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Tagesanbruch: Fiasko im Vatikan, Oscar-Gewinner, WLAN-Satelliten


Was heute wichtig ist
Fiasko im Vatikan: Die moralische Instanz handelt nicht

  • Peter Schink
MeinungVon Peter Schink

Aktualisiert am 25.02.2019Lesedauer: 5 Min.
Meinung
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Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

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Gipfeltreffen zum Thema Missbrauch mit Papst FranziskusVergrößern des Bildes
Gipfeltreffen zum Thema Missbrauch mit Papst Franziskus (Quelle: dpa-bilder)

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

heute stammt der Tagesanbruch nicht aus der Feder von Florian Harms – als sein Stellvertreter wünsche ich Ihnen eine anregende Lektüre. Hier ist der kommentierte Überblick über die Themen des Tages:

WAS WAR?

Vor einer Woche ehrte die Berlinale den Film "Grâce à Dieu" ("Gelobt sei Gott") mit einem silbernen Bären. Darin geht es um den Erzbischof von Lyon, Philippe Barbarin. Er gilt als der einflussreichste Katholik Frankreichs. Seit Anfang Januar steht Barbarin mit fünf anderen Geistlichen vor Gericht, weil er vor mehr als 20 Jahren einen pädophilen Priester gedeckt haben soll. Der mindestens 80 Kinder sexuell missbrauchte. Zum Prozessauftakt rechtfertigt sich der Erzbischof: "Ich habe getan, wozu Rom mich aufforderte. Rom forderte mich auf, einen öffentlichen Skandal zu vermeiden, dementsprechend habe ich gehandelt."

Als Papst Franziskus dieses Wochenende seine Kardinäle nach Rom beorderte, um über das Thema sexueller Missbrauch zu beraten, erntete er vielfach Respekt. Dafür, ein Gipfeltreffen überhaupt einberufen zu haben. Es sind Abgründe, die sich auftun. Allein in Deutschland haben zwischen 1946 und 2014 mindestens 4,4 Prozent aller Kleriker Kinder und Jugendliche sexuell missbraucht. Zu diesem Schluss kam eine Studie, die die Deutsche Bischofskonferenz selbst in Auftrag gegeben hatte. Und das sind nur die Fälle, in denen sich Einträge in Akten fanden.

Zum Auftakt des Gipfeltreffens in Rom schlug Papst Franziskus 21 Maßnahmen gegen Missbrauch in der Kirche vor. Die sollten die Kardinäle diskutieren. Doch am Ende blieb davon: Nichts. Der Papst kündigte am Sonntag keinerlei konkrete Schritte an. Dazu fehlte offenbar der Mut. Er beließ es in seiner Rede bei bekannten Schuldbekenntnissen. Dabei hatte er selbst vorgeschlagen, staatliche Behörden künftig in jedem Fall zu kontaktieren. Er wollte unabhängige Meldestellen schaffen, straffällige Kleriker aus dem Amt entfernen, angehende Priester besser betreuen und einen Verhaltenskodex erarbeiten.

All diese Maßnahmen sind nun wieder verschoben. Viel zu lange schon.

Die katholische Kirche will Heimat und Zufluchtsort für knapp 1,3 Milliarden Katholiken weltweit sein. Sie will moralische Instanz sein. Nach diesem Wochenende ist klar: Dieser Verantwortung wird sie nicht gerecht. Die Chance, die der Gipfel bot, hat der Papst verstreichen lassen. Doch wer nicht handelt, kann auch keine moralische Instanz sein.

Überraschung bei den Oscars

Im kalifornischen Los Angeles wurden heute Nacht die Oscars verliehen. Dabei gab es sogar eine kleine Überraschung: In der Kategorie bester Film gewann das Biopic "Green Book". Abräumer des Abends ist allerdings "Bohemian Rhapsody", die Geschichte der Band Queen. Und auch das Netflix-Drama "Roma" wurde mehrfach ausgezeichnet und brach sogar einen Rekord. Falls Sie die Oscars verschlafen haben – kein Problem: Meine Kollegen sind wach geblieben.

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WAS STEHT AN?

Da ist noch jemand, der seiner Verantwortung gerecht werden muss: Donald Trump. Der trifft am Mittwoch den nordkoreanischen Staatschef Kim Jong Un, um über Abrüstung auf der koreanischen Halbinsel zu sprechen. Kim machte sich bereits am Samstag auf den Weg. Im gepanzerten Zug fährt er die 4.500 Kilometer lange Strecke ins vietnamesische Hanoi.

Sie könnten jetzt entgegnen, mit Verantwortung habe das wenig zu tun – das erste Gipfeltreffen glich ja eher einer Show für die beiden Machtmenschen. Südkorea, Japan und andere Staaten in Südostasien hoffen jedenfalls auf ein wenig Verantwortungsbewusstsein, und im Ergebnis ein Einlenken Nordkoreas im Atomstreit. Ob Trump zu Sicherheit und Stabilität wirklich beitragen kann, darf bezweifelt werden. Zwei Tage vor Beginn des Treffens ist noch völlig offen, wie ein Kompromiss aussehen könnte.

In Barcelona startet der Mobile World Congress. Samsung hat mit der Vorstellung des ersten marktreifen Falthandys bereits vor dem Kongress ein wichtiges Thema gesetzt. Apple muss aufpassen, nicht abgehängt zu werden, schreibt unser Kollege Helge Denker. Experten erwarteten deshalb mit Spannung, ob in Barcelona weitere Hersteller ihre Falt-Technologien präsentieren werden. Und siehe da, am Sonntag präsentierte Huawei das Mate X – das ist noch größer und dünner und besser als das Gerät von Samsung. Apple scheint wirklich abgehängt worden zu sein.

Eine gute Nachricht kommt diese Woche aus Südamerika. Voraussichtlich morgen startet in Französisch-Guayana eine Rakete ins All, die zehn Mini-Satelliten in 1.200 Kilometer Höhe aussetzen soll. Es sind die ersten von knapp 900 Stück der Firma OneWeb, die Internet aus dem All für einen Massenmarkt zugänglich machen will, insbesondere in entlegenen Gebieten. Das sind gute Nachrichten für bislang von der Digitalisierung benachteiligte Regionen dieser Erde.

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WAS LESEN?

Das John-Lennon-Gymnasium in Berlin gilt als Vorreiter in Sachen Digitalisierung. Mit innovativen Lernkonzepten, interaktiven Schultafeln und einem eigens berufenen "Koordinator für digitale Schulentwicklung" wird die Schule von der Politik gerne als Leuchtturm-Projekt vorgeführt. Doch im Schulalltag scheitern die ehrgeizigen Konzepte oft an der technischen Realität, wie meine Kollegen Ali Roodsari und Nicolas Lindken bei ihrem Besuch an der "Smart School" feststellen mussten. Selbst an diesem Vorzeige-Gymnasium fehlt es an allem: An Computern, Tablets, an fachkundigem Personal – und einem funktionierenden WLAN. Die Kollegen beschreiben auch, dass Geld allein nicht ausreichen wird, um den Schulen zu helfen.

Die Kieler Christian-Albrechts-Universität wollte es nicht zulassen, dass eine Studentin vollverschleiert an einer Vorlesung teilnahm. Die will nun juristisch gegen das Nikab-Verbot vorgehen. Unsere Kollegin Imke Gerriets hat mit ihr gesprochen. Im Gespräch stellt sich heraus, dass sie von Anwälten der Föderalen Islamischen Union unterstützt wird. Einem Verein, der der Salafistenszene zugerechnet wird.

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WAS BEGEISTERT MICH?

Wie viele Menschen neigen auch wir Journalisten manchmal dazu, die negativen Dinge zu betonen. Aber es gibt ja auch noch gute Nachrichten auf dieser Welt. Eine liefern ausgerechnet die Bienen, die ja zuletzt vor allem wegen der Bedrohung ihrer Art in die Schlagzeilen geraten waren. Nun haben Wissenschaftler eine Bienenart wiederentdeckt, die fast als ausgestorben gelten durfte. Zuletzt wurde die "Megachile pluto" genannte Riesenbiene vor 38 Jahren gesehen. Sie ist besonders eindrucksvoll, weil sie etwa viermal so groß ist wie unsere gewöhnliche Honigbiene. Nun also heißt es: Die Biene lebt. Damit das so bleibt, halten die Wissenschaftler den genauen Ort im Dschungel von Indonesien geheim.

Und noch eine hoffnungsvolle Nachricht. Seit drei Jahren forschen Wissenschaftler des Instituts OpenAI an Künstlicher Intelligenz auf Basis von Open Source. Finanziert wird das Ganze von Tesla- und Paypal-Gründer Elon Musk. Nun haben die Forscher ein Sprachmodell namens GPT2 entwickelt. Es kann auf Basis bestehender Artikel neue Texte schreiben.

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Die Ergebnisse allerdings erschreckten die Wissenschaftler. Die Texte waren nicht mehr von denen zu unterscheiden, die echte Menschen schreiben. GPT2 könnte damit künstlich erzeugten Fake News den Boden bereiten. Doch statt die Dinge laufen zu lassen, haben sich die Programmierer auf Stefan Zweigs Schachnovelle besonnen – und ihre eigenen Erkenntnisse erst einmal weggesperrt (Artikel im "Guardian", engl.). Man sei sich nicht sicher, ob das der richtige Weg sei, so die Wissenschaftler. Man wolle damit zumindest eine Debatte auslösen, schreiben sie in einem Blogbeitrag.

So viel zum Wochenstart. Bleibt mir zu sagen: Morgen schreibt wie gewohnt Florian Harms den Tagesanbruch.

Ihr

Peter Schink
Stellvertretender Chefredakteur t-online.de
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Twitter: @peterschink

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