit Corona infizierte Menschen immun gegen die neuen Varianten seien, sei noch unbekannt und werde international erst erforscht. Wieler warnte, eine weitere Verbreitung der Varianten würde die Infektionslage in kurzer Zeit wohl deutlich verschlimmern.
"Fake News" über Impfstoffe: "Das ist alles Quatsch"
"Die Intensivstationen sind immer noch sehr belastet"", sagte Wieler. "Einen neuen starken Anstieg an Fallzahlen würden die Intensivstationen derzeit definitiv nicht verkraften." Derzeit gebe es rund 238.000 aktive Covid-19-Fälle. Um Fälle mit neuen Varianten zu entdecken, werde in den Laboren nun verstärkt nach ihnen gesucht.
Der Präsident des für die Zulassungen der Impfstoffe mitzuständigen Paul-Ehrlich-Instituts, Klaus Cichutek, warnte eindringlich davor, zirkulierende "Fake News" über angebliche schwere Nebenwirkungen der Präparate zu glauben. Zu Behauptungen, dass Impfstoffe Körperzellen genetisch modifizieren, sagte er: "Das ist alles Quatsch."
RKI-Chef Wieler warb bei den Menschen in Deutschland zudem eindringlich dafür, Schutzmasken zu tragen. Wenn man diese einmal vergesse, solle man sie das nächste Mal tragen. "Wenn Sie sich einmal nicht daran halten können, dann geben Sie nicht auf." Wieler warb zudem eindringlich dafür, angebotene Impfungen wahrzunehmen: "Wenn Sie eine Impfung angeboten bekommen: Bitte lassen Sie sich impfen."
- Nachrichtenagentur dpa