Debatte um Rundfunkgebühren Schäuble: "Nicht jeder ist ein Nazi, der diese Aussage bestätigt"
Wolfgang Schäuble hat sich für eine Debatte über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ausgesprochen. In einem Interview kritisiert der Bundestagspräsident auch die fehlende Abgrenzung der AfD von Rechtsextremen.
Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) befürwortet eine sachliche Debatte über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Die Bundesrepublik habe "schon schlimmere Auseinandersetzungen als die Gebührendebatte überstanden", sagte Schäuble der "Welt am Sonntag".
"Wenn die AfD sagt, zwei und zwei ist vier, dann ist nicht jeder ein Nazi, der diese Aussage bestätigt", fügte Schäuble mit Blick auf die Rundfunkdebatte in Sachsen-Anhalt hinzu, die letztlich mit einer Blockade der geplanten Beitragsanhebung endete. Im Landtag von Sachsen-Anhalt seien zunächst alle gegen Beitragserhöhungen gewesen. Die Beitragsstabilität sei auch im Koalitionsvertrag von Grünen, SPD und CDU in Magdeburg festgehalten worden.
"Debatte darf man führen"
Schäuble mahnte einen gelasseneren Umgang mit diesem Thema an. "Die kritische Debatte über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk darf man doch führen, wenn zum Beispiel die SPD-Ministerpräsidentin Manuela Schwesig sagt, dass der Osten dort nicht immer nur im Zusammenhang mit Neonazis vorkommen dürfe."
Der Streit um die Anhebung des Rundfunkbeitrags hatte das schwarz-rot-grüne Bündnis in Sachsen-Anhalt an den Rand eines Koalitionsbruchs gebracht. Für den Fall, dass die CDU im Landtag mit der AfD gegen den entsprechenden Staatsvertrag gestimmt hätte, drohten SPD und Grüne mit einem Ende des Kenia-Bündnisses. Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) zog die Regierungsvorlage zurück und verhinderte damit eine Landtagsabstimmung.
Allerdings kann damit auch die zum ersten Januar geplante Beitragsanhebung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk um 86 Cent nicht in Kraft treten. ARD, ZDF und Deutschlandradio rufen deshalb das Bundesverfassungsgericht an.
Schäuble verurteilt Nähe der AfD zu Rechtsextremen
Schäuble kritisiert außerdem im selben Interview die fehlende Abgrenzung der AfD von Corona-Leugnern und Rechtsextremen. Nach Auschwitz könne man in Deutschland nicht mehr rechtsextrem sein und solle auch keine Verbindung zu diesem Milieu haben, sagte Schäuble der "Welt am Sonntag". "Die AfD hat das offenbar noch nicht in allen ihren Gruppierungen begriffen." Zudem versuche sie, "auf Seiten der Corona-Leugner wirklich alles einzusammeln, was ihr mehr Rückhalt verschafft".
"Das ist für eine demokratische Partei, die Verantwortung übernehmen will, nicht vertretbar", sagte Schäuble weiter. Dass die AfD die Regierungspolitik mit Blick auf die Corona-Schutzmaßnahmen kritisiere, entspricht ihrem demokratischen Auftrag als Oppositionspartei. "Aus meiner Sicht schwächt die AfD allerdings ihre eigenen Argumente und ihre Überzeugungskraft, weil sie sich nicht überzeugend genug von radikalen Rändern abgrenzt", fügte der Bundestagspräsident hinzu.
Der Forderung der Partei nach einem Posten des Bundestags-Vizepräsidenten, um den sie sich seit drei Jahren bemüht, erteilte Schäuble eine Abfuhr: "Ich bin seit langem Mitglied des Bundestages und kann mich durchaus an Zeiten erinnern, in denen nicht jede Fraktion einen Vizepräsidenten stellte."
- Nachrichtenagenturen dpa und AFP