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Inkontinenz: Formen, Symptome, Behandlung


Stuhl- und Harninkontinenz
Wie Inkontinenz diagnostiziert und behandelt wird

CQ, Julia Brandt

Aktualisiert am 24.08.2022Lesedauer: 7 Min.
Eingänge zu Toiletten mit männlichem und weiblichem Symbol.Vergrößern des BildesWer unter Inkontinenz leidet, ist meist froh, eine Toilette in der Nähe zu wissen. (Quelle: tomap49/getty-images-bilder)
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Ständig "müssen müssen": Menschen mit Inkontinenz fühlen sich in ihrer Lebensqualität oft stark eingeschränkt. Häufig ein unnötiges Leid, denn Inkontinenz lässt sich in vielen Fällen gut behandeln.

"Sich vor Lachen in die Hose machen" – Für Betroffene mit Inkontinenz ist das mehr als ein Sprichwort. Wird der Druck auf die Blase zu groß, passiert es, dass unfreiwillig Urin abgeht. Und das ist gar nicht zum Lachen. Bei manchen Menschen ist die Harnkontrolle betroffen, andere haben Probleme, Stuhl zu halten. Egal, in welcher Form: Inkontinenz ist für viele ein Tabuthema, das die Lebensqualität stark einschränkt.

Was ist Inkontinenz?

Bei Harninkontinenz ist es den Betroffenen nicht möglich, den Urinabgang zu kontrollieren. Wie viel Urin abgeht, in welchen Situationen das passiert, aber auch, wie belastend die Situation ist, unterscheidet sich von Mensch zu Mensch.

Von Stuhlinkontinenz sprechen Fachleute, wenn die Betroffenen Stuhl nicht zuverlässig halten können und immer wieder Darminhalt unbeabsichtigt abgeht. Stuhlinkontinenz wird anhand von Score-Systemen definiert und in Schweregrade eingeteilt. Sie richten sich danach,

  • wie häufig pro Tag oder pro Woche so etwas passiert und
  • wie schwer das Inkontinenz-Ereignis ist, ob zum Beispiel nur Luft (Windinkontinenz) oder aber Schleim sowie flüssiger oder gar geformter Stuhl abgeht.

Daraus ergibt sich dann eine Zahl von 1 bis 20. Je höher der Wert, desto schwerer die Stuhlinkontinenz.

Was bedeutet es, inkontinent zu sein?

Betroffene, die mit Stuhl- oder Harninkontinenz leben, fühlen sich je nach Schwere der Inkontinenz oft stark belastet. Urin oder Stuhl nicht halten zu können, ist unangenehm und häufig noch ein Tabuthema. Viele Betroffene verzichten daher auf Aktivitäten, die außerhalb der Reichweite einer Toilette stattfinden. In schweren Fällen ziehen sich Betroffene sogar sozial zurück – was eine starke Einschränkung der Lebensqualität bedeutet.

Wie fängt Inkontinenz an?

Ein Nieser, Husten oder der Sprung auf dem Trampolin: Es gibt verschiedene Situationen, die zu Inkontinenz-Ereignissen führen können. In manchen Fällen, etwa bedingt durch eine Krankheit, Verletzung oder einen Unfall, ist es den Betroffenen urplötzlich nicht mehr möglich, die Entleerung von Darm und Blase zu kontrollieren.

Bei den meisten Menschen beginnt Inkontinenz jedoch schleichend. Zunächst verlieren sie nur ein paar Tröpfchen bei körperlicher Belastung, später auch bei leichten Aktivitäten. In schweren Fällen tritt eine (unbehandelte) Inkontinenz auch dann auf, wenn die Betroffenen einfach auf dem Sofa liegen.

Inkontinenz: Typische Symptome

Die Hose bleibt nicht trocken, obwohl sie es sollte: Das Leitsymptom bei Inkontinenz ist, dass unkontrolliert Urin oder Stuhl abgeht. Manchmal sind dies nur ein paar Tröpfchen, manchmal ist es eine größere Menge. Bei einigen Betroffenen entleeren sich Darm oder Blase vollständig unkontrolliert. Je nach Form der Inkontinenz kommen weitere Symptome hinzu, wie zum Beispiel verstärkter Harndrang, Schmerzen, ein Fremdkörpergefühl oder das Gefühl, dass die Blase nie richtig leer ist.

Formen von Inkontinenz

Grundsätzlich lassen sich verschiedene Formen von Inkontinenz identifizieren. Ein Unterscheidungsmerkmal ist die Art der Inkontinenz: Bei der Stuhlinkontinenz geht Inhalt aus dem Darm willkürlich ab, wohingegen bei der Harninkontinenz Urin aus der Blase unkontrolliert abläuft. Harninkontinenz tritt in verschiedenen Unterformen auf. Fachleute unterscheiden

  • Belastungsinkontinenz,
  • Dranginkontinenz,
  • Überlaufinkontinenz,
  • Reflexinkontinenz und
  • extraurethrale Inkontinenz.

Belastungsinkontinenz

Die Belastungsinkontinenz, auch Stressinkontinenz genannt, ist die häufigste Form der Harninkontinenz – insbesondere bei Frauen. Hierbei fließt Urin aus den Harnwegen, wenn der Druck auf die Harnblase erhöht wird. Dies geschieht zum Beispiel beim Niesen, Hüpfen, Treppensteigen, Husten oder Laufen. Die Harnröhre hält diesem Druck nicht stand und verschließt nicht richtig, sodass Urin passieren kann.

Dranginkontinenz

Betroffene mit einer Dranginkontinenz, auch Urge-Inkontinenz oder überaktive Blase (engl.: Over-Active-Bladder – OAB) genannt, verspüren häufig einen starken Harndrang, den sie nicht unterdrücken können. Wenn der Beckenboden dann noch schwach ist, kommt es zum Urinverlust, bevor der Betroffene eine Toilette erreichen kann.

Reflexinkontinenz

Betroffene, die unter einer Reflexinkontinenz leiden, haben schlichtweg keine Kontrolle über ihren Harndrang. Die Blase entleert sich automatisch. Diese seltene Form ist zum Beispiel eine Folge von fehlgebildeten oder verletzten Nervenbahnen, die es unmöglich machen, den Urinfluss zu steuern.

Überlaufinkontinenz

Bei der Überlaufinkontinenz sind der Blasen- und Harnröhrendruck nicht im Gleichgewicht. Wenn die Blase zu stark gedehnt wird, läuft sie über, bis der Druck ausgeglichen ist. Ärgerlich für die Betroffenen ist, dass immer etwas Resturin in der Blase bleibt und sie sich nie vollständig entleert.

Extraurethrale Inkontinenz

Wenn Urin aus anderen Öffnungen als durch die Harnröhre abgeht, sprechen Fachleute von einer extraurethralen Inkontinenz. Sie ist in der Regel Folge von Fehlbildungen in den Harnwegen.

Welche Ursachen hat Inkontinenz?

Inkontinenz hat sehr unterschiedliche Ursachen. Bei Stuhlinkontinenz kommen zum Beispiel eine Schädigung des Schließmuskels oder der Analhaut, Durchfallerkrankungen, Nervenschäden, Verstopfung oder ein geschwächter Beckenboden als Auslöser in Betracht. Die Ursachen von Harninkontinenz sind ebenfalls vielfältig und unterscheiden sich je nach Form der Inkontinenz:

Ursachen von Belastungsinkontinenz

Die Ursache der Belastungsinkontinenz ist in der Regel eine geschwächte Beckenbodenmuskulatur oder eine Schädigung des Bandhalteapparates. Beides führt dazu, dass die Harnröhre nicht mehr zuverlässig verschließt. Das geschieht häufig als Folge von Schwangerschaften und vaginalen Geburten, die den Beckenboden stark belasten. Daher tritt diese Form der Inkontinenz besonders oft bei Frauen auf. Auch Übergewicht und stetige Überlastung, etwa durch schwere körperliche Arbeit, sind Risikofaktoren, die eine Stressinkontinenz begünstigen.

Beim Mann tritt die Belastungsinkontinenz zum Beispiel als Folge einer Prostatakrebsoperation oder operativen Prostataverkleinerung auf.

Ursachen einer Dranginkontinenz

Bei Frauen tritt die Dranginkontinenz ebenfalls häufig als Folge von Schwangerschaft und Geburt, aber auch als Alterserscheinung auf. Weitere mögliche Ursachen der überaktiven Blase sind ein Hormonmangel, Harnwegsinfekte oder Blasensteine, Tumore sowie neurologische Erkrankungen wie Parkinson oder Demenz.

Ursachen einer Reflexinkontinenz

Wenn die Nervenbahnen zwischen Gehirn und Rückenmark, die für die Blasenkontrolle zuständig sind, nicht funktionieren, entleert sich die Blase automatisch und ohne bewusste Steuerung. Bei manchen Menschen sind die Nervenbahnen von Geburt an fehlgebildet. Bei anderen wurden sie etwa durch einen Unfall oder eine Krankheit geschädigt.

Ursachen einer Überlaufinkontinenz

Wenn die Blase "überläuft", liegt das meistens an einer Schädigung der Blasennerven, zum Beispiel nach einer Operation. Auch Fehlbildungen oder Verengungen der Harnröhre kommen als Ursache dieser Inkontinenzform infrage.

Ursachen einer extraurethralen Inkontinenz

Die häufigste Ursache der extraurethralen Inkontinenz sind sogenannte Fisteln, die manchmal zum Beispiel nach Entzündungen oder Blasenverletzungen auftreten. Eine Fistel ist ein unnatürlicher, röhrenartiger Verbindungskanal, der sich aus verschiedenen Gründen zwischen zwei Organen oder einem Organ und der Haut bilden kann. Bei der extraurethalen Inkontinenz fließt der Urin nicht auf natürlichem Wege, sondern über die Fistel ab.

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Wie wird Inkontinenz diagnostiziert?

Es gibt mehrere Methoden, um Inkontinenz zu diagnostizieren. Häufig führen Patientinnen und Patientinnen mit Harninkontinenz ein Trink- und Miktationsprotokoll, in dem sie festhalten, wann und wie viel sie getrunken haben und wann sie auf die Toilette müssen.

Beim sogenannten Pad-Test wird die verloren gegangene Urinmenge bei körperlicher Betätigung gemessen: Die Patientin oder der Patient erholt eine Inkontinenzeinlage, welche vorab gewogen wird. Anschließend nimmt sie oder er eine größere Menge Flüssigkeit zu sich. Nach einer gewissen Zeit muss die Person verschiedene Übungen durchführen, zum Beispiel Husten, Springen und auf der Stelle laufen. Nach dem Test wird die Inkontinenzeinlage erneut gewogen. So lässt sich genau feststellen, wie viel Flüssigkeit ausgetreten ist.

Darüber hinaus werden bei einer Inkontinenz möglicherweise eine Blasenspiegelung sowie – bei Frauen – eine vaginale Untersuchung durchgeführt.

Mithilfe einer sogenannten urodynamischen Messung (Urodynamik) lassen sich der Ablauf der Blase, die Steuerung durch die Nerven sowie der Druck messen, der während des Wasserlassens herrscht.

Um eine Stuhlinkontinenz zu diagnostizieren, folgen auf eine körperliche Untersuchung meist eine Ultraschalluntersuchung sowie eine Darmspiegelung.

Harninkontinenz behandeln

Der Leidensdruck von Patientinnen oder Patienten mit Blasenschwäche ist oft groß. Es gibt jedoch eine Reihe von Möglichkeiten, Inkontinenz zu behandeln. Die Therapie von Harninkontinenz richtet sich nach der Form und Ursache der Blasenschwäche:

Behandlung von Belastungsinkontinenz

Bei leichten Formen von Belastungsinkontinenz lindert bereits gezielte Beckenbodengymnastik die Beschwerden. Ein gestärkter Beckenboden hilft, die Kontrolle über den Urin und über den Stuhl zu gewinnen. Zusätzlich kommen bei manchen Betroffenen mit Belastungsinkontinenz Medikamente mit dem Wirkstoff Duloxetin zum Einsatz, die die Beschwerden lindern. Frauen, die unter einer schweren Form der Stressinkontinenz leiden, haben die Möglichkeit, sich ein Kunststoffband in die Harnröhre einsetzen zu lassen. Das erleichtert die Urinkontrolle.

Auch bei Männern mit Belastungsinkontinenz sind Beckenbodenübungen und das Einbringen von Bandmaterialien, die die Harnröhre und den Schließmuskel der Blase unterstützen, Behandlungsoptionen. In schweren Fällen wird betroffenen Männern ein künstlicher Blasenschließmuskel eingesetzt. Da Stressinkontinenz beim Mann häufig als Folge einer Prostataoperation auftritt, versuchen die Chirurgen grundsätzlich blasenschonend zu operieren.

Behandlung von Dranginkontinenz

Um Dranginkontinenz zu behandeln, wird zunächst nach der Ursache, etwa andere Erkrankungen oder ein bestehender Hormonmangel, geforscht und diese behandelt. Lässt sich keine Ursache ausmachen, kommen bei der Behandlung von Dranginkontinenz Medikamente zum Einsatz, die die Aktivität des Blasenmuskels verringern und dadurch das Gefühl, ständig "müssen zu müssen", lindern. Eine Alternative ist der aus der Anti-Falten-Behandlung bekannte Wirkstoff Botulinumtoxin, umgangssprachlich Botox genannt, der Menschen mit Inkontinenz in die Blase gespritzt wird, um sie zu entspannen.

Weitere Behandlungsmethoden sind Blasentraining, das sogenannte Biofeedback sowie die Elektrostimulationsbehandlung. Diese Therapien unterstützen die Betroffenen ohne Medikamente oder Operationen dabei, die Kontrolle über die Blase zurückzuerhalten.

Außerdem sind Einweghöschen, sogenannte Pants, bei Inkontinenz wichtige Hilfsmittel, um Stuhl oder Urin diskret aufzufangen.

Behandlung von Stuhlinkontinenz

Bei Stuhlinkontinenz wird ebenfalls versucht, zunächst die Ursache zu behandeln. Ist dies nicht möglich oder nicht ausreichend, stehen andere Therapiemöglichkeiten zur Verfügung, zum Beispiel Stuhlgangregulierung, Beckenbodengymnastik bis hin zu operativen Eingriffen, die die Kontinenz wieder ermöglichen.

Inkontinenz: Was Sie selbst tun können

Um Inkontinenz zu behandeln, kann in den meisten Fällen jeder selbst aktiv werden – wortwörtlich. Denn die wichtigste Methode, das Halten von Stuhl und Urin zu verbessern, ist das Beckenbodentraining. Es gibt eine Vielzahl an Übungen, die den Beckenboden trainieren, und spezialisierte Zentren, die sie vermitteln.

Darüber hinaus trägt ein gesunder Lebenswandel dazu bei, die Kontinenz zu erhalten und zu verbessern. Dazu gehört es vor allem, Übergewicht zu vermeiden oder zu reduzieren. Überflüssige Pfunde erhöhen den Druck auf die Blase und belasten den Beckenboden. Außerdem empfehlen Fachleute, auf harntreibende Getränke wie Kaffee und schwarzen Tee zu verzichten und morgens mehr als abends zu trinken.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Harninkontinenz. Online-Informationen der Deutschen Gesellschaft für Urologie: www.urologenportal.de (Stand: 16.2.2022)
  • Harninkontinenz. Online-Informationen des Berufsverbands der Frauenärzte: www.frauenaerzte-im-netz.de (Stand: 4.6.2018)
  • Stuhlinkontinenz. Online-Informationen der Deutschen Kontinenz Gesellschaft: www.kontinenz-gesellschaft.de Online-Publikation (Stand: 05/2014).
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