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Putins Propagandapuppe Steven Seagal: Mehr als nur Freundschaft


Putins Propagandapuppe
Alarmstufe Rot

  • Steven Sowa
Von Steven Sowa

Aktualisiert am 02.03.2023Lesedauer: 4 Min.
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Steven Seagal: Er war mal ein Schauspieler, heute agiert er als Propagandist für den Kreml.Vergrößern des Bildes
Steven Seagal: Er war mal ein Schauspieler, heute agiert er als Propagandist für den Kreml. (Quelle: Clive Mason/Getty Images)

Steven Seagal ist ein prominenter Kremlpropagandist. Dafür hat Putin ihm jetzt einen Orden überreicht. Doch die beiden Männer verbindet viel mehr als das.

Sie sind ein Jahrgang und haben beide ein Faible für Kampfkünste: Wladimir Putin und Steven Seagal. Dieses auf den ersten Blick so ungleiche Duo steht sich aber noch viel näher, als es die offensichtlichen Gemeinsamkeiten erahnen lassen. Der russische Präsident hat in dem ehemaligen US-Schauspieler einen Bruder im Geiste gefunden. Einen Mann, der genauso widersprüchlich ist wie er selbst.

Denn der in Michigan geborene Seagal irrt schon seit Jahrzehnten offenbar orientierungslos durch die (Film-)Welt. Auch wenn er das selbst sicher anders sehen würde, schließlich sagte er einst im Brustton der Überzeugung: "Jeder große Krieger ist auch ein Gelehrter, ein Dichter und ein Künstler." Dazu passend machte er sich mit B-Movies einen Namen, mutierte in den Achtzigern und Neunzigern zur filmgewordenen Abrissbirne. Seine Filmtitel, eine einzige Gewaltorgie: "Hard to Kill", "Zum Töten freigegeben", "Today You Die", "Driven to Kill – Zur Rache verdammt" und natürlich "Alarmstufe: Rot".

Seagal und die Widersprüche

Zugleich ist er Anhänger des tibetischen Buddhismus. Also einer Lehre, die das Ideal der Gewaltlosigkeit verbreitet. Steven Seagal ist außerdem Vegetarier, setzt sich für Tier- und Naturschutz sowie für die Menschenrechte der amerikanischen Ureinwohner ein. 1999 ehrte ihn die Organisation Peta für sein Engagement zum Schutz von Elefanten. Der Hüne mit dem markanten Zopf spielt Gitarre, singt in seinen Countrysongs vom "Streben nach Harmonie".

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Auf der anderen Seite wäre da der Hansdampf in allen Gassen, der Macho-Seagal. Er bricht Sean Connery am Filmset das Handgelenk, schleudert einen Stuntman gegen die Wand und tritt 2010 nach einer internen Untersuchung wegen Menschenhandels und versuchter Vergewaltigung von seinem Job als Mitglied eines Sheriffbüros in Louisiana zurück.

2017 gerät Steven Seagal in die Schlagzeilen, weil ihm mehrere Frauen sexuelle Belästigung und Missbrauch vorwerfen. Die Schauspielerin Portia de Rossi hatte ihn beschuldigt, während einer Probe den Reißverschluss seiner Hose vor ihr heruntergezogen zu haben. Ein Jahr später gibt eine Frau an, 1993 als 18-Jährige von Seagal vergewaltigt worden zu sein. Wegen Verjährung kam es nie zu einer Anklage. Seagal bestreitet die Vorwürfe – und verlässt 2018 abrupt das Interview mit einer BBC-Moderatorin, als diese ihn auf die Anschuldigungen anspricht.

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Seine Karriere als Actionstar ist da längst Geschichte, schon Ende der Neunzigerjahre gibt es kaum noch Rollen für Seagal. In den USA wird er nicht mehr gebraucht, seine Filme gelten als Kassengift, also sucht er sein Heil im Osten. 2016 erhält Steven Seagal die serbische Staatsbürgerschaft, noch im selben Jahr verleiht ihm Putin den russischen Pass.

Bilder davon gehen um die Welt. Für den russischen Präsidenten sind sie feinstes Propagandamaterial, ganz nach dem Motto: Hier, seht her, der Hollywoodstar will Russe sein. Seitdem spannt Putin sein US-Geschenk immer wieder für seine Zwecke ein, macht Seagal zum Propagandawerkzeug.

So auch jetzt. Am Montag hat er Steven Seagal mit dem "Orden der Freundschaft" ausgezeichnet. Die Ehrung erhalte er für seinen "großen Beitrag zur Entwicklung internationaler kultureller und humanitärer Zusammenarbeit". Was deutsche Politiker wie Matthias Platzeck oder Erwin Sellering nach Kriegsausbruch in der Ukraine zurückgegeben haben, denn auch sie bekamen einst diesen Orden verliehen, nimmt Steven Seagal ein Jahr nach der russischen Invasion mit Kusshand entgegen.

Selbst Gérard Depardieu oder Silvio Berlusconi distanzieren sich

Damit ist Seagal einer der letzten verbliebenen Kreml-treuen Promis des Westens. Schließlich pflegte Putin einst auch Freundschaften zu Berühmtheiten wie Gérard Depardieu, Silvio Berlusconi oder Oliver Stone. Doch seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine wenden sich alle mehr oder weniger deutlich von dem Despoten ab, verurteilen die Aggression Russlands. Steven Seagal aber bleibt brav auf Kremllinie.

Dabei ist sich der 70-Jährige auch nicht zu schade, Russlands Vorgehen in der Ukraine zu verteidigen. Im vergangenen August besuchte der 70-Jährige die ostukrainische Region Donezk und traf sich dort auch mit dem Verantwortlichen der prorussischen Separatisten, Denis Puschilin, um diesem seine Unterstützung zuzusichern. Propagandaauftritte wie diese reihen sich ein in eine inzwischen ganze Vielzahl an ähnlichen Kuriositäten Seagals.

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Zu Putins 70. Geburtstag im vergangenen Oktober nahm Seagal, der inzwischen in Russland lebt, ein Video auf, in dem er Putin als "einen der größten Anführer der Welt" bezeichnete. Videos wie diese sind längst keine Seltenheit mehr. Auch im Staatsfernsehen ist Seagal ein gern gesehener Gast.

Nach fast sechs Monaten Krieg besuchte er zum Beispiel die Fernsehshow des Putin-Propagandisten Wladimir Solowjow. Dort durfte Seagal dann Sätze wie aus dem Kremlhandbuch zum Besten geben: "Ich studiere diesen Konflikt und beobachte eine große Menge an lügnerischen Nachrichten", ist einer davon. Ein anderer lautet: "Fake News sind schlimmer als Atomwaffen."

"Weil ich Russe bin, das ist meine Heimat"

Ein andermal fragt Solowjow ihn: "Viele Kulturschaffende flohen nach dem 24. Februar so schnell sie konnten aus Russland. Sie allerdings sind wieder da! Warum?" Und Seagal antwortet: "Weil ich Russe bin. Das ist meine Heimat." Seltsamerweise sagt er das nicht auf Russisch, sondern in seiner englischen Muttersprache.

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Der Moderator ist zufrieden mit Seagals Darbietung: "Mir gefällt diese Antwort", antwortet er in ernstem Tonfall. Wladimir Putin dürfte das ähnlich sehen – und sich auch deshalb ein halbes Jahr später zu der öffentlichkeitswirksamen Verleihung des Freundschaftsordens entschlossen haben.

Denn noch etwas scheint die beiden Männer zu verbinden: Von der Weltöffentlichkeit geschmäht, bleibt ihnen nur die Flucht nach vorne. Für Putin bedeutet das ein Signal gen Westen: Mit Seagal trompetet er seine Propaganda bis nach Hollywood. Für Seagal ist es umgekehrt: Der Osten ist nun seine einzig verbliebene Karriereoption. Wenigstens Putin verschafft ihm noch ein bisschen Rampenlicht. Und so treffen sich die beiden eben in der Mitte, führen auf ihrer kleinen Schaubühne das nächste Kapitel an Kreml-Kuriositäten auf.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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