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Robert Habeck: Aggressive Menge wollte Fähre in Schlüttsiel stürmen


Polizei ermittelt
Aggressive Menge will Habeck-Fähre stürmen


Aktualisiert am 05.01.2024Lesedauer: 4 Min.
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Habeck auf Fähre: Aufnahmen zeigen die aufgeheizte Stimmung der Bauern. (Quelle: t-online)

Hunderte Menschen haben Wirtschaftsminister Robert Habeck an einem Fähranleger in Schleswig-Holstein bedrängt. Zu der Aktion hatten sich unter anderem zahlreiche Bauern verabredet.

Eine aufgebrachte Menge hat Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) in Schleswig-Holstein am Verlassen einer Fähre gehindert. Sie blockierten den Anleger in Schlüttsiel, wie die Polizei bestätigte. Die Polizei spricht von 250 bis 300 Personen, die am Fähranleger auf Habeck warteten. 25 bis 30 Personen wollten das Schiff stürmen. Die Polizei konnte die Demonstranten zurückhalten, "teilweise unter Einsatz von Pfefferspray", heißt es in einer Mitteilung.

Habeck musste laut Polizei deshalb wieder auf die Hallig Hooge zurückkehren. Bereits am Nachmittag wurden der Polizei etwa 80 landwirtschaftliche Fahrzeuge gemeldet, die sich auf den Weg zum Fähranleger gemacht haben. Deshalb war die Polizei bereits präsent, als Habeck anlegen wollte.

Im Video hier oder oben können sie die aufgeheizte Stimmung der Bauern gegen Robert Habeck sehen.

Ermittlungen wegen Landfriedensbruch aufgenommen

"Nach Ablegen der Fähre beruhigte sich die Lage und die Versammlung löste sich gegen 19 Uhr auf", schreibt die Polizei. Die anschließende Heimreise Habecks sei ohne weitere Vorkommnisse verlaufen. "Wir haben Ermittlungen wegen Landfriedensbruch aufgenommen", sagt ein Sprecher der Polizei t-online. Gegen wie viele Personen die Polizei ermittle, stehe noch nicht fest.

Zudem hat die Staatsanwaltschaft Flensburg ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Nötigung eingeleitet. Wie ein Behördensprecher dem "Spiegel" bestätigte, seien Habeck sowie weitere, unbeteiligte Passagiere daran gehindert worden, mit ihren Fahrzeugen die Autofähre zu verlassen. Dies könne den Straftatbestand der Nötigung erfüllen. Darüber hinaus werde geprüft, ob weitere Straftaten wie Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Landfriedensbruch vorliegen. Derzeit werde gegen unbekannt ermittelt.

Die Landwirte hätten Gerüchte von einem angeblichen Bürgerdialog gehört, sagte ein Bauer dem "Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag". Anschließend hätten sie sich innerhalb weniger Stunden organisiert und seien mit ihren Traktoren zum kleinen Ort Schlüttsiel gefahren.

Protest von langer Hand geplant?

In der Telegramgruppe "Freie Schleswig-Holsteiner Diskussion" hatte es am Nachmittag einen Aufruf gegeben: "Robert Habeck lädt heute zum Bürgerdialog um 16.45 Uhr im Fährhafen Schlüttsiel ein! Er wünscht sich unendlich viel Interesse. Tun wir ihm den Gefallen und kommen mit allem, was Räder hat." In WhatsApp-Gruppen soll es nach t-online-Informationen entsprechende Aufrufe schon gegen 14.30 Uhr gegeben haben. Und bei Google zeigte der Suchverlauf nach dem Schlüsselwort Schlüttsiel bereits in der Nacht zum Donnerstag ein leicht erhöhtes Aufkommen an.

Ein Bürgerdialog war aber gar nicht geplant, der Vizekanzler befindet sich offiziell im Urlaub. Nach t-online-Informationen war Habeck für einen privaten Termin auf der Hallig Hooge.

Gesprächsangebot wurde abgelehnt

Eine Sprecherin des Vizekanzlers sagte t-online: "Der Minister war sehr gerne bereit, mit den Landwirten zu sprechen. Er kennt und versteht ihre Sorgen." Deshalb habe er mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) schließlich "eine Lösung gefunden, um den Landwirtinnen und Landwirten entgegenzukommen und einen Teil der Subventionskürzungen zurückzunehmen".

Zu einem Gespräch kam es in Schlüttsiel allerdings nicht. "Leider ließ die Sicherheitslage ein Gespräch mit allen Landwirten nicht zu", sagte die Sprecherin weiter. "Das Gesprächsangebot von Robert Habeck, mit einzelnen Landwirten zu sprechen, wurde leider seitens der Demonstranten nicht angenommen."

Laut "SHZ" hätten drei Vertreter der Bauern auf die Fähre kommen sollen, was diese jedoch ablehnten. Sie sollen Feuerwerkskörper eingesetzt haben, die Polizei Pfefferspray. Die Stimmung soll aufgeheizt gewesen sein.

Nachdem aus Sicherheitsgründen abgelehnt worden sei, dass Habeck zu den Bauern kommt, hätten mehrere Dutzend Demonstranten versucht, das Schiff zu stürmen und zu Habeck zu gelangen. Die Polizei habe eingreifen müssen, erst danach habe die Fähre wieder ablegen können. Nach Daten der Schiffstracking-Website marinetraffic.com hatte die Fähre um 17.09 Uhr in Schlüttsiel an- und um 17.53 Uhr wieder abgelegt.

Nachdem sich der Tumult am Fährhafen aufgelöst hatte, legte die Fähre laut "Bild" um 1.50 Uhr wieder an. Habeck konnte das Festland schließlich betreten und fuhr mit einem dort wartenden Auto davon. Sowohl der Bauernverband, als auch viele Politiker verurteilten die Aktion zum Teil scharf. Lesen Sie hier mehr zu den Reaktionen.

Kürzungen im Haushalt als Anlass

Anlass des Protests war wohl auch ein Maßnahmenpaket der Bundesregierung. Scholz, Habeck und Lindner hatten sich Mitte Dezember darauf verständigt, um nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts Milliardenlöcher im Haushalt zu stopfen. Dazu gehörte auch, dass Steuervorteile auf Agrardiesel und die Kfz-Steuerbefreiung für Landwirte gestrichen werden sollten.

Die Pläne hatten massive Proteste ausgelöst und waren auch innerhalb der Koalition aus SPD, Grünen und FDP umstritten. Bauernpräsident Joachim Rukwied hatte die Kürzungspläne als unzumutbar bezeichnet, die Ampel solle sie komplett zurücknehmen.

Videotranskript lesenEin- oder Ausklappen

Wütende Bauern haben Vizekanzler Robert Habeck in Schleswig-Holstein am Verlassen einer Fähre gehindert.

Sie sollen Feuerwerkskörper eingesetzt haben. Aufnahmen zeigen die aufgeheizte Stimmung.
Die Landwirte blockierten den Anleger in Schlüttsiel, einige wollten laut Berichten das Schiff stürmen.
Bauern berichteten, es habe im Nachrichtendienst Telegram die Information gegeben, Habeck lade zu einem Bürgerdialog ein. Schnell hätten sich die Landwirte zusammengetan. Geplant war das seits Habeck nicht. Ein Angebot, mit einzelnen Bauern zu sprechen, lehnten diese ab. Aus Sicherheitsgründen konnte kein genereller Bürgerdialog stattfinden
Habeck fuhr mit der Fähre wieder ab, konnte erst gegen 1.50 Uhr nachts anlegen und die Fähre schließlich verlassen.

Am Donnerstag reagierte die Bundesregierung auf die massiven Proteste. Sie will auf die Abschaffung der Kfz-Steuerbefreiung für die Landwirtschaft verzichten. Die Abschaffung der Steuerbegünstigung beim Agrardiesel soll gestreckt und in mehreren Schritten vollzogen werden. Der Deutsche Bauernverband hält die Maßnahmen aber nach wie vor für unzureichend. Er hat ab Montag eine Aktionswoche angekündigt.

Verwendete Quellen
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