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Bayer Leverkusen – Bender spricht über seinen Ex-Klub Borussia Dortmund


Bayer-Star Sven Bender
"... ich kannte das in dieser Art auch nicht vom BVB"

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InterviewAus Zell am See berichtet Alexander Kohne

Aktualisiert am 27.07.2019Lesedauer: 6 Min.
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Glücklich in Leverkusen: Sven Bender spielt seit 2017 bei Bayer. Zuvor war er für Borussia Dortmund und 1860 München aktiv und absolvierte sieben Länderspiele für Deutschland.Vergrößern des Bildes
Glücklich in Leverkusen: Sven Bender spielt seit 2017 bei Bayer. Zuvor war er für Borussia Dortmund und 1860 München aktiv und absolvierte sieben Länderspiele für Deutschland. (Quelle: RHR-Foto/imago-images-bilder)

Ob Leisten-, Rippen- oder Kieferbruch – Leverkusens Sven Bender war so oft verletzt wie kaum ein zweiter Bundesligaprofi. Trotzdem blickt er auf eine beeindruckende Titelsammlung. Im Interview spricht Bender über Zweifel, Selbstmitleid, Klopp und Ex-Klub Dortmund.

Sven Bender hat fast alle Verletzungen durch, die man als Profifußballer haben kann. Der "Spiegel" schrieb über den mittlerweile 30-Jährigen: "Beruf Pechvogel". Trotzdem kämpfte sich der Defensivexperte immer wieder zurück, gewann mit Borussia Dortmund je zweimal Meisterschaft und DFB-Pokal. Im Interview erklärt der siebenmalige deutsche Nationalspieler seine mentale Stärke und blickt auf die neue Saison.

t-online.de: Herr Bender, viele Interviews mit Ihnen beginnen mit der Aufzählung Ihrer umfangreichen Verletzungshistorie. Nervt Sie das?

Sven Bender: Nein, denn ich schaue immer auf die positiven Sachen. Und das sind unter anderem die Spiele, die ich gemacht habe – vor allem die wichtigen. Da ist mittlerweile eine beachtliche Anzahl zusammengekommen (214 Bundesliga- und 44 Europapokalpartien, ein Champions League- und zwei DFB-Pokalendspiele, Anm. d. Red.). Von daher nehme ich das ganz locker. Aber die Frage ist natürlich legitim, denn es ist nicht so, dass ich diesbezüglich nichts gehabt habe.

Ob durch Muskelfaserrisse, Leisten-, Rippen- oder Kieferbrüche: Insgesamt haben Sie weit über 100 Spiele verletzungsbedingt verpasst, sind aber immer wieder zurückgekommen. Woher haben Sie die Kraft dazu genommen?

Das war schon nicht immer leicht – das gebe ich offen zu. Und ich habe natürlich auch mal gezweifelt und gedacht: Ist das hier noch der richtige Weg? Aber auch in diesen Momenten habe ich versucht, das Ganze irgendwie positiv zu sehen und mir selbst gesagt: Okay, das ist nun einmal so! Es wäre mir auch lieber, wenn auf dem Weg nicht so nicht so viele Steine liegen würden und so viele Umwege nötig wären. Aber daran zerbreche ich nicht!

Was hat Ihnen dabei besonders geholfen?

Natürlich meine Frau, mein Bruder und unsere Familie. Aber es gab auch Momente, in denen ich mich zurückgezogen und selber besser kennengelernt habe. Da habe ich die Situationen für mich analysiert und mir gesagt: Jetzt hast Du Dich selbst genug bemitleidet. Danach habe ich wieder von vorne angefangen.

Sie haben sich selbst bemitleidet? Das hätten Ihnen wahrscheinlich die wenigsten Leute zugetraut.

Ganz so schlimm, wie sich das anhört, war es auch nicht. Aber wenn eine Verletzung nach der anderem kommt, dann ist das einfach schwer. Das muss man erstmal verkraften. Man kann nicht selbst eingreifen, ist zum Zuschauen verdammt. Aber das darf einen nicht zu lange aufhalten – das meine ich mit "bemitleiden". Wenn man zu lange damit hadert, wird die Situation davon nicht besser.

Haben Sie zwischenzeitlich daran gezweifelt, dass Ihr Körper für die Belastungen des Profifußballs gemacht ist und ans Aufhören gedacht?

Nein. Dafür ist mein Körper schon gemacht, sonst hätte ich nicht über 300 Profispiele gemacht. Aber mir ist bewusst, dass ich mit einem unglaublichen Aufwand spiele. Das war schon von klein auf so. Für mich und meinen Bruder gab es nie die Option, weniger als 100 Prozent zu geben. Kloppo (Jürgen Klopp, der Bender sechs Jahre bei Borussia Dortmund trainiert hat, Anm. d. Red.) hat damals immer gesagt – und davon fühlte ich mich brutal angesprochen: "Wir springen heute nicht nur ein bisschen hoch, sondern so hoch, wie wir können." Immer am Limit. Und dieses Limit über all die Jahre, das laugt einfach. Dann nimmt sich der Körper irgendwann eine Auszeit – ob man das will oder nicht.

2021 läuft Ihr Vertrag in Leverkusen aus. Dann wären Sie 32 Jahre alt. Würden Sie Ihre aufwendige Spielweise umstellen, um so lange wie möglich Profi zu bleiben?

Nein, das ist keine Option. Ich werde bis zum letzten Tag als Profi Vollgas geben. Das ist einfach meine Spielweise. Die hat mich dahin gebracht, wo ich jetzt bin. Natürlich wird man über die Jahre ein bisschen cleverer, weil man Spielsituationen schon tausendmal gesehen hat und sie anders einschätzen kann. Das ist mit 30 anders als mit 20 Jahren. Aber ich werde meinen Spielstil nicht ändern. Ich werde definitiv einen Schlussstrich ziehen, wenn ich weiß, dass ich diese Spielweise nicht mehr umsetzen kann. Dann wäre wirklich der Moment gekommen, an dem ich sagen würde: Jetzt lasse ich es. Da wäre es völlig egal, ob ich 34, 35 oder 36 Jahre alt wäre.

Kommen wir zur neuen Saison. Bayer hat bereits 52 Millionen Euro in Neuzugänge investiert, aber mit Julian Brandt einen absoluten Leistungsträger verloren. Ist das Team stärker oder schwächer als in der Vorsaison?

Das werden wir sehen (lacht). Wir haben neben Julian auch Dominik Kohr abgegeben und mit Kerem Demirbay, Moussa Diaby und Daley Sinkgraven drei Spieler geholt. Natürlich haben wir uns gut verstärkt, aber trotzdem bin ich gespannt, was noch auf dem Transfermarkt passiert.

Klubboss Rudi Völler hat den DFB-Pokalsieg und die erneute Qualifikation für die Champions League als Ziele ausgerufen. Braucht Bayer dafür noch Neuzugänge?

Nein, nicht zwangsläufig. Aber es stehen in Bundesliga, Pokal und Champions League einfach sehr, sehr viele Spiele an. Und wenn man die Möglichkeit hat, gute Spieler zu bekommen, darf man sich dieser nicht verschließen. Das erleichtert einem die Phase mit sehr vielen Begegnungen – um in jedem Wettbewerb eine gute Rolle zu spielen.

Wer schließt denn die Lücke, die Brandt hinterlassen hat?

Julian eins zu eins zu ersetzen, ist nicht möglich. Er hat individuell einfach eine unglaubliche Qualität. Wir werden versuchen, das als Team aufzufangen. Wenn wir es auf mehrere Schultern verteilen, werden wir dadurch auch etwas schwerer ausrechenbar.


Sie sprachen zuvor Kerem Demirbay an. Mit 32 Millionen Euro ist er der teuerste Neuzugang der Klubgeschichte. Was ist er für ein Typ?

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Menschlich ist er eins a. Ich kenne ihn ja bereits aus Dortmund, da hat er damals bei den Amateuren gespielt, relativ häufig aber auch bei den Profis mittrainiert. Kerem ist eher ruhig, aber nicht verschlossen und hat sich sofort richtig gut eingebracht in die Truppe. Und fußballerisch hat er unfassbare Qualitäten. Der passt sehr gut rein bei uns und bringt uns auf jeden Fall weiter.

Gibt es einen jungen Spieler im Kader, dem Sie in dieser Saison den großen Durchbruch zutrauen?

Mit Moussa (Diaby, Anm. d. Red.) haben wir einen technisch richtig guten Spieler dazubekommen. Der ist dazu sehr schnell und quirlig – es hat mich schon überrascht, was da für eine Granate kam. Paulinho hat sich ein Jahr angepasst ans Training und an die Liga und er will jetzt den nächsten Schritt machen. Dass er es draufhat, wissen wir alle, weil er es im Training oft genug bewiesen hat. Jetzt hoffe ich, dass er es in den Spielen aufs Feld bringt.

Trotz 52 Millionen Euro für Transfers liegt Bayer in dieser Kategorie deutlich hinter Bayern München (118 Millionen Euro) und Dortmund (127 Millionen). Hat Leverkusen dennoch eine Chance, die beiden anzugreifen oder spielen sie in einer eigenen Liga?

Daran möchte ich jetzt noch nicht denken. Die Saison muss jetzt erstmal losgehen. Wir wollen besser starten als in den vergangenen beiden Jahren. Dortmund hat in jedem Fall extrem aufgerüstet und sehr, sehr krass investiert. Die haben sich extrem verstärkt.

Hat Sie das überrascht?

Ja, ich kannte das in dieser Art auch noch nicht vom BVB. Sie haben sehr interessante Spieler geholt. Dortmund ist auf jeden Fall breit und gut aufgestellt. Ich bin wirklich gespannt, was da in diesem Jahr passiert.


Hat der BVB den Abstand zu Bayern verkürzt?

Das wird die Saison zeigen, aber die Voraussetzungen dafür sind ganz gut.

Und wer wird Meister?

Da tippe ich dieses Jahr auf Dortmund.

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