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Ukraine-Krieg | Russland opfert offenbar Flugzeuge für Gewinne im Osten


15 Abschüsse in wenigen Tagen
Experten: Russland opfert Flugzeuge für Vorstöße im Donbass


Aktualisiert am 03.03.2024Lesedauer: 4 Min.
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Ein russischer Suchoi Su-34 Jagdbomber. Der Ukraine gelang offenbar ein Abschuss auf russischem Staatsgebiet (Archivbild).Vergrößern des Bildes
Ein russischer Suchoi-Su-34 Jagdbomber (Archivbild): Die Ukraine hat in den vergangenen Wochen wohl zehn solcher Maschinen abgeschossen. (Quelle: MAXIM SHEMETOV)

Russland hat im Angriffskrieg gegen die Ukraine derzeit die Oberhand. Doch die Streitkräfte verlieren bei ihren Vorstößen Tausende Soldaten – und zuletzt erstaunlich viele Flugzeuge.

Russland rückt in der Ostukraine immer weiter vor. Seit der Eroberung Awdijiwkas Mitte Februar haben die russischen Truppen weitere Dörfer in der näheren Umgebung eingenommen. Dabei nehmen die Russen jedoch hohe Verluste in Kauf – nicht nur unter ihren Soldaten. Seit dem 17. Februar 2024 hat die Ukraine den Abschuss von insgesamt 15 Flugzeugen der russischen Luftwaffe gemeldet. Experten liefern eine erstaunliche Begründung dafür.

Zu Beginn der Invasion in die Ukraine im Februar 2022 setzte der Kreml seine Kampfflugzeuge direkt auf ukrainischem Territorium ein – und erlitt wegen der ukrainischen Luftverteidigung hohe Verluste. Dann änderte Russland seine Taktik: Kampfjets stiegen vor allem über eigenem Territorium auf, um von dort aus Raketen auf Ziele in der Ukraine abzuschießen. Nur selten drangen sie in den ukrainischen Luftraum ein, und dann nur in geringer Höhe und für kurze Zeit.

"Erheblicher Vorteil bei der Feuerkraft"

Laut der ukrainischen Militärdenkfabrik Centre for Defence Strategies ist es damit jedoch vorbei: "Der Feind hat die Angst vor dem Einsatz von Flugzeugen direkt über dem Schlachtfeld überwunden", schrieben die Analysten Ende Februar. Dabei müsse Russland zwar hohe Verluste bei seiner Luftwaffe in Kauf nehmen, doch die russischen Bodentruppen würden so einen "erheblichen Vorteil bei der Feuerkraft" gewinnen, so die Experten.

Video | Sturmbrigade filmt Vorstoß: Video zeigt Kämpfe aus nächster Nähe
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Quelle: reuters

Zu einer ähnlichen Einschätzung kommen die Militäranalysten der US-Denkfabrik Institute für the Study of War (ISW): "Die russischen Streitkräfte scheinen bereit zu sein, weitere Verluste in der Luftwaffe zu riskieren, um taktische Gewinne in der Ostukraine zu erzielen", heißt es im täglichen Ukraine-Lagebericht vom Samstag. Zuvor habe Russland auf Verluste bei seiner Luftwaffe stets mit einer Phase der Zurückhaltung beim Einsatz der Flugzeuge reagiert, so das ISW weiter. Ein solcher Effekt sei durch die zuletzt hohen Verluste jedoch nicht zu bemerken.

Auch der Militärexperte Gustav Gressel sagte im Interview mit t-online: "Ein Grund für diese Abschüsse ist, dass die russische Luftwaffe in den vergangenen Monaten in dem Krieg immer aktiver geworden ist." Laut seiner Einschätzung stellt die Ukraine der russischen Luftwaffe zudem "Hinterhalte". Das komplette Interview lesen Sie hier.

Awdijiwka: Ein Erfolg der Russen unter hohen Verlusten

Mitte Februar gelang den russischen Streitkräften mit der Eroberung der Kleinstadt Awdijiwka so ein mindestens symbolischer Erfolg. Die Stadt lag seit Beginn der Kampfhandlungen im Donbass im Jahr 2014 an der Frontlinie und war von der ukrainischen Armee zu einer Festung ausgebaut worden. Wegen akuten Munitionsmangels musste die Ukraine die Stadt letztlich aufgeben und sich zurückziehen. Besonders in den letzten Tagen vor der Eroberung soll Russland laut ISW-Einschätzung örtlich begrenzt eine Luftüberlegenheit gehabt haben.

In der monatelangen Schlacht hatte man der russischen Armee jedoch hohe Verluste zugefügt. Ein russischer Militärblogger berichtete von mindestens 16.000 Toten aufseiten Russlands in der Schlacht um Awdijiwka. Die Ukraine soll hingegen zwischen 5.000 und 7.000 Mann verloren haben. Unabhängig überprüfen lassen sich die Angaben nicht.

Video | Zwei Jahre Krieg in der Ukraine: So enorm sind die Verluste
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Quelle: t-online

Seitdem rückt Russland in dem Gebiet weiter vor, versucht das Momentum seines Erfolgs zu nutzen und die ukrainischen Truppen weiter zurückzudrängen. Dabei setzten die russischen Streitkräfte laut dem ISW erneut darauf, die Luftüberlegenheit wiederherzustellen, die sie bei der Eroberung Awdijiwkas innehatten. Man habe offenbar beschlossen, dass "die Fortsetzung der Offensivoperationen mit Luftunterstützung das Risiko des Verlusts weiterer Flugzeuge überwiegt", schreibt das ISW.

Russland verliert knapp 7.000 Soldaten binnen einer Woche

Doch auch das geht mit hohen Verlusten einher: Laut ukrainischen Angaben soll Russland allein binnen der vergangenen sieben Tage 6.980 Soldaten verloren haben. Dazu zählen sowohl Tote als auch Verletzte. Auch das lässt sich nicht unabhängig verifizieren.

Laut ukrainischen Militärangaben handelt es sich bei den 15 abgeschossenen Flugzeugen um zwölf Kampfjets des Typs Su-34, zwei Su-35-Kampfflugzeuge sowie ein seltenes Aufklärungsflugzeug des Typs A-50 (t-online berichtete).

Einen Monat zuvor hatte Russland bereits eines dieser strategisch wichtigen Flugzeuge verloren. Mehr dazu lesen Sie hier. Im vergangenen Jahr zerstörte zudem ein ukrainischer Drohnenangriff auf belarussischem Boden eine weitere A-50 der russischen Luftwaffe. Die Maschinen dienen der Überwachung des Luftraums über weite Entfernungen hinweg und bieten der russischen Luftwaffe wichtigen Schutz durch die Aufklärung von möglichen ukrainischen Luftverteidigungsmaßnahmen.

Russlands Strategie der "tausend Nadelstiche"

Die gemeldeten Verluste sind laut ISW "nicht unerheblich", da Russland binnen zwei Wochen vermutlich nicht nur 15 Flugzeuge verloren hat, sondern möglicherweise auch gut ausgebildete Piloten. Russland verfüge wohl noch über etwa 300 verschiedene Suchoi-Kampfflugzeuge, so die Militäranalysten.

Experten sind sich einig, dass Russland wegen seiner großen Bevölkerung deutliche Vorteile gegenüber der Ukraine hat, was die Mobilisierung von Soldaten angeht. Zudem liegt die Schwelle bei den russischen Streitkräften, bis zu der Verluste als akzeptabel gelten, wohl deutlich höher als auf ukrainischer Seite, schreibt die "New York Times" unter Berufung auf US-Beamte. Dennoch könnte sich die russische Strategie der Vorstöße unter hohen Verlusten mittel- bis langfristig als nachteilig herausstellen.

Der russische Militäranalyst Ruslan Puchow schreibt, dass Awdijiwka Teil einer russischen Strategie der "tausend Nadelstiche" gewesen sei. So versuchten die russischen Truppen entlang der gesamten Frontlinie den Druck auf die ukrainische Armee aufrechtzuerhalten. Damit solle die Ukraine offenbar "zermürbt" und dazu gebracht werden, Fehler zu begehen, die zu russischen Durchbrüchen führen könnten, so Puchow. "Diese Strategie ist jedoch für die russischen Streitkräfte sehr verlustreich und ressourcenintensiv und kann zu einem übermäßigen Kräfteverschleiß führen, der wiederum die Initiative zumindest teilweise auf die ukrainische Seite verlagern würde", schreibt der Analyst.

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