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Tagesanbruch: Afrika braucht jetzt unser Geld – Europa investiert Milliarden


Tagesanbruch
Was heute Morgen wichtig ist

MeinungVon Florian Harms

Aktualisiert am 31.10.2018Lesedauer: 6 Min.
Meinung
Was ist eine Meinung?

Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.
Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa, Bundeskanzlerin Merkel.Vergrößern des Bildes
Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa, Bundeskanzlerin Merkel. (Quelle: Bernd von Jutrczenka/dpa-bilder)

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

hier ist der kommentierte Überblick über die Themen des Tages:

WAS WAR?

Nein, heute schreibe ich nicht über Angela Merkel. Und nein, ich schreibe auch nicht über Friedrich Merz. Heute schreibe ich über Afrika. Denn eigentlich müssten die afrikanischen Staatschefs heute vor Freude auf den Tischen tanzen. Im vergangenen Jahr hatte die EU lautstark eine neue Partnerschaft mit dem Kontinent südlich des Mittelmeers aus der Taufe gehoben. Seither sind nicht nur viele Monate ins Land gegangen, sondern auch viele Ankündigungen ebenso schnell in die Welt gesetzt worden, wie sie sich anschließend verflüchtigten. Aber jetzt ist alles anders: Gestern erschienen elf afrikanische Staatschefs in Berlin zum Gipfeltreffen – und wurden mit Angeboten zur Zusammenarbeit und konkreten Zusagen zur Wirtschaftsförderung überhäuft.

Viel europäisches Geld soll jetzt schnell nach Afrika fließen. Warum? Weil Demografen voraussagen, dass sich die Bevölkerung des Kontinents in den kommenden dreißig Jahren auf rund zweieinhalb Milliarden Menschen verdoppeln wird. Schon 2030 erwartet man 440 Millionen zusätzliche Jobsuchende auf dem Arbeitsmarkt. Nur um Ihnen die Dimensionen zu verdeutlichen: Das entspricht fünf Mal der Bevölkerung Deutschlands. Es ist also eine gewaltige Aufgabe, wenn diese Suchenden ihre Jobs tatsächlich in Afrika finden sollen. Korruption und Kriege haben wir bis jetzt noch nicht einmal erwähnt.

Aber Bangemachen gilt nicht. Es gibt schlicht keine Alternative dazu, die Zusammenarbeit mit Afrika massiv auszubauen – auch wenn das jetzt viel Geld kostet. Niemand, der das Herz auch nur einigermaßen am rechten Fleck hat, kann wollen, dass verzweifelte Menschen einen nassen Tod finden, weil ihnen zu Hause jede Perspektive fehlt. Und sogar diejenigen unter uns, die ein tristes Leben ohne Mitgefühl führen, wollen die Flüchtenden lieber daheim in Afrika sehen. Nur dürfen wir uns nichts vormachen: Schnell soll es jetzt gehen, so will es die Politik. Das wird es aber wohl nicht.

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So, und wenn Sie jetzt doch noch etwas über Angela Merkel und Friedrich Merz lesen wollen, dann erklärt Ihnen unsere Kolumnistin Ursula Weidenfeld hier, warum der angekündigte Rückzug der Kanzlerin eine schlechte Nachricht für Europa ist, und erläutert Ihnen unser Parlamentsreporter Jonas Schaible hier, warum Merz tatsächlich Chancen hat, CDU-Chef zu werden.

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WAS STEHT AN?

Als ein gravierendes Problem unserer Zeit gilt die Verarmung breiter Bevölkerungsschichten. Auch wir bei t-online.de haben immer wieder darüber berichtet. Aber wie groß ist das Problem wirklich? Verlässliche Daten zu erheben, ist nicht leicht. Wo setzt man an? Ist arm, wer unter der offiziellen Armutsgrenze lebt, also nur 1.064 Euro im Monat oder noch weniger im Portemonnaie hat? Das wären im wirtschaftlich florierenden Deutschland ungeheuerliche 13 Millionen Menschen, darunter jedes vierte Kind.

Schon das sind viel zu viele, aber so eine Zahl kann noch nicht erfassen, wo das Elend am größten ist, welche Missstände der Verarmung zugrunde liegen, sie verschärfen, das Leben für viele Menschen zu einer Abfolge von Enttäuschungen, Erniedrigungen und Leid machen. Deshalb ist es gut, dass es die jährliche Studie mit dem technokratischen Titel EU-SILC gibt. Die Abkürzung steht für "European Union Statistics on Income and Living Conditions", aber ihren wahren Wert können Sie wohl erst ermessen, wenn ich Ihnen sage, dass es sich um die bedeutendste Datenquelle für die Messung von Einkommen, Armut und Lebensbedingungen in der EU handelt.

Heute wird die aktuelle Studie veröffentlicht, und die sollten wir uns ganz genau ansehen. Denn die EU hat sich zum Ziel gesetzt, die Zahl der von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffenen Menschen systematisch zu verringern. Dies ist ein Kernziel ihrer Europa-2020-Strategie, die alle europäischen Regierungen schon vor 18 Jahren unterschrieben haben. Wir können, nein, wir müssen die Mächtigen also daran messen, ob sie Fortschritte gemacht haben. Auch die Bundesregierung. Mehr erfahren Sie heute Morgen auf t-online.de.

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Wir leben in einer geordneten Welt. Wenn wir aus dem Haus treten, sehen wir den akkurat eingezäunten Garten, den ausgefegten Carport oder das schnurgerade Trottoir. Mittags setzen wir uns in die blitzblanke Kantine oder wählen aus der Bäckervitrine das schmackhafteste Stückchen aus. Und abends? Starren wir in den rechteckigen Flimmerkasten oder schmökern in einem gepflegten Buch. Vielleicht zieht es uns am Wochenende mal in den Wald, auf einen Berggipfel oder an den Strand, aber auch dort entkommen wir der Zivilisation nicht.

Wildnis: Können wir uns unter diesem Wort überhaupt noch etwas vorstellen? Wo in unserer technisch optimierten Welt gibt es sie denn überhaupt noch, wie sieht sie aus und wer lebt dort? Dieser Frage widmet die Schirn Kunsthalle Frankfurt eine faszinierende Ausstellung mit mehr als hundert Kunstwerken. Schön und gut, mögen Sie jetzt sagen, aber was bringt mir das, wenn ich in Pinneberg, Pirmasens oder Plauen wohne? Ich sage es Ihnen: In diesem Fall (und gern auch an jedem anderen Ort, der nicht Frankfurt heißt), nehmen Sie sich bitte hier und jetzt vier Minuten Zeit und streuen durch die faszinierende Wildnis hinter diesem Link. Aber verlaufen Sie sich bitte nicht!

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Okay, diese beiden Herren aus dem Jahr 1932 sind nicht dazu fähig, uns abgebrühten Kinogängern heutzutage noch einen Schrecken einzujagen:

Auch dieser Herr hier erntet statt schockstarrer Augen wohl eher ein müdes Lächeln:

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Aber was ist mit diesen Gestalten?

Gähn!, maulen Sie jetzt vielleicht, wieder mal irgend so ein dröger Historienkram, den uns der Harms unterjubeln will, weil heute dieses überflüssige Ami-Spektakel ansteht. Momentchen bitte. Ganz so einfach ist es nicht. Ja, heute Abend ist Halloween, und ja, man muss dieses Ritual nicht für eine gelungene Bereicherung des deutschen Brauchtums halten. Aber interessant ist es schon, wo der Spuk ursprünglich herkam. Nein, nicht aus Amerika. Und nein, damals war das alles andere als lustig. Unsere Vorfahren befleißigten sich darin, Verstorbenen die Herzen zu durchbohren und die Köpfe abzuschlagen. Unsere Archäologie-Expertin Angelika Franz erzählt Ihnen die wahrlich schaurigen Hintergründe.

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WAS LESEN?

Heute ist also Halloween, das Fest der Hoffnung und der Liebe. Nein, jetzt rede ich nicht mehr von den keltischen Ursprüngen des Brauches, und nein, ich habe auch nichts durcheinandergebracht. Ein bisschen gruselig war es allerdings schon, als Julie Keith den Karton mit der Halloween-Deko öffnete und ihr zwischen den Styropor-Grabsteinen ein handgeschriebener Zettel entgegenfiel. Zwei Jahre lang hatte die Box ungeöffnet auf dem Dachboden gestanden, und nun las Mrs. Keith entgeistert und mit zunehmendem Entsetzen den Hilferuf in ihrer Hand. Ein verzweifelter Mensch hatte ihn geschrieben. In einem Umerziehungslager in China. Jemand, der von vier Uhr morgens bis Mitternacht die Styropor-Grabsteine polierte, damit sie alt und ein bisschen gruselig aussahen. Jeden Tag des Jahres. Ohne Pause. Wenn er nicht gerade geschlagen oder gefoltert wurde.

Wenig kann ein einzelner Mensch aus einem kleinen Ort in Oregon tun, um einem politischen Gefangenen im fernen, mächtigen China zu helfen. Auf Aufmerksamkeit hatte er gehofft, um Veröffentlichung seines Hilferufs gebeten. Doch es dauerte Monate, bis es die Geschichte auch nur in die Lokalpresse geschafft hatte. Dann plötzlich explodierte das Interesse: Die ganze Nation schaute auf Julie Keith, die Aufregung war groß. Das war im Jahr 2012. Danach wurde es wieder still.

Irgendwann klingelte das Telefon. Die "New York Times" war dran und hatte eine Nachricht. Von dem Mann, der den Zettel geschrieben hatte – diesen und viele andere, nachts, heimlich. Immer wieder entging er nur knapp der Entdeckung. Schließlich kam er frei, floh später nach Singapur, bekam Besuch von der fremden Frau aus Oregon. Ein Happy End hat die Geschichte leider trotzdem nicht. Vielleicht war es zu viel des öffentlichen Aufsehens. Vielleicht war der Chinese, der ihn kurz darauf besuchte, wirklich ein Agent. Vielleicht war das Nierenversagen, das den ehemaligen Häftling danach plötzlich dahinraffte, mehr als ein Zufall. Nichts hat sich wirklich geändert seit dem kleinen Wunder von Oregon, seit eine Nachricht zwischen Styropor-Grabsteinen hervorlugte. Nur eines ist anders geworden: dass Halloween nun ein Fest der Hoffnung und der Liebe ist.

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Falls Sie Kinder haben, kennen Sie das: Das Warten in der Schlange vor der Supermarktkasse kann zur Qual ausarten – der süßen Verlockungen links und rechts wegen. Nun hat sich der Hersteller Ferrero einen Marketing-Kniff einfallen lassen, der erst einmal gesund klingt, aber alles andere als das ist: Wer per Kassenbons nachweist, dass er 15 Überraschungseier gekauft hat, erhält eine Brotdose. Genau, für das gesunde Pausenbrot und das noch gesündere Obst. Aber steckt in den Ü-Eiern nicht jede Menge fürchterlich ungesunder Zucker? Doch, und genau das ist das Problem, wie meine Kollegin Ana Grujic zeigt.

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WAS AMÜSIERT MICH?

So, so, Angela Merkel hat ihren Rückzug angekündigt. Ach ja, und heute ist nicht nur Halloween, sondern auch Reformationstag. Aber was hat das mit Horst Seehofer zu tun? Fragen wir doch mal unseren Cartoonisten Mario Lars:

Ich wünsche Ihnen einen Tag der ungetrübten Nächstenliebe.

Ihr Florian Harms
Chefredakteur t-online.de
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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