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Robert Huth - Abräumer auf dem Abstellgleis


"The Berlin Wall" muss mit zur WM
Robert Huth - Abräumer auf dem Abstellgleis

t-online, rdsc

19.12.2013Lesedauer: 4 Min.
Wenn Robert Huth (re.) energisch zum Ball geht, nehmen sich sogar Weltstars wie Sergio Aguero von ManCity in Acht.Vergrößern des BildesWenn Robert Huth (re.) energisch zum Ball geht, nehmen sich sogar Weltstars wie Sergio Aguero von ManCity in Acht. (Quelle: Sportimage/imago-images-bilder)
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Zu den Spielern mit hohem Ansehen gehört "Deutschlands vergessener Sohn" Robert Huth wahrlich nicht. Die Geschichte des mittlerweile 29-jährigen Verteidigers vom englischen Erstligisten Stoke City liest sich wie ein Buch mit sieben Siegeln: Als junges Talent auf die Insel, als gestandener Profi verschollen im Dunstkreis von Per Mertesacker, Mesut Özil & Co. Die "Bild" witzelte damals über den ehemaligen Nationalspieler und bezeichnete ihn als "grobmotorischen, ungelenken Exoten", in England hingehen genießt "The Berlin Wall" als eisenharter Abräumer bis heute allerhöchsten Respekt.

Seine Laufbahn begann vielversprechend: Bereits mit 16 Jahren wechselte Huth von Union Berlins U17 zur Chelsea-Jugend. In England versprach er sich 2001 die bessere Jugendförderung - der Plan ging auf. Nur ein Jahr später schaffte der 1,91-Meter-Hüne unter Trainer Claudio Ranieri den Sprung in den Profikader der Blues und absolvierte 26 Ligaspiele. Schnell avancierte "Huuuuuth" bei den Fans zum Publikumsliebling.

Huth galt 2006 als Hoffnungsträger

2004 gab er mit 20 unter Jürgen Klinsmann sein Länderspiel-Debüt gegen Österreich. Beim Confed-Cup 2005 wurde er zum Stammspieler, sein Potential war riesig. Er kam auf fünf Einsätze, sein erstes Länderspiel-Tor gelang ihm beim 4:3-Sieg gegen Mexiko im Spiel um Platz drei. Doch seine Leistungen schwankten mehr und mehr und die Kritik in der Boulevard-Presse wurde lauter. Seine durchwachsene Vorstellung im ersten Gruppenspiel gegen Australien sowie seine Rote Karte im Freundschaftsspiel gegen Nordirland taten ihr Übriges.

Bei der Heim-WM 2006 galt Huth unter Joachim Löw dennoch als neuer deutscher Hoffnungsträger. Er kam bei den Fans mit seiner rauen, aber ehrlichen Art an und wurde schnell zur Kultfigur. Er zählte zum erweiterten WM-Kader, doch auf dem Platz stand er lediglich bei der Eröffnungspartie gegen Ecuador. Huth glänzte vor allem bei den Zweikampfwerten - dennoch blieb es nur bei einem einzigen WM-Spiel.

Von Chelsea in die Mittelmäßigkeit

Und auch auf Vereinsebene geriet er im Starensemble der Blues unter seinem damaligen Trainer José Mourinho immer mehr ins Abseits. Nach 43 Einsätzen für die Londoner war Schluss, seine ungestüme Art kam bei "The Special One" nicht an. Noch im WM-Jahr wechselte er zum Liga-Konkurrenten FC Middlesbrough und blieb drei Jahre.

Und so verlor ihn auch Löw immer mehr aus den Augen. 2009 kam der 19-malige Nationalspieler zu seinem bis dato letzten Länderspiel gegen die Vereinigten Arabischen Emirate. Das Ende seiner kurzen Nationalmannschaftskarriere. In einem Interview mit der "Zeit" wurde er im WM-Jahr gefragt, ob er sich manchmal wie ein Elefant im Porzellanladen benehme. Huth antwortete: "Ja, ich bin schon ein bisschen ungeschickt. Normalerweise haue ich immer ein Glas um oder stoße mir das Knie an einer Ecke. Ernsthaft verletzt habe ich mich aber nie dabei, es gingen immer nur Gegenstände kaputt."

In England "Top", in Deutschland ein "Flop"

Seit seinem Wechsel zu Stoke City im Jahr 2009 gehört Huth zu den kompromisslosesten Innenverteidigern der englischen Liga. "Wenn Robert in der Bundesliga spielen würde, wäre er schon längst wieder Nationalspieler. Herr Löw sieht wohl zu wenige Stoke-Spiele", sagte sein damaliger Coach Tony Pulis im Dezember 2010.

Aufgrund seiner unerschrockenen Art musste Huth seiner Gesundheit bereits mehrfach Tribut zollen. In der Saison 2012/13 wurde er im Spiel gegen Wigan Athletic nach einem Kopfballduell mit 28 Stichen genäht. Anschließend kehrte er mit einem Turban auf den Rasen zurück und spielte durch. "Weniger als sechs Stiche gelten hier fast als Schwalbe", so Huth. Der "Focus" titelte damals: "Der härteste Verteidiger der Welt ist ein Deutscher".

Huth scheint für die als sehr körperbetont bekannte Premier League wie gemacht zu sein. Wo er hingeht, da wächst kein Gras mehr. Sogar eine Hirnhautentzündung konnte ihn im August 2012 nicht stoppen. "Ich dachte, es sei der Jetlag", beschrieb er in der "Bild" damals die Symptome der gefährlichen Virus-Infektion. Er blieb ein paar Tage im Hospital, gab aber bereits im nächsten Liga-Spiel sein überraschendes Comeback. "Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass Huth Citys Geheimwaffe ist", schrieb damals der "Daily Star", "aber er ist trotzdem nicht zu stoppen".

In Deutschland hingegen ist die Spezies des arbeitenden Abräumers einfach nicht mehr gefragt: Mats Hummels, Benedikt Höwedes oder Mertesacker gehören alle zur Gattung des modernen Innenverteidigers. Sie sind die ersten Spielmacher des Teams, müssen passsicher und technisch versiert sein. Und Löw schob Huth schon immer in die Schublade der fußballerisch limitierten Kandidaten. Soviel zu den heimischen Lorbeeren.

Warum nicht Huth statt Westermann?

Eine Chance auf die WM wird er daher wohl nicht bekommen. Auch nicht im erweiterten Kader. Dabei ist Huth ein kopfballstarker Kämpfer, robust wie kein anderer, ruhig und besonnen. Keiner der aufmuckt und einer, der sich voll reinhängt. Vielleicht sogar einer, der endlich mal Italiens Schreckgespenst Mario Balotelli Paroli bieten könnte.

Sein Marktwert beträgt derzeit laut "transfermarkt.de" acht Millionen Euro. HSV-Verteidiger Heiko Westermann, der wohl im erweiterten WM-Kader von Löw stehen wird, kommt auf fünf Millionen und spielt derzeit alles andere als eine gute Saison. Huth ist zweimaliger englischer Meister und bringt die Erfahrung aus 241 Spielen in einer der härtesten Ligen mit und spielt am laufenden Band gegen internationale Topstars. Huth im Austausch mit Westermann wäre demnach ein nur allzu fairer Deal.

Huth momentan am Knie verletzt

Derzeit ist der unumstrittene Stammspieler den "Potters" allerdings außer Gefecht gesetzt. Ende November dieses Jahres zog sich Huth im Ligaspiel beim 2:0 gegen den FC Sunderland eine Meniskusverletzung im rechten Knie zu. Eine OP war unumgänglich. Bis zu seiner Auswechslung kurz vor Spielende hatte Huth in zwölf Partien am Stück keine einzige Minute der laufenden Saison verpasst. Nun fehlt der unumstrittene Stammspieler den "Potters" seit vier Spieltagen und wird frühestens Mitte Januar zurückkehren.

Erst kürzlich hat der Berliner seinen Kontrakt bei Stoke bis 2016 verlängert. Kein Zweifel, er fühlt sich wohl in seiner Wahlheimat: "Stellen Sie sich einen freundlichen Klub vor, in dessen Stadion eine warme und herzliche Atmosphäre herrscht. Einen Klub, der gut zu dieser hübschen Stadt passt, die ein echter Touristenmagnet ist. Ein toller Ort mit schönen Pubs und Bars und mit netten Leuten, die jederzeit hilfsbereit und zuvorkommend sind. Und nun stellen Sie sich das Gegenteil vor. Das ist Stoke", sagte er 2013 in einem Interview.

Auch das passt zu Huth, der gern Teil eines eher unbedeutenden Mittelklasse-Vereins ist. Aber dafür ist er es mit Leib und Seele.

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