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Wahl in Thüringen: Unbekannter unter Pseudonym greift in Wahlkampf ein


"Kannte ihn immer nur als Hanno"
Unbekannter greift unter Pseudonym in Wahlkampf ein


24.10.2019Lesedauer: 3 Min.
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"Hanno Vollenweider" im Interview mit dem staatlichen russischen Nachrichtensender "RT": Seine Identität und die Finanzierung der Wahlkampfbroschüre sind ungeklärt.Vergrößern des Bildes
"Hanno Vollenweider" im Interview mit dem staatlichen russischen Nachrichtensender "RT": Seine Identität und die Finanzierung der Wahlkampfbroschüre sind ungeklärt. (Quelle: Screenshots/Montage: t-online.de)

Hinter der dubiosen Wahlkampfzeitschrift in Thüringen steht ein Unbekannter, der auch politischen Verbündeten gegenüber seine wahre Identität verschleiert. Doch es ergeben sich weitere Ungereimtheiten.

Nachdem t-online.de über die dubiosen Hintergründe einer gratis in Thüringen verteilten Wahlkampfbroschüre berichtet hat, legen gemeinsame Recherchen mit dem ARD-Nachrichtenmagazin "Kontraste" kurz vor der Landtagswahl weitere Ungereimtheiten im Umfeld der Herausgeber offen. Demnach verlor der Zusammenschluss rechter Autoren, der sich selbst "Vereinigung der Freien Medien" nennt, im April dieses Jahres ein Konto aufgrund falscher oder unvollständiger Unterlagen.

Geld ging an Spender zurück

Laut Informationen von t-online.de und Kontraste wurde das Konto bei der PayCenter GmbH aufgelöst, bevor nennenswerte Transaktionen abgewickelt werden konnten. Grund für die Stornierung waren offenbar Zweifel an den Unterlagen, die der Verein zur Eröffnung des Kontos eingereicht hatte. Gelder angeblicher Spender wurden nicht an den Kontoinhaber ausgezahlt, sondern zurücküberwiesen. Sehr zum Ärger des Sprechers des Vereins, der anonym bleibt und nur unter dem Pseudonym "Hanno Vollenweider" auftritt.

"Der Schaden liegt bei mehreren Tausend Euro", räumte er kurz darauf in einem Blog-Beitrag ein. "Selbstverständlich haben wir sofort unseren Rechtsanwalt eingeschaltet, aber was bringt es? Das Geld ist erst mal weg und das trifft uns gerade jetzt richtig hart!" In der Darstellung "Vollenweiders" und der Vereinigung klingt es so, als sei die Kontoauflösung aus politischen Gründen erfolgt. Ursachen könnten allerdings vielmehr in den intransparenten Strukturen der Gruppe zu suchen sein, die nun angibt, 500.000 Exemplare ihrer Broschüre verteilt zu haben, in der sie für ein Bündnis aus AfD und CDU wirbt.

Mitstreiter kennen "Vollenweiders" Namen nicht

t-online.de hatte bereits berichtet, dass die Berliner Adresse der Vereinigung lediglich eine Briefkastenadresse ist. Auf dem Klingelschild firmiert der Zusammenschluss als "e.V.", also als eingetragener Verein – im Impressum der Broschüre hingegen lediglich als "Verein in Gründung". Bis heute ist der Verein aber nicht im Vereinsregister. Hinzu kommt, dass Broschürenherausgeber "Hanno Vollenweider" laut übereinstimmenden Angaben von mehreren Mitstreitern auch ihnen gegenüber unter dem Pseudonym auftritt – ohne darauf hinzuweisen, dass es sich nicht um seinen echten Namen handelt. Umstände, die bei der Transparenzinitiative "Lobbycontrol" die Alarmglocken schrillen lassen.

"Der Verein hinter der Zeitung ist nicht transparent und dann haben wir zusätzlich noch jemanden, der als Pseudonym agiert, das ist sozusagen das i-Tüpfelchen der Intransparenz", sagte Lobbycontrol-Sprecher Ulrich Müller "Kontraste" und t-online.de. "Vor allem können wir auch nicht erkennen, wer das Projekt wirklich finanziert." Denn über die Herkunft der Geldmittel für die Wahlkampfbroschüre schweigen bislang sowohl der anonyme Herausgeber "Vollenweider", als auch Mitherausgeberin Vera Lengsfeld.

Der Mann für die Finanzen

Ihr zufolge spielt der Mann unter Pseudonym eine zentrale Rolle bei der Finanzierung. Nur er könne Fragen dazu beantworten, sagte sie "Kontraste" und t-online.de. Das deckt sich mit einem Bericht des gemeinnützigen Recherchebüros "Correctiv", nach dem "Vollenweider" gegenüber Vereinsfreunden von Großspenden gesprochen habe, die bei ihm eingegangen seien. Demnach verwalte er die Finanzen des nicht eingetragenen Vereins über sein Privatkonto. Noch im April gab die Vereinigung auf ihrer Internetseite an, "Vollenweider" sei im Vorstand für die "Leitung des Tagesgeschäfts und Mitgliederbetreuung" zuständig.

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Stimmt nur ein Teil seiner angeblichen Biografie, dann ist nicht schwer vorstellbar, warum die Wahl dafür auf den Mann mit dem Pseudonym fiel. Er tritt als angeblicher "Whistleblower" aus dem Finanzsektor auf, der sich vor Verfolgung schützen müsse – und will bis heute als Anlageberater arbeiten. Unter dieser Legende veröffentlichte er 2016 ein Buch im Verlag des bekannten Verschwörungstheoretikers Jan Udo Holey, der lange Zeit unter dem Pseudonym "Jan van Helsing" operierte. Er wird im Verfassungsschutzbericht des Jahres 2004 aufgrund von Antisemitismus explizit als rechtsextremistischer Esoteriker erwähnt.

Aliens, Geheimbünde, Pyramiden

Gemeinsam betreiben "Vollenweider" und Holey eine Homepage als zentrales Publikationsorgan des Pseudonyms. Bei Gründung 2017 standen beide im Impressum, heute nur noch Holey. Dort und im Verlag steht "Vollenweiders" Buch unter anderem in einer Reihe mit Veröffentlichungen anderer Autoren zu angeblichen außerirdischen Basen auf der Erde, Geheimbundverschwörungen und okkulten Illuminati-Ritualen. Einige sind antisemitisch konnotiert, während andere sich vordergründig scharf gegen Antisemitismus aussprechen.


Inwiefern Angaben aus der angeblichen Biografie "Vollenweiders" zutreffen, lässt sich bislang nicht überprüfen. "Ich kannte ihn immer nur als Hanno" oder "Weiß ich nichts von", sagten Mitstreiter zu t-online.de und "Kontraste". Mitherausgeberin Lengsfeld machte widersprüchliche Angaben. Auch sie hat im Blog von "Vollenweider" und "van Helsing" bis heute ein Autorenprofil – angeblich unautorisiert. Im April 2018 veröffentlichte sie eine persönliche Erklärung: Sie sei keine Autorin auf Seiten von "Jan van Helsing". Der letzte ihr dort zugeschriebene Beitrag ist wenige Tage alt.

Das ARD-Politikmagazin Kontraste zeigt am heutigen Donnerstag, 24.10.2019, um 21.45 Uhr einen Beitrag über die dubiosen Hintergründe des "Wahlhelfers".

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