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Armin Laschet verzichtet auf Direktkandidatur – ein Novum in der CDU und riskant


Laschets heikles Manöver

  • Daniel Mützel
Von Daniel Mützel

Aktualisiert am 21.05.2021Lesedauer: 4 Min.
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CDU-Chef Armin Laschet: Er will auf eine Direktkandidatur verzichten – ein Novum in der CDU.Vergrößern des Bildes
CDU-Chef Armin Laschet: Er will auf eine Direktkandidatur verzichten – ein Novum in der CDU. (Quelle: Annegret Hilse/Reuters-bilder)

Der Unions-Kanzlerkandidat Laschet will nicht in einem Wahlkreis antreten, sondern über die Parteiliste in den Bundestag einziehen. Ein Novum in der CDU-Geschichte – riskant ist es obendrein.

Die Union steckt weiter im Stimmungstief, daran ändern auch die neuen, leicht besseren Werte des Allensbach-Instituts wenig. Impf-Debakel, Maskenaffäre und der Kampf um die Kanzlerkandidatur haben ihre Spuren hinterlassen. Die "Talking Points" der Union von Düsseldorf über München bis Magdeburg lauten derzeit: Umfragen sind nur Momentaufnahmen, flüchtige Wahrheiten, bis September kriegen wir die Kurve.

Doch nun scheinen die miesen Zustimmungswerte für CDU/CSU und ihren Kanzlerkandidaten Armin Laschet bereits eine strategische Entscheidung beeinflusst zu haben: Wie der Generalsekretär der NRW-CDU, Josef Hovenjürgen, am Donnerstag der dpa mitteilte, will Laschet als Spitzenkandidat der CDU in Nordrhein-Westfalen in den Wahlkampf ziehen, also über die Landesliste in den Bundestag einziehen. Der CDU-Chef wird sich damit nicht um ein Direktmandat seinem Heimatwahlkreis Aachen bewerben. Dies bestätigt auch die CDU Aachen gegenüber t-online.

Laschet steht mit der Entscheidung einsam da

Es wäre ein Novum in der Parteigeschichte: Laschet wäre der erste Kanzlerkandidat der CDU, der die Abkürzung über die Liste nimmt und gar nicht erst versucht, einen Wahlkreis direkt zu erobern. Kanzlerin Angela Merkel hält ihren Wahlkreis Vorpommern-Rügen – Vorpommern-Greifswald I seit drei Jahrzehnten, ihr CDU-Vorgänger Helmut Kohl gewann seinen Heimatwahlkreis Ludwigshafen/Frankenthal damals immerhin zweimal. Angetreten ist er aber jedes Mal.

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Auch im Vergleich zur politischen Konkurrenz steht Laschet mit diesem Manöver ziemlich einsam da: Die Kanzler- und Spitzenkandidaten der anderen im Bundestag vertretenen Parteien treten direkt in einem Wahlkreis an. In Potsdam konkurrieren Grünen-Chefin Annalena Baerbock und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz sogar direkt miteinander.

CDU könnte in Laschets früherem Wahlkreis scheitern

Der Plan der NRW-CDU sieht so aus: Ende Mai sollen die Direktkandidaten für die Wahlkreise aufgestellt werden. Laschet will dem bisherigen Abgeordneten, dem Gesundheitspolitiker Rudolf Henke, im Wahlkreis Aachen I (Aachen Stadt) den Vortritt lassen. Am 5. Juni soll Laschet dann auf die Landesliste gewählt werden.

Grund für den ungewöhnlichen Schritt könnte sein, dass Laschet in seinem Heimatwahlkreis Aachen I, für den er 1994 bereits in den Bundestag zog und wo er elf Jahre Kreisvorsitzender der CDU war, scheitern könnte. Laut dem Meinungsforschungsinstitut INSA führt die CDU dort noch mit hauchdünner Mehrheit, die Prognoseportale "election.de" und Wahlkreisprognose sehen hingegen die Grünen an der Union vorbeiziehen.

"Das hat eher positive Gründe"

Will sich Laschet die Blamage einer Niederlage ersparen und nimmt lieber gleich die Abkürzung über die Landesliste? "Das hat eher positive Gründe", heißt es aus CDU-Kreisen. "Armin Laschet schätzt die Arbeit des jetzigen Bundestagsabgeordneten und hat ihn gefragt, ob er sie fortsetzen möchte. Und der hat seine Bereitschaft signalisiert", so ein Aachener Politiker gegenüber t-online. Gemeint ist der CDU-Gesundheitspolitiker Rudolf Henke, der den Aachener Wahlkreis 2009 der SPD abluchste und seitdem zweimal verteidigt hat.

Aber ist das nicht ein wunder Punkt des Kanzlerkandidaten Laschet, wenn er nur in den Bundestag kommen würde, weil er über die Parteiliste abgesichert ist? Wenn er sich nicht einmal traut, in seinem eigenen Wahlkreis anzutreten, der für ihn, den Ministerpräsidenten, eigentlich ein Heimspiel sein sollte?

"Das kann man so sehen", sagt einer aus der CSU-Landesgruppe im Bundestag. "Aber ich denke, wichtiger ist es, dass Armin Laschet es überhaupt in den Bundestag schafft." Ein Kanzlerkandidat der Union, der gerade so in den Bundestag stolpert? Vertrauen in den eigenen Kandidaten sieht wohl anders aus. "Klar ist, Armin Laschet besticht jetzt nicht durch seine Persönlichkeit. Entscheidend ist, dass er ein starkes Team bekommt", so der CSU-Politiker gegenüber t-online.

Riskantes Manöver

Ob Laschet nun aus Kollegialität oder aus Angst vor einer möglichen Niederlage verzichtet: Auch die strategische Entscheidung, sich auf Platz eins der NRW-Landesliste wählen zu lassen, hat ihre Tücken. Denn sollte die CDU im September in dem Bundesland mehr Direktmandate gewinnen als ihr laut Zweitstimmen zustehen, würde die Landesliste nicht greifen. Der Kanzlerkandidat der Union würde keinen Sitz im Bundestag erringen.

Das ist etwa im Nachbarland Rheinland-Pfalz der Fall: Hier wird die CDU wahrscheinlich keinen einzigen Listenkandidaten in den Bundestag hieven können. "Wir müssen alle den Wahlkreis gewinnen, weil die Liste wahrscheinlich nicht ziehen wird", sagt der Abgeordnete Johannes Steiniger (CDU), der den Wahlkreis Neustadt – Speyer verteidigen will. "Das hat auch etwas Gutes: Den Wählern wird keine Parteiliste vorgesetzt." Gilt das nicht auch für den Kanzlerkandidaten der Union? "Ich halte das für nicht relevant."

Laschet steckt in einer absurden Situation

Relevant oder nicht: Es könnte eng werden. Zwar könnte es nach derzeitiger Lage reichen für Laschet. Als der wahrscheinliche Listenplatz eins würde der CDU-Chef vom aktuellen Stimmungstief paradoxerweise profitieren: Laut "election.de" holt die CDU in NRW aktuell 33 Direktmandate bei einem Zweitstimmenanteil von 25 Prozent, der rund 35 Sitzen entspricht. Das bedeutet, die ersten zwei Plätze der Landesliste würden in den Bundestag ziehen – Laschet wäre drin. Der CDU-Chef steckt somit in der absurden Situation, zu hoffen, dass seine Partei nicht zu viele Direktmandate in NRW gewinnt.

Doch findet die Union wieder zu alter Stärke zurück – wie etwa im Januar, als sie in rund 60 Wahlkreisen dominierte – wird es brenzlig: Dann würden die Direktkandidaten sämtliche Mandate der NRW-CDU abräumen, für die Liste bliebe kein Sitz übrig. Und Laschet wäre in der peinlichen Lage, einen CDU-Kollegen dazu zu überreden, auf den Platz im Bundestag zu verzichten.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Nachrichtenagentur dpa
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