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Coronavirus in der Presse: "Die dunkelste Stunde ist trotzdem gekommen"


Presse zum Coronavrius
"Die dunkelste Stunde ist trotzdem gekommen"

Von dpa, rew

10.03.2020Lesedauer: 4 Min.
Ein Mann mit einer Schutzmaske: Immer mehr Länder melden Coronavirus-Fälle.Vergrößern des BildesEin Mann mit einer Schutzmaske: Immer mehr Länder melden Coronavirus-Fälle. (Quelle: Henry Nicholls/reuters)
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Erste Tote in Deutschland, drastische Maßnahmen in Italien und Kurseinbrüche an der Wall Street: Die Auswirkungen der Epidemie sind weltweit zu spüren. Wie lässt die Krise sich eindämmen? Darüber streiten Kommentatoren.

Mehr als 113.000 Menschen haben sich weltweit mit dem neuartigen Coronavirus infiziert, 4.000 Erkrankte sind gestorben. Auch Deutschland meldete inzwischen erste Todesfälle. Das Virus beschäftigt die weltweite Presse. Die Kommentatoren streiten vor allem über eine Frage: Tun die Verantwortlichen genug, um das Schlimmste zu verhindern?

t-online.de (Berlin): "Sicher, es handelt sich um ein neuartiges Virus, das wohl erst vor wenigen Monaten erstmals auf einen Menschen übertragen worden ist. Das menschliche Immunsystem ist nicht darauf vorbereitet. Und: Das Coronavirus könnte 60 bis 70 Prozent der Menschen infizieren. Zugelassene Impfstoffe oder Therapien gibt es bislang nicht. Zudem fordert das Coronavirus Todesopfer, bisher vor allem ältere oder gesundheitlich vorbelastete Menschen. Auf der anderen Seite gibt es auch weiterhin keinen Grund zur Panik. (...) Die Maßnahmen funktionieren. Umso wichtiger ist es, Empfehlungen von Virologen, Gesundheitsämtern oder Gesundheitsminister Jens Spahn konsequent umzusetzen. An vielen Stellen sind wir da noch viel zu zögerlich – zum Beispiel beim Absagen von Konzerten oder Fußballspielen. Der Sportchef des 1. FC Köln, Horst Heldt, bezeichnete das Verhalten treffend als "konsequent inkonsequent". "

Tagesspiegel (Berlin): "Hat Spahn zu spät die Zügel angezogen, hätte er früher alarmierter auftreten müssen? Bisher gibt ihm der Verlauf der Epidemie recht. Aber wir stehen – politisch wie faktisch – vor einem kritischen Punkt. Je mehr Menschen vorsorglich daheim bleiben (müssen), je mehr auch kleinere Veranstaltungen ausfallen, je stärker das Virus im Alltag ankommt, desto wichtiger werden Rat und Vertrauen in den Ratgeber. Maß und Mitte verändern sich dabei so dynamisch wie die Lage selbst. Weniger ist oft mehr. Die ersten Toten hierzulande könnten aber der Moment sein, in dem es mehr Mehr braucht."

Le Monde (Frankreich): "Man stelle sich ein Virus vor, gegen das es Medikamente und eine Impfung gibt, und das dennoch im Durchschnitt zu 10.000 Toten jährlich allein in Frankreich führt. Würde die Allgemeinheit einen solchen Skandal akzeptieren? Nein, sollte man denken. Aber das Virus und der Skandal existieren: die saisonale Grippe und ihre vergessenen Toten. Diese Krankheit hat zu rund 8.100 zusätzlichen Todesfällen in der Saison 2018/2019 geführt. (...) Wie viele Grippetote könnten jedes Jahr vermieden werden, wenn wir kollektiv und jeder für sich auch nur einen Teil der Vorsorgeregeln für Covid-19 beachten würden?"

The Times (Großbritannien): "Bei all den düsteren Unsicherheiten war in der Finanzkrise – als die Weltwirtschaft zeitweise am Rande des Abgrunds zu stehen schien – das Gegenmittel klar genug. Ökonomen sahen die Antwort darin, die Zinssätze zu senken, die Märkte mit Liquidität zu überschwemmen und einen ausreichend großen Topf mit Geld einzurichten, um die Märkte zu überzeugen, dass jegliche Verluste ausgeglichen werden. Folglich war damals überall die Rede von der Notwendigkeit einer 'großen Bazooka', und die ausschlaggebendste bestand in dem Versprechen des damaligen Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, alles zu tun, was erforderlich ist, um die Eurozone zu retten. Die einzige Bazooka, die heute die Ungewissheit definitiv beenden könnte, wäre die Entdeckung eines Coronavirus-Impfstoffs, von der Wissenschaftler jedoch sagen, dass sie noch mindestens zwölf bis 18 Monate entfernt ist."

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La Repubblica (Italien): "Für Italien ist es 'die dunkelste Stunde'. So hat Giuseppe Conte gestern im Interview der 'Repubblica' nicht übertrieben, als er an Churchill vom 18. Juni 1940 erinnerte, der sein Land um das extremste Opfer bat, um das Monster des Nationalsozialismus aufzuhalten. Heute führen wir einen ganz anderen Krieg gegen einen anderen Feind. Aber die dunkelste Stunde ist trotzdem gekommen. Die Bedrohung durch das Coronavirus ist so ernst, aktuell und real, dass es sich nicht mehr um eine einzelne Region handelt. Es ist eine ganze Nation, die zu einer Sperrzone wird. Es gibt keine 14 Provinzen mehr, aber es ist ein ganzes Land, das unter Quarantäne steht."

Latvijas Avize (Lettland): "Nun stellt sich heraus, dass die schöne Geschichte der globalen und für alle vorteilhaften Arbeitsteilung unermessliche Gefahren birgt. Dass die die Freizügigkeit symbolisierenden und manchmal lächerlich billigen Flüge nicht nur Touristen bringen können, sondern auch die Keime ausländischer Krankheiten. Und wir müssen erkennen, dass wir tatsächlich verletzlich sind. In dem Moment, in der Gesundheit und Leben auf dem Spiel stehen, werden postmoderne Werte, die in letzter Zeit so wichtig waren, plötzlich vergessen. Oder wo sind Greta Thunberg und die von ihr gepredigte Klima-Apokalypse, die bis vor kurzem die Schlagzeilen beherrschte?"

Dagbladet (Norwegen): "Die Wall Street wurde am Montag nach einem kräftigen Kurseinbruch vorübergehend geschlossen. Die Verbreitung der Corona-Epidemie trifft aber mittlerweile nicht nur nervöse Finanzmärkte, sondern auch die Wirtschaft ist bedroht – und das sind schlechte Neuigkeiten für Präsidenten, die sich zur Wiederwahl stellen. Die Wirtschaft ist Trumps Trumpfkarte gewesen. Das kann ein Virusausbruch in China jetzt ändern. Kein Handelskrieg konnte die Ausbreitung verhindern. Und das Coronavirus lässt sich nicht stoppen, indem man bei den Zahlen trickst. Deshalb ist das hier der größte Test für Donald Trump als Präsident. Die Corona-Epidemie lässt sich nicht verheimlichen. Das ist eine Wirklichkeit, die er nicht wegtwittern kann."

Pravda (Slowakei): "Satellitenbilder der Nasa von China zeigen, dass sich seit dem Ausbrechen des Coronavirus in China die Verunreinigung der Luft über den großen Ballungsräumen rasch verringert hat. (...) Weil inzwischen nahezu die Hälfte der Fabriken stillsteht und der Autoverkehr zurückgegangen ist, hat sich die Luftqualität merklich verbessert. Das ist wohl eines der wenigen positiven Beispiele für die Auswirkungen des Coronavirus. (...) Wir werden diese Epidemie ebenso überleben wie auch andere zuvor – die Schweinegrippe, SARS oder die Vogelgrippe. Doch die Panik ist beim Coronavirus weitaus größer als bei den vorherigen. Daher ist fraglich, ob die irrationale Angst am Ende nicht einen größeren Einfluss auf den Welthandel haben wird als alle Proteste von Globalisierungsgegnern zusammen. Und dann kommen wir womöglich drauf, dass wir unseren Knoblauch auch im Inland anpflanzen können, anstatt ihn vom anderen Ende der Welt zu importieren."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
  • Eigene Recherchen
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