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Fehlgeburt: Ein Thema, über das wir mehr sprechen sollten


Der Tod im Bauch

Von Janna Halbroth

12.05.2021Lesedauer: 6 Min.
Meinung
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Der Fötus: Ab der achten Schwangerschaftswoche wird das Lebewesen im Bauch nicht mehr Embryo, sondern Fötus genannt.Vergrößern des Bildes
Der Fötus: Ab der achten Schwangerschaftswoche wird das Lebewesen im Bauch nicht mehr Embryo, sondern Fötus genannt. (Quelle: IMAGO / Science Photo Library)

Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

ich bin Janna Halbroth und freue mich, heute zum ersten Mal für Sie den Tagesanbruch zu schreiben.

Allerdings entschuldige ich mich schon jetzt bei Ihnen, denn ich habe ein bedrückendes Thema mitgebracht. Moment, eigentlich will ich mich dafür nicht entschuldigen, denn darüber muss endlich mehr gesprochen werden. Sorry, not sorry, sagt man dazu, wenn man besonders jung oder hip ist. Es ist die selbstbewusste Entschuldigung dafür, dass man sich eben nicht entschuldigt.

Nun aber zum Thema: Heute soll es nämlich um jene gehen, die ohnehin niemals erfahren werden, was Entschuldigungen eigentlich sind: ungeborene tote Babys.

Fehlgeburt, ein Tabuthema

Von zehn Frauen hat im Schnitt vermutlich eine schon einmal eine Fehlgeburt erlitten. Vermutlich? Ja. Denn genaue Zahlen gibt es nicht. Weltweit soll es pro Jahr rund 23 Millionen Fehlgeburten geben. Eine von sieben Schwangerschaften endet damit. Das hat ein internationales Expertenteam aus 31 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern herausgefunden. Ihre Studie dazu veröffentlichten sie kürzlich im Fachmagazin "The Lancet". Darin fordern sie: Mehr Behandlung und Unterstützung für Betroffene. Ein großes Schweigen über Fehlgeburten herrscht ihrer Meinung nach nicht nur bei betroffenen Frauen, sondern auch bei medizinischem Personal, politischen Entscheidern und bei der Forschungsfinanzierung.

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Es gibt weltweit rund 44 Fehlgeburten pro Minute. Sehr wahrscheinlich sind es aber deutlich mehr, weil eben nicht jede gemeldet wird. Während ich also gerade aufgeregt meinen ersten Tagesanbruch schreibe oder während Sie ihn lesen, erleiden mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit gerade irgendwo mehrere Frauen dieses traumatische Erlebnis.

Ich schreibe Ihnen das nicht, damit Sie einen schlechten Morgen haben –oder, um Trauer und Trübsinn zu verbreiten. Davon haben wir ja im Moment eigentlich genug. Ich schreibe das, um ein wenig für das Thema zu sensibilisieren und es endlich aus der verbotenen Zone herauszuholen. Denn: Es gehört zum Leben und vor allem zu Schwangerschaften nun einmal dazu. Und keine Frau, kein Paar, kein Mensch sollte damit alleingelassen werden oder sich damit in eine dunkle Ecke zurückziehen.

Frauen sprechen selten über Fehlgeburten. Noch seltener tun das allerdings Männer. Umso mehr hat mich beeindruckt, wie offen "Lindenstraße"-Star Moritz A. Sachs über den Verlust, den er und seine Frau gleich mehrmals erleben mussten, im Interview mit mir gesprochen hat. Für ihn ist das Thema eines, "das nach vorne gehört", und bei der die männliche Perspektive oft vernachlässigt wird. Das Gespräch lesen Sie hier.

Die meisten Fehlgeburten passieren in den ersten zwölf Wochen einer Schwangerschaft. Der Grund dafür ist häufig eine chromosomale Störung, weswegen sich das Kind nicht richtig entwickelt. Aber auch das Alter der Mutter oder des Vaters (wenn auch in geringerem Maße), starkes Über- oder Untergewicht, Alkohol, Tabak, Stress, Nachtarbeit sowie Luftverschmutzung oder Pestizide im Umfeld der Schwangeren können zu Fehlgeburten führen.

Wenn eine Schwangere bei ihrer Frauenärztin vor der zwölften Schwangerschaftswoche auftaucht und sich untersuchen lässt, wird ihr darum in der Regel dazu geraten, die freudige Nachricht erst einmal für sich zu behalten.

Womöglich liegt schon da der erste Fehler von vielen. Die Frau soll lieber schweigen, bevor sie am Ende noch die Menschen in ihrem Umfeld enttäuschen muss. Ist das Baby gesund und lebt auch nach der zwölften Woche, rät man dazu, die frohe Kunde zu verbreiten. Verliert man das Kind, dann soll man das bitte mit sich selbst ausmachen. So könnte es jedenfalls rüberkommen und eben genau so etwas macht Fehlgeburten zum Tabuthema.

Selbstverständlich kann man auch sagen, dass die Zwölf-Wochen-Grenze schützen soll. Viele Frauen sprechen sicherlich nicht gern über diesen Schicksalsschlag, zudem ist das Thema natürlich sehr privat. Doch Heimlichtuereien, das wissen wir alle, erwecken in uns selbst oft auch das Gefühl, wir hätten etwas falsch gemacht. Wir hätten einen Fehler begangen, den wir lieber nicht öffentlich machen wollen. Bei all der Trauer über den Verlust hilft einem Paar die Schuld allerdings am wenigsten.

Wie würden sich stattdessen Betroffene fühlen, wenn sie wüssten, dass sie nicht allein sind. Wenn sie wüssten, dass es vielen so geht und dass eine Fehlgeburt eben keine Anomalität ist, die kaum jemandem passiert, nur eben einem selbst gerade. Für diesen offenen Umgang plädiert auch das zuvor erwähnte Wissenschaftsteam: Fehlgeburten seien "viel zu lange heruntergespielt und oft nicht ernst genommen worden". Vor allem in psychologischer Hinsicht müsse es mehr Unterstützung für die Betroffenen geben.

Einen Hoffnungsschimmer gibt es: Denn einige Prominente sahen es zuletzt ähnlich wie Moritz A. Sachs. Neben Hollywoodstar Sharon Stone oder Facebook-Gründer Marc Zuckerberg machte auch Herzogin Meghan ihre Fehlgeburt Ende vergangenen Jahres öffentlich.

Warum sie das getan hat? Um mal wieder Schlagzeilen zu generieren? Um Mitleid zu erregen? Ich weiß es nicht. Leider kenne ich Meghan nicht persönlich. Ich finde es aber viel wahrscheinlicher, dass sie weiß, wie schlimm das Gefühl ist, ein Lebewesen im eigenen Körper zu verlieren. Und dass sie weiß, wie nahezu jeder von uns, dass geteiltes Leid eben wirklich häufig halbes Leid ist.

Tabuthemen führen vor allem zu einem: Verunsicherungen. Dabei sollte sich in unserer Zeit eigentlich niemand mehr genieren, über irgendetwas zu sprechen.


Eskalation in Nahost

Am Montag feuerte die islamistische Hamas Raketen auf Jerusalem. Die israelische Armee antwortete mit Luftangriffen. Der Konflikt um die Heilige Stadt spitzt sich in diesen Tagen gefährlich zu. "Wir sind mitten im Kampf", sagte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu jüngst. In Tel Aviv wurde am Dienstagabend Raketenalarm ausgelöst. Im Stadtzentrum waren mehrere Explosionen zu hören gewesen. Alle wichtigen Informationen dazu aus der Nacht lesen Sie im Newsblog.

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Impfe sich, wer kann!

Während wir uns früher stolz auf Gästelisten für exklusive Veranstaltungen schreiben ließen, Theaterkarten Monate vor der Aufführung kauften oder uns einen Tisch im beliebten Restaurant mit großzügigem Vorlauf reservierten, steht vielen jetzt nur noch nach einem der Sinn: einem Impftermin. Frankreich gibt ab heute die Corona-Impfungen für alle Erwachsenen frei. Hierzulande streiten wir dagegen noch über das Wann, Wie, Wer und wenn ja, Womit.

Bei nahezu allen Medikamenten und Impfstoffen gibt es Risiken und Nebenwirkungen. Das ist natürlich auch bei Corona-Impfstoffen nicht anders. Besonders im Fokus standen dabei in den vergangenen Wochen die Vektorimpfstoffe von Astrazeneca und Johnson & Johnson. Wegen der möglichen Nebenwirkung einer Hirnvenenthrombose sind beide Vakzine mittlerweile nur noch eingeschränkt empfohlen. Doch ist der Schaden hier wirklich höher als der Nutzen? Meine Kollegin Sandra Simonsen hat sich Risiken und Vorteile der Impfstoffe angeschaut.

Zuletzt wurde diskutiert, ob wegen des geringeren Risikos für Ältere nur diese die Impfstoffe von Astrazeneca und Johnson & Johnson erhalten sollten, damit die übrigen von uns schneller geimpft werden können. Eine exklusive Umfrage für t-online zeigt, dass eine relative Mehrheit von rund 46 Prozent diesen Vorschlag ablehnt.

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Neues Klimaschutzgesetz

Dass wir bei all der Corona-Mania nicht alles andere Wichtige vergessen dürfen, zeigen uns vor allem Themen, die sich nicht mehr aufschieben lassen. Wie der Klimaschutz, der lange genug zweitrangig behandelt wurde. Am Mittag will das Bundeskabinett das geänderte Klimaschutzgesetz mit neuen Emissionszielen auf den Weg bringen. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Deutschland bis 2045 seine Netto-Treibhausgasemissionen auf null senkt – und damit fünf Jahre früher als bislang geplant.

Außerdem enthält der Entwurf ein neues 65-Prozent-Reduktionsziel für 2030 und einen Emissionsfahrplan für die Zeit zwischen 2031 und 2040. Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) will um 12.15 Uhr in einer Pressekonferenz über die Details der Änderungen informieren.


Was lesen oder sehen?

Schon zu Beginn der Corona-Pandemie wurde bekannt, dass die Krankheit Covid-19 nicht nur die Atemwege betrifft, sondern auch eine große Bandbreite neurologischer Beschwerden hervorrufen kann. Eine neue Studie zeigt: Fast die Hälfte der Covid-Patienten leidet unter dem schweren Symptom der Enzephalopathie. Was dahintersteckt, erklärt meine Kollegin Melanie Weiner.


Als frisch gekürte Kanzlerkandidatin war Annalena Baerbock am 19. April in einer ProSieben-Sondersendung im Interview zu sehen. 2,7 Millionen Zuschauer sahen zu. Rund fünf Wochen später stellt sich auch SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz dieser Aufgabe. Er wird von Ex-"Tagesschau"-Sprecherin Linda Zervakis interviewt. "ProSieben Spezial Live. Der Kanzlerkandidat im Interview" sehen Sie ab 20.15 Uhr auf ProSieben.


Schon wieder wird ein DFB-Präsident nach nur kurzer Amtszeit seine Aufgaben niederlegen. Ebenso wie Generalsekretär Friedrich Curtius will der bisherige Amtsinhaber Fritz Keller damit die "Weichen für eine Neuaufstellung des DFB" stellen. So oder so: Der Verband gleicht einer Großbaustelle, die einen neuen Impuls von Außen braucht, kommentiert mein Kollege Andreas Becker.


Was amüsiert mich

Wenn sich doch alle Probleme so leicht lösen ließen ...

Ich wünsche Ihnen einen wundervollen Mittwoch. Auch wenn uns das Wetter nach kurzen Sommerfreuden wieder im Stich gelassen hat, lassen Sie sich davon nicht die Laune verderben und genießen Sie den Feiertag morgen. Am Freitag schreibt dann mein Kollege Johannes Bebermeier für Sie.

Ihre

Janna Halbroth
Redakteurin Unterhaltung
Twitter: @jannabacon

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Mit Material von dpa.

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