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Wolfgang Schäuble bei "Lanz": "Ich habe es abgelehnt, Merkel zu stürzen"


Schäuble bei Lanz
"Ich habe es abgelehnt, Merkel zu stürzen"


Aktualisiert am 15.12.2022Lesedauer: 3 Min.
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Angela Merkel und Wolfgang Schäuble: Der ehemalige Bundestagspräsident findet deutliche Worte für die Altkanzlerin.Vergrößern des Bildes
Angela Merkel und Wolfgang Schäuble (Archivbild): Der ehemalige Bundestagspräsident findet deutliche Worte für die Altkanzlerin. (Quelle: Florian Gaertner/photothek.net via www.imago-images.de)

Verdankt Angela Merkel ihre lange Regierungszeit auch Wolfgang Schäuble? Er habe es 2015 abgelehnt, sich an einem Putschversuch zu beteiligen, sagte er bei Lanz – und meint: Politik muss Zumutung sein.

"Es riecht nach Putsch", konstatierte das Magazin "Cicero" im November 2015. "Nur Schäuble kann den Putsch anführen." Nach dieser Lesart dürfte Schäuble Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise das Amt gerettet haben. Denn der ehemalige Bundesfinanz- und Innenminister stellte am Mittwochabend bei "Markus Lanz" klar: "Ich hab es zweimal abgelehnt, gegen Kanzler zu putschen, in deren Regierung ich Mitglied war."

1989 und dann erneut 2015 seien derartige Umsturzpläne an ihn herangetragen worden, sagte der einzige Gast in der letzten regulären Ausgabe der ZDF-Talkshow vor der langen Weihnachtspause. "2015, da waren auch welche bei mir", erinnerte sich Schäuble. "Ich hab gesagt: Ich mach das nicht. Wir stürzen nicht unseren eigenen Kanzler, sondern wir stützen unseren Kanzler."

"Lanz": Von Russland bis WM

Trotz aller Loyalität habe er aber, wenn nötig, deutlich Kritik an deutschen Alleingängen geübt, betonte Schäuble. So etwa bei der Energieabhängigkeit von Russland durch den Bau der Pipelines Nord Stream 1 und 2 gegen den Willen der europäischen Partner. Von Atomausstieg bis Mundzuhalten bei der Fußballweltmeisterschaft: Schäuble monierte einen deutschen Hang zu Alleingängen mit ungünstigem Ausgang. "In der moralischen Besserwisserei sind wir Weltspitze – ansonsten wird es offenbar schwieriger", sagte der Rekord-Parlamentarier.

Apropos "Putsch": Schäuble vermied es bei Lanz auffallend, den umstrittenen Begriff "Reichsbürger" in den Mund zu nehmen. Stattdessen sprach er lieber von "wirren Menschen" oder "verrückten Erscheinungen". Derartige Umsturzpläne müssten aber ernst genommen werden. Deshalb dürfe beispielsweise der Datenschutz es nicht verhindern, dass Verdächtige abgehört werden können. "Ein Staat, der die Sicherheit nicht gewährleisten kann, kann die Freiheit seiner Bürger nicht schützen", warnte der ehemalige Innenminister. Bereits zu Beginn der Sendung hatte er gemahnt: "Wenn du den Frieden willst, musst du dich auf den Krieg vorbereiten."

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Dass die Demokratie in einer tiefen Krise steckt, darin waren sich Schäuble und Lanz an ihrem Doppelschreibtisch im Hamburger Studio einig. "Heute bestimmt ein Elon Musk viel stärker die öffentliche Debatte als die klassischen Medien in vielen Bereichen. Wir haben keine gemeinsamen Informationen mehr", benannte Schäuble aus seiner Sicht eine Ursache. Die Wahrheit sei zudem gar nicht mehr entscheidend. Früher habe man sich als überführter Lügner geschämt. Heute sei das gar keine Schande mehr: "Es kommt nur noch auf die Aufmerksamkeit darauf an."

Politik als Zumutung

Soziale Netzwerke haben für größere Nähe gesorgt. Schäuble forderte hingegen eine wieder größere Distanz zwischen gewählten Volksvertretern und Bürgern. "Politik muss keine Angebote machen. Die Politik muss führen", sagte er im Gespräch mit Lanz. "Die Politik muss den Menschen sagen: So einfach ist das Leben nicht. Wir haben es toll. Uns geht es ja so gut wie keiner Generation in der Geschichte." So könne es jedoch nicht endlos weitergehen, Veränderungen müsse Rechnung getragen werden. "Das ist die Zumutung", sagte Schäuble, der Bürgern in diesem Winter geraten hatte, einen zweiten Pullover anzuziehen, wenn sie frieren.

"Wir sind nicht Schnäppchenjäger in der Politik. Die Demokratie ist nur so stark, wie sehr sich die Staatsbürger für die Demokratie engagieren", bekräftigte Schäuble. Angesichts vieler junger Menschen ohne Schulabschluss forderte er, weniger den Staat und stärker Eltern und die Jugendlichen selbst in die Verantwortung zu nehmen: "Nicht nur fördern, auch fordern und erziehen."

Wie lange er dem deutschen Parlament erhalten bleibt, ließ der 80-Jährige offen und wurde von Lanz auch nicht danach gefragt. Für ihn sei sein Beruf Berufung gewesen und habe ihn erfüllt, sagte Schäuble, der seit einem Attentat im Rollstuhl sitzt. Deshalb sei es für ihn auch keine Zumutung gewesen, sich wie ein Hochleistungssportler für seinen Job zu quälen: "Mir hat Politik viel Freude gemacht, deshalb bin ich für die 50 Jahre dankbar."

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