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Ukraine-Krieg: Putin erlebt katastrophalen Rückschlag


Krieg in der Ukraine
Putin erlebt schweren Rückschlag

Von Patrick Diekmann

Aktualisiert am 21.12.2022Lesedauer: 5 Min.
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Bachmut: In der seit Monaten umkämpften Stadt können ukrainische Truppen nun offenbar Erfolge erzielen. (Quelle: t-online)

Im Kampf um die ukrainische Stadt Bachmut gibt es katastrophale Rückschläge für Russland. Wladimir Putin muss reagieren. Aber wie?

Es ist mal wieder Feiertag in Russland – in einer Zeit, in der es angesichts des russischen Überfalls auf die Ukraine eigentlich kaum etwas zu feiern gibt. Am "Tag der Sicherheitskräfte" huldigen die Russen der Arbeit der Spione und Geheimdienstmitarbeiter.

Dieses Jahr jedoch rückte Kremlchef Wladimir Putin in den Fokus der Aufmerksamkeit. Mit überraschend ehrlichen Worten wandte er sich in einer Videoansprache ans Volk. Putin sprach von einer "schwierigen Situation" für Sicherheitsdienste in den annektierten Gebieten in der Ukraine. Er rief seine Geheimdienste dazu auf, gegen Sabotageakte und feindliche Geheimdienste vorzugehen.

Das zeigt: Putin hat noch immer keine Strategie, wie Russland die annektierten Gebiete kontrollieren sollte, selbst wenn seine Soldaten diese militärisch halten könnten. Zum anderen wird klar: Der Druck aus dem Ausland auf ihn wächst, sein Rückhalt bei einstigen Verbündeten wie Belarus und China bröckelt. Beides dürfte absehbar Konsequenzen für den weiteren Verlauf des Krieges haben – und könnte für Putin eine blutige Niederlage bedeuten.

Der Kampf um die annektierten Gebiete im Osten der Ukraine hat sich zuletzt stark zugespitzt. Und obwohl die ukrainische Bevölkerung die russische Herrschaft dort ablehnt, hält der Kreml am ursprünglichen Kriegsziel fest: Die Regionen sollen komplett erobert werden, aus Sicht von Putin gehören sie zu Russland.

Erfolge auf dieser Mission sind für Russland aber weiterhin nicht in Sicht, im Gegenteil. Der Kampf um die strategisch wichtige Stadt Bachmut im Osten der Ukraine steht exemplarisch für die russische Misere.

Monatelang ließ Putin immer mehr Soldaten in diesen Fleischwolf schicken – trotzdem gewannen zuletzt die ukrainischen Truppen dort die Oberhand. Putins Truppen geraten, so jedenfalls sieht es aus, in die Defensive.

Russische Misere im Kampf um Bachmut

Dafür spricht auch der Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, der unangekündigt am Dienstag bei den Truppen in Bachmut auftauchte. Beobachtern zufolge hätte er die Visite niemals gewagt, wenn die Ukraine den zeitnahen Verlust des wichtigen Verkehrsknotenpunkts befürchten würde.

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Für die ukrainischen Verteidiger wird Bachmut zu einem wichtigen, symbolischen Erfolg. Die Stadt stand monatelang im Bombenhagel, die russische Armee schickte zahlreiche Angriffswellen, versuchte die Stadt einzukesseln, und selbst die berüchtigte russische Söldnertruppe "Wagner" soll in die Kämpfe involviert gewesen sein. Ohne Erfolg, wie es nun scheint.

Für beide Seiten war der Blutzoll bislang hoch. Moskau sandte seine Soldaten zum Sturmangriff, aber auch die Ukraine musste ständig Nachschub und Verstärkung nach Bachmut schicken. Zwar konnte die russische Armee im November einige Ortschaften in der Region erobern, aber sobald es tatsächlich in den Häuserkampf ging, übernahm die Ukraine offenbar wieder die Initiative. Unklar ist, wie viele Soldaten tatsächlich in Bachmut starben, aber es dürften Tausende sein.

Aufgrund der hohen Verluste war es für beide Seiten schwer, sich zurückzuziehen. Auch die ukrainische Militärführung erwog, Bachmut aufzugeben. Aber es kam anders. Die Ukraine setzte ihre Gegenoffensive fort und rückt nun nördlich von Bachmut auf Kreminna vor. Wenn die ukrainische Armee diese Stadt zurückerobern kann, wird Bachmut strategisch als Verkehrsknotenpunkt aus militärischer Sicht wertlos.

Die Folge: Die russischen Truppen scheinen sich zurzeit östlich von Bachmut einzugraben, berichten unabhängige Kriegsbeobachter. Das heißt jedoch nicht, dass der Kreml den Kampf um Bachmut schon aufgegeben hat. Immerhin liegt die Stadt im Verwaltungsbezirk Donezk, jenem Gebiet, das Russland völkerrechtswidrig annektiert hat. Bislang kontrolliert es aber nur knapp 50 Prozent der Region. Weitere Offensiven sind demnach denkbar.

Fällt China Putin in den Rücken?

Dabei ist momentan völlig unklar, ob Russland in dem Abnutzungskrieg mit den aktuell verfügbaren Kräften und dem Material die Gebiete erobern kann, die Moskau für sich durch die Annexionen beansprucht. Die Liste der Niederlagen wird länger: Cherson musste bereits aufgegeben werden, die Ukraine greift die russische Infrastruktur in der Ukraine und in Russland an, und nun droht auch noch eine Misere in Bachmut.

Der russische Präsident braucht dringend symbolische Erfolge und muss aus militärischer Sicht dringend für Nachschub an Material und Soldaten sorgen. Laut Selenskyj seien bereits 100.000 russische Soldaten in dem Krieg gestorben. Selbst wenn die Zahl übertrieben ist, scheint eines klar zu sein: Der Einzug der 300.000 russischen Reservisten in diesem Jahr wird perspektivisch nicht ausreichen. Putin muss eigentlich handeln, wenn er seine Invasion weiterführen möchte.

Die russische Kriegswirtschaft müsste dafür dringend schneller Waffen, Ausrüstung und Munition nachproduzieren. Besonders große Probleme hat Russland gerade dabei, Halbleiter und Mikrochips zu beschaffen. 40 Prozent der gelieferten Chips aus China sollen defekt sein, und Peking soll zuletzt den Export chinesischer Prozessoren ins Ausland blockiert haben. Russische Medien erwarten bereits, dass Xi Jinping Putin das Messer in den Rücken rammen wird.

Unklar ist, wie Moskau diese Probleme lösen will, zumal der Westen weiterhin die Ukraine mit Material versorgt. Russische Medien berichteten, dass Putin noch in dieser Woche eine große Ankündigung plane. In Moskau wird vermutet, dass der Kremlchef seine Wirtschaft mehr auf Kriegsproduktion umstellen könnte. Das ist aber bisher nur ein Gerücht.

USA drohen mit modernem Flugabwehrsystem

Im Notfall könnte Putin sogar versuchen, das Vasallenregime in Belarus mit in den Krieg zu ziehen. Der russische Staatschef besuchte am Montag seinen belarussischen Amtskollegen Alexander Lukaschenko in Minsk. Aber aus militärischer Perspektive scheint die Drohung eines Angriffs aus dem Norden eher ein Ablenkungsmanöver zu sein.

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Lukaschenko hat eine zu schwache Armee, um in der Ukraine etwas ausrichten zu können. Außerdem ist auch in Belarus der russische Ukraine-Krieg äußerst unbeliebt; Lukaschenko müsste im eigenen Land einen Bürgerkrieg oder einen Putsch fürchten, wenn er Putin in diese Invasion folgte. Deshalb hat Russland Belarus bisher nur als Aufmarschgebiet für die eigenen Truppen und als Basis für Raketenangriffe auf die Ukraine genutzt.

Demnach sind russische Angriffe aus Belarus und auch auf Moldau derzeit eher unwahrscheinlich. Die russische Armee verfügt gegenwärtig über zu wenig Kräfte für weitere Fronten und ist schon mit den Kämpfen im Osten der Ukraine stellenweise überfordert. Zumal Moskau zuletzt immer wieder klarmachte: Der Fokus der russischen Operationen liegt momentan auf dem Donbass.

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Zuletzt verfolgte Putin den Plan, die ukrainische Bevölkerung mit Raketenterror gegen die zivile Infrastruktur zu zermürben. Auch dabei hat Russland die Widerstandsfähigkeit der Verteidiger unterschätzt, der Plan scheint nicht aufzugehen.

Im Angesicht der Raketenangriffe haben die USA außerdem eine rote Linie gezogen: Sollten diese Kriegsverbrechen weitergehen, erwägen sie die Lieferung des US-Flugabwehrsystems Patriot. Die modernste westliche Flug- und Raketenabwehr würde das Ringen um die Lufthoheit in der Ukraine maßgeblich zugunsten der Ukrainer verschieben.

Es ist eine klare Drohung an Putin, dem mit den aktuellen russischen Kräften im Einsatz nun immer mehr die militärischen Optionen ausgehen.

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