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Stuttgart: TV-Sender kassiert Bußgeld für Hilfe an Verschwörungs-TV AUF1


AUF1 beklagt Bescheid
Rechter Sender jammert über hohes Bußgeld


Aktualisiert am 07.03.2024Lesedauer: 4 Min.
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195.007 Euro: AUF1 um den Chefredakteur Stefan Magnet hat einem Stuttgarter Sender diesen hohen Bußgeldbescheid eingebracht. (Quelle: Screenshot auf1.tv)

Der in der Corona-Zeit gestartete Sender AUF1 beklagt ein hohes Bußgeld. Zum Spendensammeln verschweigen die Macher lieber, dass der Bescheid gar nicht an das rechte Verschwörungs-TV gerichtet ist.

Die baden-württembergische Landesanstalt für Kommunikation (LfK) hat ein hohes Bußgeld gegen einen Stuttgarter Sender verhängt, der seine Sendelizenz dafür genutzt hat, Programmplätze zu verkaufen. Nutznießer war der in der Corona-Pandemie gegründete, weit rechte Sender AUF1, der offenbar ohne Kontrolle und Einflussnahme des Lizenzinhabers seine Sendungen ausstrahlen konnte. Doch AUF1 strickt daraus nun eine ganz andere Geschichte – um Spenden zu sammeln.

Andreas Retschitzegger will am Mittwoch Tränen in den Augen der Mitarbeiter in der Redaktion im österreichischen Linz gesehen haben. Er ist Generalsekretär von AUF1 und erzählte den Zuschauern mit belegter Stimme von "existenzbedrohendem Vorgehen gegen unseren Sender". Chefredakteur Stefan Magnet, einst Mitglied des neonazistischen Bundes freier Jugend (BfJ), präsentierte auch noch einen Ausschnitt des Bußgeldbescheids: Der Sender solle vernichtet werden, er bat dringend um Spenden. 195.007 Euro inklusive der 7 Euro für Auslagen seien laut dem Schreiben zu zahlen.

Allerdings nicht von AUF1.

Schwarz Rot Gold TV als Vehikel

Offenbar wird bewusst im Programm verschwiegen, gegen wen das Bußgeld verhängt wurde. Deutsche Medienanstalten können AUF1 gar nicht belangen: "Bei Sendern im Ausland haben wir keine Zuständigkeit", sagt ein Sprecher der LfK in Stuttgart t-online.

Die LfK richtet den Bußgeldbescheid – den genauen Betrag bestätigt die Medienanstalt nicht – gegen das Stuttgarter Unternehmen Schwarz Rot Gold TV GmbH. Die Firma wurde Ende 2020 gegründet, Geschäftsführer Wilfried Geissler und Prokuristin Sigrid Borst waren in der "Querdenker"-Szene aktiv, die frühere AfD-Landtagskandidatin Borst gehörte zu den ersten Helfern von Michael Ballweg und trug die Wortmarke "Querdenken" ein. Ihr neuer Sender, der heute als SRGT auftritt, kündigte an, die "mediale Corona-Darstellung als Propaganda" zu entlarven. Er erhielt im Sommer 2021 die Lizenz, über den Satelliten Astra ausstrahlen zu können.

"Media in res GmbH", Firma hinter dem Sender AUF1, ging eine Kooperation mit SRGT ein und zahlte dafür, ab September 2023 tagsüber europaweit senden zu können. Das Programm ist seitdem per Satellitenschüssel über SRGT zu empfangen. AUF1 verkündete das Geschäft selbst, und die Medienaufsicht konnte in Verträgen nachvollziehen, dass SRGT Geld erhielt, um AUF1 Sendezeit zu überlassen.

Nur: Die Sendelizenz ist damit verbunden, dass der "Veranstalter", also der Lizenzinhaber, auch die Kontrolle über die Inhalte hat – und nicht wie in dem Fall andere Sender einfach ihr Programm machen lässt. Der LfK-Sprecher: "Nur darum geht es, nicht um eine inhaltliche Bewertung der Themen dieser Inhalte."

Es geht um unzulässige "Themenplatzierung"

Im November wurde dem Sender SRGT von der Kommission für Zulassung und Aufsicht der Landesmedienanstalten (ZAK) daher verboten, weiter das AUF1-Programm einfach durchzuwinken. Es wurde ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet, das jetzt zum Bescheid geführt hat. Es betrifft den Zeitraum von Sendestart bis zum Verbot im November.

Der fragliche Tatbestand findet sich im Medienstaatsvertrag bei den Kennzeichnungspflichten, wo es heißt: "Schleichwerbung und Themenplatzierung sowie entsprechende Praktiken sind unzulässig." Dabei geht es darum, dass unzulässig Inhalte ins Programm geschmuggelt werden. Am bekanntesten ist etwa, dass die "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft" (INSM) über eine Agentur politische Botschaften in die ARD-Vorabendserie "Marienhof" einschmuggeln konnte.

AUF1 will seinen Zuschauern nun suggerieren, es sei um verbotene Inhalte gegangen. Tenor: Man habe Themen aufgegriffen, gegen die "Globalisten" etwas hätten. Richtig an dem Beitrag in eigener Sache ist lediglich, dass die "Horrorstrafe", wie Magnet das Bußgeld nennt, zwar "für das AUF1-Programm" verhängt wurde – aber eben nicht von AUF1 zu zahlen ist, sondern von SRGT. In der baden-württembergischen Aufsichtsbehörde gehen seit Mittwoch nun wütende Anrufe und unfreundliche Mails ein: AUF1 hat eine große Reichweite im Wut- und Hetze-Universum des Messengerdienstes Telegram, und dort wird dazu aufgefordert, der Medienaufsicht die Meinung zu sagen.

Bei der SRGT sagt Geschäftsführer Wilfried Geissler auf Anfrage von t-online, man sei wegen der juristischen Komplexität des Themas "unerlaubter Themenplatzierung" in Beratungen. Er nennt den Bescheid "existenzbedrohend" für sein Unternehmen. Er beantwortete nicht, ob Schwarz Rot Gold TV den Betrag von Magnet erstattet bekommen will oder ob sich beide Parteien die Buße teilen.

Deutscher Sender will Gespräch bei Medienaufsicht

Bisher ist der Bescheid nicht rechtskräftig, und Geissler hegt offenbar noch Hoffnung: Man habe einen Besprechungstermin bei der LfK erbeten. Fristgerecht in etwa zehn Tagen werde zu dem Bescheid Stellung genommen.

Die Summe könnte das viel bekanntere AUF1 dann schon längst von Zuschauern eingesammelt haben. Es existieren bereits Telegram-Postings, in denen Nutzer schreiben, dreistellig gespendet zu haben.

Zugleich läuft noch ein weiteres Verfahren, auch gegen SRGT: Nach dem Verbot setzte AUF1 zwar kurz aus. Danach sendeten die Österreicher aber wieder bei SRGT. Der Platz sei nun unentgeltlich überlassen worden, hieß es. "Das ist Gegenstand einer weiteren Prüfung", erklärt dazu die Aufsichtsbehörde. Die nächsten Bußgelder stehen im Raum. AUF1 und SRGT haben deshalb offenbar Konsequenzen gezogen: AUF1 ist nun bei Schwarz Rot Gold TV nicht mehr zu sehen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherechen
  • Anfragen an LfK, AUF1, SRGT
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