"Vollständig untolerierbar" Fraktionschef in Hamburg verlässt AfD wegen Rechtsruck

Ein führender AfD-Politiker in Hamburg verlässt die Partei. Seinen Austritt begründet Fraktionschef Jörn Kruse mit dem Rechtsruck der AfD. Die Hamburger Fraktion weist den Vorwurf zurück.
Im Streit um die Ausrichtung der Partei verliert die Hamburger AfD einen ihrer führenden Köpfe. Jörn Kruse, einer der zwei Fraktionschefs der Partei in der Hamburger Bürgerschaft, stellt sein Amt zum 1. Oktober zur Verfügung und hat seinen Austritt aus der AfD zum 1. November erklärt. Das teilte die Partei mit. Kruse will künftig als fraktionsloser Abgeordneter in der Bürgerschaft sitzen.
In einer E-Mail an die Fraktionsmitglieder schreibt Kruse: "Die zunehmende Zusammenarbeit von Teilen der AfD, insbesondere in den ostdeutschen Bundesländern, mit Rechten und Rechtsradikalen ist für mich vollständig untolerierbar. Irgendwann ist auch der längste Geduldsfaden zu Ende."
Fraktion weist Rechtsruck-Vorwurf zurück
Kruse hatte seine Partei zuletzt vehement und wiederholt wegen eines Rechtsrucks kritisiert. Hamburgs AfD-Landeschef Dirk Nockemann und Ko-Fraktionschef Alexander Wolf wiesen dies in einer Reaktion auf den Rücktritt zurück. "Wir bedauern die Entscheidung, aber wir teilen seine Aussagen über einen angeblichen 'Rechtsruck' der AfD in keiner Weise."
AfD-Parteichef Jörg Meuthen sagte, Kruses Rückzug sei "menschlich bedauerlich, aber folgerichtig". Er erklärte auf Anfrage: "Jörn Kruses Sicht auf die Partei befand sich schon seit längerem fernab der Realität." Seine "kruden Beschimpfungen" von Parteimitgliedern, die vor allem auf Unkenntnis der tatsächlichen Abläufe beruht hätten, "hatten zuletzt einen unmittelbar parteischädigenden Charakter angenommen". Er sei in der AfD zunehmend isoliert gewesen.
Die AfD ist seit der Bürgerschaftswahl 2015 im Landesparlament der Hansestadt vertreten. Damals erreichte sie 6,1 Prozent. Anfangs hatte sie acht Abgeordnete, verlor aber bereits 2016 einen Sitz durch den Fraktionsaustritt eines anderen Abgeordneten.
- AFP, dpa