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Bundesliga: Dem HSV droht das Jubiläums-Desaster


2. Bundesliga
Der Dino ist vom Aussterben bedroht

Von t-online
23.08.2012Lesedauer: 4 Min.
Die Spieler des HSV stehen vor einer schwierigen Saison.Vergrößern des BildesDie Spieler des HSV stehen vor einer schwierigen Saison. (Quelle: imago-images-bilder)
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Eine Kolumne von Johnny Giovanni

Im illustresten Reigen des Klubfußballs, der Siegerliste des Europapokals der Landesmeister aka Champions League, finden sich fünf Vereine, die man dort aus heutiger Sicht nicht vermuten würde. Steaua Bukarest (Sieger 1986) und Roter Stern Belgrad (1991) wurden durch Geographie und Politik ins zweite Glied versetzt, Aston Villa (1982) war ein One-Hit, Nottingham Forest (1979, 1980) ein Two-Hit-Wonder; beide verschwanden so schnell wieder in der Anonymität, wie sie aus ihr gekommen waren. Ansonsten stehen in dieser Liste nur Klubs, die groß waren und unverändert groß geblieben sind. Und außerdem noch der Hamburger SV.

1983, Athen, Finale gegen Juventus, das Tor von Felix Magath – es war der unvergessene Höhenpunkt der Klubgeschichte. Und der bis heute vorletzte Titel. Einmal wurde noch der DFB-Pokal gewonnen, aber der Finalsieg gegen Zweitligist Stuttgarter Kickers feierte dieses Jahr auch schon silbernes Jubiläum; er ist 25 Jahre her.

Es sieht düster aus für den HSV

2012 war schon nach der ersten Runde Schluss. Beim Drittliga-Klub Karlsruher SC unterlag der HSV mit 2:4. In den Berichten hieß es, er habe gekämpft, sei aber nicht mehr als gleichwertig gewesen. Für die am Wochenende beginnende 50. Bundesligasaison gilt deren einziges stetiges Mitglied als einer der Top-Abstiegskandidaten, und das hat nichts mit Häme aus München oder Bremen zu tun. Nirgends sind die Prognosen düsterer als in der Hansestadt selbst. Ein Drittel der Fans und viele HSV-Legenden sehen den Tabellen-15. der Vorsaison ab kommendem Sommer in der zweiten Liga.

Eigentlich stimmt alles...

So weit ist es also gekommen mit der Traditionsmarke schlechthin des deutschen Fußballs. Aber im Unterschied zu Belgrad und Bukarest, Villa und Forest gibt es keine Makro-Gründe für diesen Absturz. Weder ist die deutsche Liga zu klein (wie die serbische und rumänische), um im turbokommerzialisierten Fußball unserer Zeit mitzuhalten, noch gehört der Klub von Anhängern und Infrastruktur eher zur Mittelklasse seiner Nation (wie die beiden englischen Vereine).

Im Gegenteil: Der HSV ist eigentlich wie geschaffen für den modernen Fußball, weil er alles mitbringt, worauf es ankommt: Weiche Faktoren wie Tradition genauso wie die harten, etwa das finanzkräftige Umfeld an der Elbe, eine moderne Arena, die Anhängerschaft. Laut Uli Hoeneß wäre der HSV eigentlich der logische Rivale des FC Bayern.

Uwe Seeler - doch was kommt dann?

Die Geschichte stünde dem zumindest nicht im Wege. Der HSV stellte zum Liga-Einstand 1963/64 in Uwe Seeler den Torschützenkönig, nahm danach relativ regelmäßig am Europapokal teil, erreichte dort 1968 sein erstes Endspiel, um dann zwischen 1977 und 1983 endgültig zu explodieren, mit drei Meisterschaften und drei europäischen Finals. Damals galt er mit visionären Präsidenten wie Peter Krohn und geschickten Managern wie Günter Netzer als das Nonplusultra des deutschen Fußballs, weit vor den Bayern. Woher also der Absturz?

Das Kuriose: es ist gar nicht so genau zu sagen. Klar, ab den späten 1980ern gab es erst mal einen temporären Niedergang, aber damals war das ganze Geschäft noch volatiler, weil die finanziellen Unterschiede zwischen den Vereinen nicht so groß ausfielen wie heute. So gewaltig der HSV beim Aufbruch in die neue Zeitrechnung von Champions League und Bosman-Urteil noch hinterher hinken mochte – so massiver zog er dann in der Ära von Vorstandschef und Manager Bernd Hoffmann nach.

Ära Hoffmann der Wendepunkt

Die Hamburger wurden führend in vielen Bereichen der Kommerzialisierung. Ihnen beispielsweise ist es zu verdanken, dass die Stadien landauf landab jetzt so hübsche Sponsorennamen tragen – der HSV machte mit der AOL-Arena den Anfang. Dass der Partner aus der Softwarebranche kam, war durchaus folgerichtig. Es waren die Zeiten von New Economy und eines hemmungslosen Anything-Goes-Optimismus. Doch Jahre nach der Dot-Com-Blase platzte bei Hoffmanns Rücktritt 2011 auch die des HSV.

Dabei war durchaus vieles richtig gemacht worden. Für die intelligente Transferpolitik unter damaligen Sportdirektor Beiersdorfer gab es zurecht viel Lob. Und wahrscheinlich wäre alles ganz anders gekommen, hätte Hoffmann im Sommer 2008 seinen Willen und den damaligen Mainzer Trainer Jürgen Klopp bekommen. So aber entsprachen die Ergebnisse zu selten den Ambitionen. Nur einmal in Hoffmanns Ägide wurde die Champions League erreicht (2006), die Halbfinals in der Europa League (2009, 2010) sind im aktuellen Fußball keine allzu harte Währung. Entsprechend groß war der Schuldenstand, den Hoffmann hinterließ.

Hoffnungsträger van der Vaart

Seine Nachfolger sind entsprechend eingeschränkt, aber man hat andererseits auch nicht gerade das Gefühl, dass sie aus den verbliebenen Möglichkeiten das Meiste machen würden. Das vermeintliche Transfergenie Frank Arnesen ist bislang ebenso mehr Mythos als Realität wie der vermeintliche Sieger-Gen-Trainer Thorsten Fink. Und Klubchef Jarchow scheint vor allem darauf erpicht, möglichst tief unter dem Radar der Negativschlagzeilen zu bleiben. Heraus kommt dann, dass sich der einst so stolze HSV allen Ernstes bei einem geheimnisumwitterten Milliardär anbiedert, auf dass dieser seinen Privatfetisch Rafael van der Vaart zum Klub zurück holen möge.

Keine Ideen, kein Geld, keine Talente aus der spektakulär schwachen Nachwuchsabteilung. Das untere Mittelmaß des HSV scheint auf Jahre festgeschrieben. Wenn es überhaupt bei unterem Mittelmaß bleibt.

Geht der Dino unter?

Denn eigentlich ist der HSV nicht nur ein Abstiegskandidat. Er ist Abstiegskandidat Nummer Eins. Natürlich mögen Fürth, Augsburg oder Düsseldorf nominell noch etwas weniger Qualität im Kader haben, aber sie verfügen dafür über ein dankbares Umfeld, dass sich problemlos damit abfindet, wenn ihr Klub erst mal über zwei Drittel der Saison auf Platz 17 dümpelt. In Hamburg wird zumindest das nicht passieren. Zu einem Minimum an Selbstachtung verpflichtet so viel Tradition dann doch noch.

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