Tornados in Deutschland-eine unterschätzte Gefahr

In diesem Jahr haben bereits 19 Tornados Schäden von mehr als 100 Millionen Euro angerichtet - und zwar in Deutschland. Tornado-Experte Thomas Sävert vom Wetterdienst Meteomedia warnt vor einer hierzulande unterschätzten Gefahr. Jedes Jahr werden bis zu 60 Tornados beobachtet oder durch die Analyse von Unwetterschäden durch Unwetterexperten bestätigt. Die Dunkelziffer dürfte sehr viel höher liegen.

Nach einem eher verhaltenen Start der Tornadosaison 2010 in Deutschland haben gleich mehrere Tornados in den vergangenen Tagen zum Teil erhebliche Schäden angerichtet. So wurden allein am Montag mindestens fünf Fälle aus Mecklenburg-Vorpommern und Hessen gemeldet. Auf der Ostsee-Halbinsel Darß und auf Usedom beobachteten Augenzeugen insgesamt drei Windhosen. In Hessen waren die Orte Reinhardshain und Lumda bei Gießen sowie die Stadt Schlüchtern betroffen.

Typische Schadensmuster

Bei den Fällen Reinhardshain und Lumda deuteten Augenzeugenberichte auf einen Tornado hin, so Sävert. Hier wird aber noch eine Analyse der Schäden abgewartet, um ganz sicher zu gehen - aber auch um die Stärke des mutmaßlichen Tornados herauszubekommen. Im Fall Schlüchtern ist es genau umgekehrt: "Eine erste Schadensanalyse hat eine etwa vier Kilometer lange und recht schmale Schneise ergeben - typisch für einen Tornado. "Uns fehlen aber Augenzeugenberichte und Fotos oder Videos, die einen Tornado belegen", erläutert Sävert.

Fotoserie

Das bisher markanteste Sturmereignis des Jahres trat am Pfingstmontag auf: Zunächst wurde berichtet, dass ein starker Tornado über Teile Sachsen-Anhalts, Brandenburgs und Sachsens hinweggefegt wäre. Die langwierigen Untersuchungen der ehrenamtlich tätigen Mitglieder des Vereins "Skywarn" haben inzwischen gezeigt, dass es wahrscheinlich vier Tornados an diesem Tag gab. Die Schäden beliefen sich auf weit mehr als 100 Millionen Euro.

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Bis zu 60 Tornados pro Jahr

Bisher gab es im Jahr 2010 in Deutschland mindestens 19 Tornados. Diese Zahl wird sich erfahrungsgemäß noch deutlich erhöhen. Für das ganze Jahr rechnet Sävert mit mehreren Dutzend bestätigten Fällen. Etwa 40 bis 60 Tornados werden pro Jahr in Deutschland registriert, dazu kommen sehr viele Verdachtsfälle. Viele davon konnten nie geklärt werden.

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Wichtig ist nach Säverts Angaben, möglichst viel Material zu jedem einzelnen Fall zu sammeln. Ein Tornado kann entweder durch Fotos und Videoaufnahmen, durch Augenzeugenberichte oder durch eine Analyse der Schäden bestätigt werden. Je mehr Beobachter sich nach einem Sturmereignis melden, desto eher kann ein Fall aufgeklärt werden.

Tornadoforschung steht noch am Anfang

Die aktuelle Tornadoforschung in Deutschland ist noch jung, erst seit Ende der 1990er Jahre wird dem Phänomen wieder nachgegangen. Daher sind sämtliche Statistiken über Tornados in Deutschland noch unvollständig, alle Zahlen noch sehr unsicher. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war Deutschland noch weltweit führend in der Tornadoforschung. So untersuchte der durch seine Forschungen zur Kontinentalverschiebung bekannt gewordene Wissenschaftler Alfred Wegener die Windhosen in Europa.

"Schiefes Bild" von den Gefahren

Durch den Zweiten Weltkrieg ging viel Wissen verloren und seit den 1970er Jahren schuf die zunehmende Berichterstattung über Tornados in den USA ein schiefes Bild: Häufig entstand der Eindruck, dass Tornados bei uns ein harmloseres Phänomen seien, das nur selten vorkomme. Sävert versucht nun, dieses schiefe Bild geradezurücken.

Quelle: wetter.info, Meteomedia