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Arbeitszeiterfassung nun Pflicht: Diese Regeln gelten nach Stechuhr-Urteil


Arbeitszeiterfassung nun Pflicht: Das müssen Sie jetzt wissen


Aktualisiert am 27.02.2023Lesedauer: 3 Min.
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Kohlekumpel erfassen ihre Arbeitszeit (Archivbild): Künftig müssen alle Angestellten wieder "stechen".Vergrößern des Bildes
Kohlekumpel erfassen ihre Arbeitszeit (Archivbild): Künftig müssen alle Angestellten wieder "stechen". (Quelle: imago stock&people)

Angestellte müssen ihre Arbeitszeit erfassen, so das Bundesarbeitsgericht. Was genau das heißt, zeigt die Urteilsbegründung.

Es ist ein Urteil, das die Arbeitswelt von Millionen Deutschen verändern wird: Mitte September 2022 entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG), dass alle Angestellten in Deutschland ihre Arbeitszeit erfassen müssen.

Die damals mündlich vorgetragene Begründung der obersten Richterin, Inken Gallner, lautete: Nach geltendem EU-Recht gebe es in Deutschland bereits die Pflicht zur exakten Dokumentation der Arbeitszeit. Der Bund als zuständiger Gesetzgeber müsse sich deshalb sputen und eine entsprechende Konkretisierung des Arbeitsrechts auf den Weg bringen – ein Vorhaben, an dem bereits die Große Koalition von Union und SPD unter Kanzlerin Angela Merkel gescheitert war. Mehr zu dem Urteil vom September lesen Sie hier.

Was genau nach Ansicht des höchsten deutschen Arbeitsgerichts bereits gilt und was sich folglich in der Praxis für Arbeitgeber und Arbeitnehmer ändern muss, zeigt die schriftliche Urteilsbegründung des BAG. Hier finden Sie die Begründung zum Download (PDF).

Arbeitszeiterfassung: Was gilt jetzt für Arbeitnehmer und Arbeitgeber?

Gemeinsam mit dem Arbeitsrechtsanwalt Michael Fuhlrott fasst t-online die fünf wichtigsten Punkte der Urteilsbegründung für Arbeitnehmer und Arbeitgeber zusammen:

  • Arbeitgeber müssen die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter tatsächlich erfassen – die bloße Bereitstellung eines Zeiterfassungssystems reicht nicht aus.
  • Die Zeiterfassung gilt nach Aussage des Gerichts ab sofort, es gibt keine Übergangsfrist.
  • Wie genau die Zeit erfasst werden muss, ob etwa per Stechuhr oder mithilfe eines Computersystems, definiert das Gericht nicht. Fuhlrott: "Der Arbeitgeber darf hier also entscheiden und hat einen Gestaltungsspielraum."
  • Für Führungskräfte kann eine Ausnahme von der Zeiterfassung gelten, so das BAG. Zwar unterliegen auch sie grundsätzlich dem EU-Recht, auf das sich die Richter stützen. Allerdings muss sich die Pflicht zur Zeitdokumentation nicht auf sie erstrecken, sofern es eine nationale Ausnahmeregelung gibt – etwa, "weil die Dauer ihrer Arbeitszeit wegen besonderer Merkmale der Tätigkeit nicht bemessen und/oder vorherbestimmt ist", heißt in der Urteilsbegründung.
  • Wie es mit der häufig genutzten Vertrauensarbeitszeit weitergeht, ist weiter offen. "Es bleibt eine Definitionsfrage", sagt Fuhlrott. "Wenn darunter selbstbestimmtes Arbeiten mit freier eigener Planung der Zeit verstanden wird, ist das weiter möglich. Wenn Arbeiten ohne Erfassung verstanden wird, lautet die Antwort: 'Nein, das geht nicht.' Um die Zeiterfassung kommt man nicht herum." Mehr zur Frage, was aus der Vertrauensarbeitszeit wird, lesen Sie hier.

Arbeitszeiterfassung fehlt: Droht eine Strafe?

Schätzungen zufolge erfasst in Deutschland jeder dritte Arbeitnehmer bereits seine Arbeitszeit. Was aber ist mit jenen Arbeitgebern, die bislang noch keine entsprechenden Systeme eingeführt haben, obwohl sie das eigentlich müssten? Rechtsanwalt Fuhlrott: "Bei Verstößen drohen wohl keine unmittelbaren Geldbußen."

So gelte nach Paragraf 3 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) zwar besagte Pflicht zur Zeiterfassung. Ein Bußgeld wegen Verstoßes dagegen müsse allerdings zunächst behördlich angeordnet werden.

Wie geht es nun weiter?

Chefs sollten sich idealerweise schon jetzt Gedanken über die Erfassung der Arbeitszeit ihrer Angestellten machen – und nicht erst auf das Gesetz warten. "Sofern ein System zur Zeiterfassung noch nicht vorhanden ist, sollte es nun angeschafft und eingerichtet werden", so Fuhlrott. Bei Unternehmen mit Betriebsrat müsse dieser bei der Ausgestaltung einbezogen werden.

Die größere Aufgabe aber haben seiner Ansicht nach jetzt Bundesregierung und Ampelkoalition in Berlin. "Der Bund muss das Arbeitsschutzgesetz anpassen. Dabei sollte die Regierung die Spielräume nutzen, die ihr das Bundesarbeitsgericht gelassen hat." So sei etwa möglich, eine Gruppe von Mitarbeitern zu definieren, für die die Zeiterfassung nicht gelten muss, etwa leitende Angestellte.

Ebenso könnte die Politik die Zeiterfassungspflicht je nach Größe und Eigenart der Unternehmen einschränken. Auf diese Weise ließen sich etwa Sonderregelungen für kleine Betriebe schaffen, für die die Dokumentationspflicht unzumutbar hohe bürokratische Aufwände darstelle.

Verwendete Quellen
  • Austausch mit Rechtsanwalt Michael Fuhlrott
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