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Prinzessin Kate | Verschwörungstheorien: Was steckt dahinter?


Experte über Prinzessin Kate
"Es wird eine rote Linie überschritten"


Aktualisiert am 26.03.2024Lesedauer: 4 Min.
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Prinzessin Kate: Sie ist an Krebs erkrankt.Vergrößern des Bildes
Prinzessin Kate: Sie ist an Krebs erkrankt. (Quelle: Andrew Milligan/PA Wire/dpa/dpa-bilder)

Seit Monaten ranken sich Gerüchte um Prinzessin Kates Gesundheitszustand. Auch nach Bekanntgabe ihrer Krebsdiagnose nehmen diese nicht ab. Ein Experte erklärt bei t-online, was hinter dem Phänomen steckt.

Nachdem Prinzessin Kate sich im Januar nach einer Bauchoperation aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hatte, wurde weltweit über ihren Zustand und die Hintergründe für den Eingriff gemutmaßt. Als dann noch ein retuschiertes Foto von der 42-Jährigen und ihren drei Kindern am britischen Muttertag veröffentlicht wurde, eskalierten die Spekulationen. Mehr dazu lesen Sie hier.

Dass die Frau von Prinz William am Freitag schließlich selbst Klarheit schaffte und ihre Krebsdiagnose öffentlich machte, stoppte dieses Phänomen nicht – im Gegenteil. Weiterhin sprießen zahlreiche neue Verschwörungstheorien um Prinzessin Kate.

Video | Prinzessin Kate enthüllt Krebsdiagnose
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Quelle: reuters

Marko Kovic ist Experte für Cyberpsychologie und Verschwörungserzählungen und erklärt, die Faszination, die von ihnen ausgehen, welche Rolle soziale Medien und Künstliche Intelligenz spielen und warum vor allem das britische Königshaus davon betroffen ist.

Marko Kovic

Der Sozialwissenschaftler, der Politikwissenschaften studiert und in Kommunikationswissenschaften promoviert hat, erforscht heute unter anderem Cyberpsychologie und Verschwörungstheorien.

t-online: Woher kommt dieser Überbietungswettbewerb der Verschwörungserzählungen im Internet?

Marko Kovic: Eine Kombination von Faktoren trägt zum perfekten Verschwörungssturm bei: Die Lust auf spannende Geschichten; das Gefühl, selber mittendrin in der Story zu sein und zu den Leuten zu gehören, die "selber recherchieren"; die Globalisierung von Verschwörungserzählungen über Social Media und ein allgemeiner Zynismus gegenüber Institutionen und Eliten.

Tragen die Algorithmen von TikTok eine Mitschuld?

TikTok verdient nicht übermäßiges Bashing. Die Algorithmen auf TikTok tragen natürlich das ihre zur Verbreitung von Humbug bei, aber das tun Algorithmen von Instagram und X genauso. Alle Social-Media-Organisationen wollen User-Engagement maximieren, also dass der Nutzer möglichst viele Beiträge sieht, kommentiert und schreibt. Das funktioniert mit Inhalten am besten, die emotional bewegen und viral gehen. Oft sind solche Inhalte Fehlinformationen.


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Im Ozean des Online-Contents hat nur eine Chance, was besonders schockiert, wütend macht, oder allgemeiner: Was aus der Menge heraussticht.


Marko Kovic


Welche Rolle spielen die Mechanismen der Aufmerksamkeitsökonomie?

In den letzten rund zehn Jahren haben wir eine Brutalisierung der Aufmerksamkeitsökonomie erlebt. Der kooperative Wettbewerb um das bessere Argument weicht zunehmend dem bloßen Wettbewerb um Aufmerksamkeit. Fast jedes Mittel ist recht. Im Ozean der Online-Inhalte hat nur eine Chance, was besonders schockiert, wütend macht, Angst macht oder allgemeiner: Was aus der Menge heraussticht.

Hinterfragen Menschen Bilder, Videos oder Berichte aus institutionellen Quellen heutzutage mehr als früher?

Ich denke, dass Menschen heute eher skeptisch sind, wenn sie Inhalte aus etablierten, institutionellen Quellen rezipieren. Kritisches Hinterfragen von Quellen ist an und für sich gut. Das Problem ist meines Erachtens aber, dass die Kritik oft nur selektiv ausfällt: Wenn Inhalte das, was man glauben will, stützen, akzeptiert man sie unreflektiert. Wenn Inhalte stattdessen dem, was man glauben will, widersprechen, tilgt man diese Dissonanz mit einer pauschalen, inhaltlich ebenfalls unreflektierten Ablehnung.

Geht der "Verschwörungstrend" mit einer Vertrauenskrise in den traditionellen Medien einher?

Generell zeigt sich, dass Vertrauen in journalistische Medien seit Jahren abnimmt. Parallel dazu nutzen immer weniger Menschen überhaupt journalistische Medien als Informationsquelle. Das dominante Deutungsmuster in der Verschwörungsdenkweise ist zudem die Überzeugung, dass man "Mainstream-Medien" pauschal und grundsätzlich nicht vertrauen dürfe. Solche Entwicklungen und Einstellungen begünstigen die Verbreitung von Fehlinformationen.

Was können Betroffene, wie in diesem Fall Prinzessin Kate und das Königshaus, tun, um diesen Gerüchten Einhalt zu gebieten?

Es ist nicht einfach, die richtigen Mittel zu finden, denn der Mob macht und glaubt, was der Mob machen und glauben will. Tendenziell ist es ratsam, wenn möglich Transparenz zu schaffen und keine Angriffsfläche für Verschwörungstheorien zu bieten. Aber auch das ist keine Garantie, denn Paranoia sucht sich immer neue Wege. Nachdem Prinzessin Kate ihr Krebsleiden publik gemacht hatte, entstanden zahlreiche neue Verschwörungstheorien: Die Covid-Impfung habe bei ihr "Turbo-Krebs" ausgelöst; das sei gar nicht Prinzessin Kate gewesen, sondern ein Double oder Künstliche Intelligenz.


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Andererseits war der Verschwörungshype zu Kate Middleton eine Art lagerübergreifende Jagd.


Marko Kovic


Was macht den Fall der britischen Prinzessin so besonders?

Prinzessin Kate hat einerseits ungemein viel auf die Person gerichtete Häme erfahren. Andererseits war der Verschwörungshype in Bezug auf sie eine Art lagerübergreifende Jagd. Von links bis rechts haben sich sehr viele Menschen an den Spekulationen und Falschnachrichten zu Middleton beteiligt und erfreut. Auch, weil Verschwörungstheorien zum britischen Königshaus Tradition haben und fast so etwas wie ein globaler Volkssport geworden sind.

Stichwort Künstliche Intelligenz, fortschrittlichere Bildbearbeitungssoftware, Deep Fakes: Kommt das menschliche Gehirn nicht mehr mit und vertraut auch deshalb den vermeintlich einfacheren Erklärungen?

Fälschungen durch Künstliche Intelligenz können grundsätzlich zwar schon technisch beeindruckend sein, aber sie sind in der Praxis nach wie vor weitgehend Trash. Das Problem sind nicht hochprofessionelle Fakes, sondern die gigantische Flut an KI-Schrott, mit dem das Internet geflutet wird. Facebook beispielsweise mutiert zu einem großen Köder für ältere Leute, die unreflektiert KI-Trashbilder für echt halten und mit ihnen interagieren. Wir alle sind systematisch irrational und haben Dutzende gut dokumentierter Denkfehler, sogenannte kognitive Verzerrungen. Sie kommen heute einfach stärker zu tragen als früher, weil das Kommunikationsumfeld heute eine totale, nie endende Reizüberflutung ist.

Wie sehr befeuern diese technischen Neuerungen das "Verschwörungsbusiness"?

Dank technischer Neuerungen wie generativer KI wird es für böswillige Akteure immer einfacher, Desinformation wie Verschwörungserzählungen herzustellen und großflächig zu streuen. "Flood the Zone with Shit", und irgendetwas bleibt sicher hängen. [Anmerkung der Redaktion: "Flood the Zone with Shit" bedeutet sinngemäß: Überflute die Leute mit unsinnigem, hetzerischem, absurdem, faktenverdrehendem, aber für Uninformierte glaubwürdigem Zeug.]

Was macht das mit den Betroffenen – vor allem, wenn man, so wie Prinz William, bereits in frühester Kindheit mit negativen Auswirkungen medialer Kampagnen konfrontiert wurde?

Ich selber habe weder Sympathien für Aristokratie im Allgemeinen noch für die britischen Royals im Besonderen. Es ist legitim, Menschen, die Privilegien genießen und Machtpositionen innehaben, öffentlich und intensiv zu kritisieren. Wenn Kritik aber zu hämischen Verschwörungsfantasien verklumpt und gar kein Raum mehr für rationale Argumente ist, wird eine rote Linie des zivilisierten gesellschaftlichen Miteinanders überschritten. Die gesellschaftlichen Verhältnisse verbessern sich für niemanden, wenn einzelne Eliteangehörige aus der Ferne gemobbt werden.

Verwendete Quellen
  • Eigenes Interview mit Marko Kovic
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