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Werteunion und Wagenknecht-Partei: Fatale Entwicklungen für die Demokratie


Werteunion
Sind wir auf dem Weg nach Weimar?

MeinungVon Christoph Schwennicke

Aktualisiert am 04.01.2024Lesedauer: 3 Min.
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Hans Georg Maaßen: Funktionäre der Werteunion beklagten sich in einem Brief deutlich über seinen Stil als Vorsitzender.Vergrößern des Bildes
Hans Georg Maaßen: Geht er mit der Werteunion in die Bundestagswahl? (Quelle: Patrick Pleul /dpa)

"Ist alles so schön bunt hier", sang einst Nina Hagen. Was schon bei ihr nicht so fröhlich gemeint war, wie es klang, erweist sich in einem zersplitternden Parteiengefüge als fatal für die Demokratie.

Mit Pilzen und Parteien verhält es sich komplett gegensätzlich. Während die einen ihr sprichwörtlich massenhaftes Wachstum im Wald einstellen, sobald der erste Frost kommt, sprießen Parteien erst dann so richtig aus dem Boden der politischen Landschaft, wenn es kalt wird.

Für kommenden Montag hat Sahra Wagenknecht mit großem Bahnhof den Startschuss ihrer neuen Partei angekündigt. Heute vermeldet t-online: Auch die wertkonservative Werteunion möchte am 20. Januar satzungsseitig die Voraussetzungen schaffen, um von einem Verein zu einer Partei zu werden – und damit für die Bundestagswahl 2025 (oder gegebenenfalls früher) startklar zu sein.

Wagenknechts Links-Ableger und die politische Wärmestube für den prominenten CDU-Dissidenten Hans-Georg Maaßen sind dabei nicht die einzigen neuen Optionen, die sich in einem diverser werdenden Parteienspektrum abzeichnen. Auch eine islamische Partei nach dem Vorbild oder vielleicht als Ableger der türkischen Erdogan-Partei AKP könnte sich am Ende auf dem längsten Wahlzettel seit Jahrzehnten wiederfinden.

 
 
 
 
 
 
 

Ein Versuch, die neue Unübersichtlichkeit zu sortieren

Erst einmal fällt auf: Die rechte Seite des politischen Spektrums ist dabei, sich ebenso zu atomisieren, wie es die linke schon über die letzten Jahrzehnte getan hat. Paradoxerweise führt die Sehnsucht nach dem Konservativen zu einer Schwächung dieses Lagers. Denn rein rechnerisch gibt es längst eine deutliche Mehrheit der wahlberechtigten Bevölkerung, die sich ein bürgerlich-konservatives Regierungsbündnis statt Rot-Grün plus Gelb wünscht.

Allein: All diese konservativen Pilze, die da aus dem Boden schießen, machen numerisch zwar den Korb voller, aber verdünnen die Aussicht auf eine Regierung, die sich diese Klientel wünscht. Denn weder die Union noch die FDP werden zusammen mit der AfD irgendwas Koalitionäres machen auf Bundes- oder Landesebene. Vielmehr könnten die immer zahlreicher werdenden Alternativen rechts der CDU dazu führen, dass ihr da auch Wählerpotenzial abspenstig gemacht wird. Das gilt im Übrigen nicht nur für die Werteunion, sondern ebenso für die irgendwie auch (links)-konservative Partei Sahra Wagenknechts.

Zweitens: "Es ist alles so schön bunt hier!", hat zwar Nina Hagen mal fröhlich in ihrem Song "TV-Glotzer" gesungen, aber was schon da nicht so positiv gemeint war, wie es klang, ist beim neuen Vielerlei des Parteienspektrums noch fataler als in der Glotze: Wie soll bei einem solch kunterbunten Haufen trotz Fünfprozenthürde ein vernünftiges Regierungsbündnis herauskommen? Schon die schräg verschraubte Ampel kündete da von einer gewissen Verzweiflung der Demokraten. Selbst über größte Gräben hinweg wird da versucht, gemeinsame Politik zu machen. Was aktuell eher scheitert.

Die Ampel – schräg verschraubt

Das nur begrenzt schöne Bunte spiegelt darüber hinaus einen unseligen Prozess in der Gesellschaft wider: Dass größere Gemeinschaften in immer kleinere Gruppen und Grüppchen zerfallen und einer Identitätspolitik frönen, die dem Partikularinteresse nutzen mag, dem Gemeinwesen aber massiv schadet.

Man muss nicht gleich prophezeien, dass wir auf dem Weg in die 20er-Jahre und die Weimarer Zeit mit einem völlig versprengten Parteiengefüge sind. Aber die Stirn in Falten legen darf man schon ob dieser inneren Atomisierung. Und das angesichts eines nie dagewesenen Außendrucks, der stattdessen erforderte, dass wir uns bei allen pluralen Interessensdifferenzen grundsätzlich immer mehr unterhaken, statt immer mehr zu vereinzeln.

Verwendete Quellen
  • Eigene Überlegungen
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