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81-Jährige Marlene Sutton begibt sich auf ihre letzte Weltreise


Seniorin reist alleine um die Welt
"Hostels ist es egal, wie alt Du bist"

  • Beatrice von Braunschweig
InterviewVon Beatrice von Braunschweig

Aktualisiert am 29.10.2023Lesedauer: 4 Min.
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Marlene Sutton in Riga: Seit Anfang September befindet sich die 81-Jährige auf Weltreise.Vergrößern des Bildes
Marlene Sutton: Die 81-jährige US-Amerikanerin hat zu Beginn ihrer Weltreise mit t-online in der lettischen Hauptstadt Riga gesprochen. (Quelle: Beatrice von Braunschweig)

Sie ist 81 Jahre alt und reist alleine um die Welt: Die ehemalige Lehrerin Marlene Sutton beweist, dass Alter beim Reisen kein Hindernis sein muss.

Vor ein paar Wochen noch pflegte sie ihr Haus und ihren Garten in Ohio im Mittleren Westen der USA. Jetzt ist die ehemalige Lehrerin mit Rucksack und Handgepäck unterwegs, um wohl das letzte Mal in ihrem Leben um die Erde zu reisen. Acht Monate lang will sie unterwegs sein.

Im Gespräch mit t-online erzählt sie, warum das Fernweh sie nicht loslässt, und sie immer noch von Hostels überzeugt ist. Das Interview findet in ihrem Hostel im Zentrum der lettischen Hauptstadt Riga statt. Am Eingang tauscht Marlene Sutton ihre Straßen- gegen Hausschuhe ein und führt uns in eine Bücherecke. Ohne zu zögern, nimmt sie auf einem der Sitzsäcke Platz.

t-online: Mit 81 Jahren um die Welt zu reisen, ist eher ungewöhnlich. Machen Sie das zum ersten Mal?

Marlene Sutton: Nein, ich bin schon zwei, drei Male um die Welt gereist. Ich hatte mir immer gewünscht, zu heiraten und vier Kinder zu bekommen. Aber dieser Traum ist nicht wahr geworden. Dafür habe ich zwei Neffen, die mir nahestehen. Sie haben mich am 1. September zum Bahnhof gebracht, als ich mich auf den Weg nach Europa gemacht habe.

Wohin wollen Sie dieses Mal reisen?

Ich möchte unbedingt nach Athen, um von dort aus die Fähre zur Insel Patmos zu nehmen. Ich war schon einmal dort, aber ich muss das unbedingt noch einmal machen. Dann stehen Südeuropa, Petra in Jordanien, Bangok in Thailand auf dem Plan.

Das ist wahrscheinlich meine letzte große Reise und das erfüllt mich. Sehen Sie, ich bin Christin. Diese Reise ist eine Mission für mich, Menschen zu treffen. Im April kehre ich in die USA zurück.

Wir sitzen hier gerade in einem Hostel im Zentrum von Riga. Die meisten Gäste sind zwischen 20 und 30 Jahre alt. Ist es nicht merkwürdig, als einzige Seniorin in Mehrbettzimmern zu wohnen und in Doppelstockbetten zu schlafen?

In Hostels ist es den Menschen egal, wie alt Du bist. Und trotzdem habe ich noch nie einem Hostel so viele Kontakte geknüpft wie hier. Aber ich weiß auch, dass ich älter und langsamer werde.

Acht Monate in Hostels zu schlafen, kann doch auch sicher ungemütlich sein.

Nun, hier in Riga zwingen sie mich, meine Schuhe auszuziehen, sobald ich das Hostel betrete. Das ist eine Regel. Ich mag es einfach nicht, sie aus- und wieder anzuziehen. Dazu bin ich zu faul. [lacht]

Zudem ist der Aufzug hier aktuell kaputt. Als ich ankam, sah ich nur die schier endlose Treppe. Mein Rucksack ist 15 Pfund [circa 7 Kilogramm, Anm. d. Red.] schwer und dann habe ich noch einen Koffer mit 17 Pfund [circa 8 Kilogramm, Anm. d. Red.]. Zum Glück kam ein chinesischer Gast vorbei und half mir.

Insgesamt 86 Länder haben Sie schon bereist. Sind Sie jemals in eine brenzlige Situation geraten?

Als ich nach Surinam [Kleiner Staat in Südamerika, Anm. d. Red.] einreisen wollte, sollte ich 200 Dollar bezahlen. Ich hatte davon gelesen und weigerte mich. Der Mann drohte mir: "Wenn du das nicht machst, behalte ich deinen Pass und schicke dich morgen früh zurück."

Ich musste dann die Nacht in einem Raum mit vergitterten Fenstern verbringen. Um mich herum liefen die Ratten. Am nächsten Morgen war ich dann richtig froh, das Land zu verlassen. Ich wollte dem Mann noch zuzwinkern. Aber davor hatte ich dann doch Angst.

Wenn Ihre Familienmitglieder von solchen Geschichten hören, sind sie sicher besorgt um sie.

Meine Schwester sagt nichts, aber sie macht sich Sorgen. Das weiß ich. Sie ist 84 Jahre alt. Sie folgt mir auf den Karten. Ab und zu schicken wir uns E-Mails.

Fühlen Sie sich denn nie einsam?

Nein, ich bin zu beschäftigt. Wirklich! Ich bleibe einfach in Bewegung.

Welche Unterschiede zwischen Europa und den USA kommen Ihnen als Erstes in den Kopf?

Nun, wir sind ein neueres Land und ich liebe das Alte. Ich liebe Geschichte. Hier in Lettland kommt es mir vor, als ob die Menschen ruhiger seien. Aber sie scheinen weniger zu lächeln. Für normale Nordamerikaner hingegen ist es untypisch, zu reisen. In Europa aber sind die Länder so klein, dass es für die Menschen selbstverständlich ist, unterwegs zu sein.

In erster Linie begeben sich junge Leute mit dem Rucksack auf Weltreise. Sie hält Ihr Alter nicht davon ab, es ihnen gleichzutun. Was würden Sie anderen Senioren raten, die sich das nicht trauen?

Nun, nicht jeder muss reisen. Wenn sie nicht den Wunsch haben, zu reisen, müssen sie es nicht tun. Wenn aber doch, sollten sie zunächst herausfinden, welche Länder sie spannend finden. Reiseanfänger sollten sich überlegen, in einer Gruppe zu reisen. Ich selbst habe das aber noch nie gemacht.

Ich meine, bei all den vielen Jahren, die ich reise, brauche ich Selbstvertrauen. Mir ist wichtig, dass ich immer weiß, wo ich die Nacht bleibe. Ich bereite mich immer auf die Reisen vor. Gehen Sie in die Bibliothek, lesen Sie Bücher! Halten Sie in einem Notizbuch fest, was Sie sehen wollen.

Mit 81 Jahren haben Sie 86 Länder besucht. Gibt es ein Land, das Sie in besonders guter Erinnerung haben?

China. Ich liebe China! Ich liebe Shanghai, Peking, die große Mauer. Zudem wurde ich in China nie abgezockt, wie es in anderen Ländern der Fall ist.

Frau Sutton, vielen Dank für das Gespräch!

Anm. d. Red.: Das Gespräch fand auf Englisch statt und wurde im Anschluss ins Deutsche übertragen.

Verwendete Quellen
  • Interview mit Marlene Sutton am 18. September 2023
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