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Putin-Vertrauter in Prestigebau in Düsseldorf involviert


Direkt am Flughafen
Düsseldorfer Prestigebau startete mit Putin-Vertrautem


13.04.2024Lesedauer: 4 Min.
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Russlands Machthaber Wladimir Putin (l.) mit Sergei Schmatko: Der Sonderbeauftragte des Präsidenten hatte vor seinem Tod eine geschäftliche Verbindung zum Euref-Campus.Vergrößern des Bildes
Russlands Machthaber Wladimir Putin (l.) mit Sergei Schmatko: Der Sonderbeauftragte des Präsidenten hatte vor seinem Tod eine geschäftliche Verbindung zum Euref-Campus. (Quelle: ITAR-TASS/imago-images-bilder)

Der Euref-Campus in Düsseldorf ist ein Hunderte Millionen schweres Megaprojekt. t-online-Recherchen zeigen: Sein Bau war mit einem Sonderbeauftragten von Wladimir Putin verbunden.

Für Düsseldorf ist es ein Prestigeprojekt: Keine vier Monate mehr, dann sollen die ersten Mieter den 350 Millionen Euro schweren "Innovationscampus" der Euref AG beziehen. Versprochen sind rund 4.000 Arbeitsplätze auf 80.000 Quadratmetern in der Nähe des Flughafens. Nun zeigen Recherchen von t-online: Der Bau war in der Planungsphase mit einem Sonderbeauftragten von Wladimir Putin verbunden, dem ehemaligen Energieminister der Russischen Föderation, Sergei Schmatko.

Die Steinmeier-Connection

Demnach gründete die Euref AG für die Entwicklung des Ruhrgebiets-Campus in den Jahren 2018 und 2019 zwei Kommanditgesellschaften. An beiden beteiligte sich die EnergyEfficiencyInvest-Eurasia (Energy Eurasia) GmbH, deren Anteile Schmatko zur Hälfte hielt. Zweiter Gesellschafter des Berliner Unternehmens war ein enger Freund des heutigen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier (SPD): der ehemalige Chef der Deutschen Energie-Agentur (dena), Stephan Kohler. Beide verbindet eine lange Geschichte mit der Euref AG, die bis in Steinmeiers erste Amtszeit als Außenminister von 2005 bis 2009 zurückreicht.

Der gut in der SPD vernetzte Investor Reinhard Müller wollte damals den ersten Campus der Unternehmensgruppe in Berlin bauen, der 2012 schließlich eröffnet wurde. Als Zugpferd für ansiedlungswillige Unternehmen war ursprünglich eine stiftungsfinanzierte, aber nie realisierte "Energie-Universität" angedacht – in Medien kursierte als möglicher Sponsor der russische Staatskonzern Gazprom. Kohler unterstützte das Projekt als dena-Chef, Steinmeier kam zur öffentlichen Projektvorstellung. Anschließend begleiteten Kohler und Müller den Außenminister auf Delegationsreisen nach Russland.

Mit dabei auch ein weiterer Freund von Steinmeier: der heutige Euref-Aufsichtsratsvorsitzende Rüdiger Grube, damals noch als Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bahn. Bei einer der Reisen lernte Kohler laut Euref-Angaben seinen späteren Geschäftspartner Schmatko kennen.

Putins Sonderbeauftragter

Der war von 2008 bis 2012 russischer Energieminister. Anschließend ernannte Wladimir Putin ihn zum "Sonderbeauftragten des Präsidenten für die internationale Zusammenarbeit im Bereich der Elektrizitätswirtschaft". Er kehrte in staatliche Energiekonzerne wie den Stromnetzbetreiber Rosseti und das Öl-Pipelineunternehmen Transneft zurück und tätigte laut russischen Medien Investitionen mit anderen Kreml-nahen Oligarchen, unter anderem im Energiesektor.

Sein 2015 gemeinsam mit Kohler gegründetes Unternehmen investierte groß in Belarus – und stieg in das Düsseldorfer Megaprojekt ein. Das Engagement endete erst mit Kohlers überraschendem Tod Ende 2020. Schmatko starb ein Jahr später an Covid-19. Die Euref AG nahm zu Fragen von t-online binnen einer mehrtägigen Frist keine Stellung.

Die Pläne mit dem russischen Gas

Es ist nicht das erste Mal, dass die Verbindungen der Euref AG in die SPD und auch nach Russland auffällig werden: Gemeinsam mit Altkanzler Gerhard Schröder und Ministerpräsidentin Manuela Schwesig hob die Unternehmensgruppe in Mecklenburg-Vorpommern eine Landesklimainitiative namens "Wasserstoff-Hanse" aus der Taufe, die sich als Lobbyinstrument für Nord Stream 2 herausstellte. Aus dem russischen Gas sollte Wasserstoff produziert werden, aus dem Wasserstoff dann E-Fuel für die Schifffahrt.

Als die Anbahnung der Russlandgeschäfte durch t-online-Recherchen aufzufliegen drohte, zerschlug sich die Initiative. Noch immer versucht ein Untersuchungsausschuss des Landtags, die Vorgänge aufzuklären. Weitere Berichte von t-online deckten auf, dass die damalige Kanzlei des damaligen Landesenergieministers Christian Pegel (SPD) einen Auftrag im Zuge der Initiative erhielt und sich Euref ohne Ausschreibung um Landesmittel bemühte. Die Lobbyarbeit führte allerdings weit über Mecklenburg-Vorpommern hinaus.

Die Lobbyarbeit in Hamburg und NRW

Rüdiger Grube stieß als Aufsichtsratsvorsitzender der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) für eine geplante Expansion die Türen zum Hamburger Senat und schließlich zum Regierenden Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) auf – während Grubes Frau, die Promiköchin Cornelia Poletto, am Düsseldorfer Standort die Gastronomie übernahm. Dorthin lotste wiederum Schröders Frau, Soyeon Schröder-Kim, als Mitarbeiterin der NRW-Außenwirtschaftsförderung südkoreanische Schiffsbauunternehmen für mögliche Wasserstoffprojekte.

Auch der Ursprung der Euref AG im Ruhrgebiet führt über eine Schröder-Connection: den damaligen Vorstandsvorsitzenden der RAG-Stiftung Werner Müller. Der Energiemanager war ein enger Berater von Schröder und von 1998 bis 2002 auch Bundeswirtschaftsminister unter ihm. Er förderte Stephan Kohler und machte ihn schließlich zum Chef der dena. Mit seinem Wechsel zurück in die Energiewirtschaft galt er als einer der letzten Ruhrbarone. Müller war es auch, der laut Medienberichten seit 2016 versuchte, den Campus auf der Zeche Zollverein in Essen anzusiedeln.

Das ehrgeizige Projekt scheiterte schließlich wegen der Sorge, dass die Unesco der Zeche aufgrund der immensen Baupläne den Status als Weltkulturerbe entziehen könnte. Prüfungen hätten Hinweise auf eine Unvereinbarkeit mit den Anforderungen an ein Welterbe ergeben, teilten die Stiftung Zollverein und Euref schließlich Anfang 2019 in einer gemeinsamen Erklärung mit.

Das Genehmigungsverfahren war damals bereits vor dem Paukenschlag monatelang ins Stocken geraten. Dem Investor war das Prozedere offenbar zu schwergängig. Ansiedlungsinteressierten Unternehmen habe aufgrund der Unesco-Problematik keine Planungssicherheit garantiert werden können, hieß es in der damaligen Erklärung.

Eine Lösung für das Problem bot sich kurzfristig in Düsseldorf: Rund drei Monate nach dem Aus in Essen begrüßte der damalige SPD-Oberbürgermeister der Landeshauptstadt, der ehemalige Ruhrgas-Manager Thomas Geisel (jetzt Bündnis Sahra Wagenknecht), die Pläne, nun den Campus neben Flughafen und Flughafen-Bahnhof errichten zu wollen. Schon im November 2019 beschloss der Stadtrat den Verkauf der städtischen Grundstücke an die Euref AG. Die Kommunikation des Bürgermeisterbüros zum Projekt hält die Stadt Düsseldorf bislang komplett unter Verschluss.

Verwendete Quellen
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