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Köthen: 22-Jähriger an Herzversagen gestorben – Was genau war passiert?


Fragen und Antworten
Polizei: 22-Jähriger in Köthen an Herzversagen gestorben

Von dpa, hd, law

Aktualisiert am 10.09.2018Lesedauer: 4 Min.
Passanten haben Kerzen und Blumen vor einem Spielplatz in Köthen abgelegt: Hier wurde der 22-Jährige tödlich verletzt.Vergrößern des BildesPassanten haben Kerzen und Blumen vor einem Spielplatz in Köthen abgelegt: Hier wurde der 22-Jährige tödlich verletzt. (Quelle: Dörthe Hein/dpa)
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In einer Kleinstadt in Sachsen-Anhalt kommt bei einem Streit zwischen zwei Gruppen ein Mann ums Leben. Er starb laut Polizei an Herzversagen. Zwei Afghanen wurden festgenommen. t-online beantwortet die wichtigsten Fragen.

Was ist genau passiert?

Nach einem Streit zwischen zwei Männergruppen an einem Spielplatz am Karlsplatz in Köthen ist ein 22-jähriger Mann gestorben. Zwei Afghanen wurden in der Nacht zum Sonntag wegen des Anfangsverdachts eines Tötungsdelikts festgenommen, wie Polizei und Staatsanwaltschaft in Sachsen-Anhalt mitteilten. Die Befragungen dauerten am Sonntag an.

Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur war es am späten Samstagabend an einem Spielplatz in Köthen zu einem Streit zwischen mehreren Männern gekommen. Kurz darauf kamen der 22-Jährige Markus B. und ein Begleiter hinzu. Markus B. war den Informationen zufolge deutscher Staatsbürger.

Drei aus Afghanistan stammende Männer (18 bis 20 Jahre) sollen mit einer Frau auf dem Spielplatz gewesen sein und gestritten haben. Dann seien die beiden Deutschen hinzugekommen.

Laut einem Bericht der "Magdeburger Volksstimme" soll es eine körperliche Auseinandersetzung zwischen Markus B. und seinem Bruder auf der einen und zwei Afghanen auf der anderen Seite gegeben habe. Dabei soll Markus B. zu Fall gekommen und mit dem Kopf aufgeschlagen sein.

Gegen den dritten Mann, der aus Afghanistan stammt, gibt es nach dpa-Informationen keinen Tatverdacht. Er wurde nicht festgenommen.

Laut einem Bericht der Polizei am Sonntagabend starb Markus B. an einem Herzinfarkt. Das sei das Ergebnis der Obduktion am Sonntagnachmittag. Er hatte demnach bereits vor dem Vorfall eine Vorerkrankung des Herzens ("kardiologische Vorerkrankung"). Nach dem vorläufigen Obduktionsergebnis stehe dieses Herzversagen nicht im direkten Zusammenhang mit den erlittenen Verletzungen des jungen Mannes. Das teilten Polizei und Staatsanwaltschaft in Dessau-Roßlau am Sonntagabend mit. Gegen beide Tatverdächtigen aus Afghanistan werde jetzt wegen des Verdachts der Körperverletzung mit Todesfolge ermittelt. Ein Richter erließ Haftbefehle gegen sie und folgte damit den Anträgen der Staatsanwaltschaft.

Wer sind die Tatverdächtigen?

Nach Angaben von Landrat Uwe Schulze (CDU), den "Volksstimme.de" zitiert, war einer der beiden Tatverdächtigen als Flüchtling anerkannt. Der andere sollte abgeschoben werden. Die Staatsanwaltschaft ermittle gegen ihn wegen gefährlicher Körperverletzung, sagte Schulze dem MDR Sachsen-Anhalt.

Laut der "Mitteldeutsche Zeitung" hätte der Mann abgeschoben werden sollen, nachdem die Ausländerbehörde des Kreises Anhalt-Bitterfeld erneut bei der Staatsanwaltschaft Dessau vorstellig geworden sei. Diese habe am vergangenen Donnerstag grünes Licht für die Abschiebung gegeben, das entsprechende Schreiben habe die Ausländerbehörde aber noch nicht erreicht.

Was wir nicht wissen: Der genaue Tathergang

Zu den Hintergründen des Tathergangs sei offiziell noch nichts bekannt, hieß es bei der Polizei. Es werde in alle Richtungen ermittelt. Gerüchte über einen Messerangriff dementierte ein Polizeisprecher am Sonntagnachmittag.

Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) und Justizministerin Anne-Marie Keding (CDU) wollen am Montag auf einer Pressekonferenz in Magdeburg weitere Details zu dem Fall mitteilen.

Wie sind die Reaktionen?

Auf dem Spielplatz, an dessen Rand die tödliche Auseinandersetzung geschah, legten am Sonntag zahlreiche Bürger, Politiker und Kirchenvertreter Blumen nieder und stellten Kerzen auf.

Die Landeskirche Anhalts und die Köthener Kirchengemeinden hielten am Sonntagnachmittag in die Köthener Stadtkirche St. Jakob eine Trauerandacht ab. Kirchenvertreter riefen dabei zur Besonnenheit auf.

In sozialen Medien riefen rechte und linke Gruppen zu Demonstrationen am Sonntag in Köthen auf. Die Polizei bereitet sich laut einem Bericht des Berliner "Tagesspiegel" auf einen Großeinsatz mit über 500 Beamten vor.

Am Sonntagabend waren zunächst rund 500 rechte Demonstranten in Köthen eingetroffen, die durch die Stadt zum Spielplatz zogen. Ein späterer Bericht der Polizei sprach von insgesamt rund 2.500 Teilnehmern. Nach einer Kundgebung am Spielplatz machten sich die Demonstranten am Abend auf den Rückweg.

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Zuvor hatten knapp 100 Menschen in Köthen gegen rechte Hetze demonstriert. Sie waren dem Aufruf der Linken-Politikerin Henriette Quade gefolgt und hatten sich am Bahnhof versammelt. "Wo sich der Mob formiert, funken wir dazwischen", war auf Spruchbändern zu lesen.

Im nahen Dessau findet am Sonntag der Landesparteitag der "Alternative für Deutschland" Sachsen-Anhalt statt. Die Delegierten hielten eine Schweigeminute ab und gedachten dem Toten von Köthen.

Kann es in Köthen zu einem "zweiten Chemnitz" kommen?

Ob eine Situation wie zuletzt in Chemnitz entstehen könnte, dazu wollte sich die Polizei auf Anfrage von t-online.de nicht äußern. Auf Twitter am Sonntag zuvor mehrere Aufrufe zu einem Trauermarsch aufgetaucht. Ein Sprecher der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Ost erklärte t-online.de, dass man ein Auge auf die sozialen Medien habe und diese in die Lagebewertung mit einbeziehe. Die Polizei war am Abend mit mehreren hundert Beamten vor Ort. In Chemnitz waren die Beamten bei den ersten Ausschreitungen deutlich weniger präsent gewesen.

Zwischenfälle, die in Verbindung mit dem Tod des 22-Jährigen stehen, gibt es laut Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Ost bisher nicht. Linke und rechte Gruppen riefen am Sonntag zu Demonstrationen in Köthen auf. Die Polizei bereitete einen Großeinsatz vor.

In Chemnitz war vor zwei Wochen ein 35-jähriger Deutscher getötet worden. Zwei junge Männer sitzen in Untersuchungshaft. Sie stammen nach eigenen Angaben aus Syrien und dem Irak. Ein weiterer Verdächtiger wird noch von der Polizei gesucht. Seitdem gab es in Chemnitz mehrere fremdenfeindliche und teils aggressive Proteste. Tausende Menschen demonstrierten danach vor Ort gegen rechte Hetze und für Toleranz. Zu einem Konzert unter dem Motto "Wir sind mehr" kamen über 60.000 Menschen.

Wie reagieren die Politiker?

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) warnte vor einer Instrumentalisierung des Falls. "Bei aller Emotionalität ist jeder Versuch zurückzuweisen, aus Köthen, wie es im Internet heißt, ein zweites Chemnitz machen zu wollen", sagte er am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur. Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) habe geeignete Schritte eingeleitet, damit es dazu nicht komme. "Die Politik sollte diesen traurigen Anlass nicht instrumentalisieren", sagte Haseloff. Er sprach den Angehörigen des Toten im Namen der Landesregierung sein "tief empfundenes Beileid" aus.

Sachsen-Anhalts Innenminister Stahlknecht rief zur Besonnenheit auf. Er habe vollstes Verständnis für die Betroffenheit der Bürger, sagte der CDU-Politiker am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur. Trotzdem bitte er um Besonnenheit. Der Rechtsstaat werde alle Mittel konsequent einsetzen, Justiz und Polizei ermittelten in enger Abstimmung.

Sachsen-Anhalts Integrationsbeauftragte Susi Möbbeck (SPD) schrieb auf Twitter: "So Traurig. Ein Mensch ist gewaltsam zu Tode gekommen. Unsere Gedanken sind bei den Angehörigen." Und: "Gewalt ist immer und überall zu verurteilen. Zeit für Trauer. Zeit für Besonnenheit. Passt aufeinander auf."

Verwendete Quellen
  • dpa
  • Eigene Recherche
  • Pressemitteilung der Polizei zur Todesursache
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