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Euro-7-Norm: Werden Neuwagen bald noch teurer?


Streit um Euro-7-Norm
Werden Neuwagen bald noch teurer?


02.02.2023Lesedauer: 5 Min.
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Sauberere Sache: Die EU will den Schadstoffausstoß von Neuwagen verringern. Doch es regt sich Widerstand. (Quelle: Christoph Schmidt/Archiv/dpa)

Die EU will zu 2025 eine neue Abgasnorm für Autos und Lkw einführen. Autohersteller und Länder gehen auf die Barrikaden und fordern Nachbesserungen.

Autos sind in den vergangenen Jahren deutlich sauberer geworden – und dennoch haben die Treibhausgasemissionen im Straßenverkehr in den letzten drei Jahrzehnten um ein Drittel zugenommen. Die Gründe sind vielfältig, eine gewichtige Rolle spielt die Zunahme der gefahrenen Kilometer pro Auto (bei Dieseln gab es laut Umweltbundesamt fast eine Verdoppelung). Schätzungen zufolge hat die Feinstaub- und Stickoxid-Verschmutzung durch den Straßenverkehr 2018 in den EU-Staaten und Großbritannien etwa 70.000 vorzeitige Todesfälle verursacht.

Um die Schadstoffe in der Luft zu reduzieren, werden die Abgasnormen immer strenger. Im November hatte die EU-Kommission ihre Vorschläge für die Abgasnorm Euro 7 vorgelegt, die 2025 in Kraft treten soll. Ziel: Unter anderem sollen die Stickoxidemissionen durch Autos bis 2035 um schätzungsweise 35 Prozent sinken, bei Bussen und Lkw um mehr als 50 Prozent.

Doch das sorgt für Unmut: Die Autoländer Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen fürchten erhebliche Nachteile für die deutsche Automobilindustrie. "Ob eine weitere Normenverschärfung wegen anderer diffuser Immissionsquellen überhaupt zu einer weiteren wesentlichen Verbesserung der Luftqualität führt, scheint uns eher fraglich", heißt es in einem Brief der drei Ministerpräsidenten der Länder an Kanzler Olaf Scholz (SPD), der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Gesellschaftlicher Nutzen und volkswirtschaftliche Kosten müssten "in einem angemessenen Verhältnis stehen", heißt es. Und auch der europäische Automobilherstellerverband ACEA fordert die EU-Politik zu einem Verzicht auf die geplante neue Abgas-Richtlinie auf.

Was steckt dahinter?

Der Vorschlag der EU-Kommission sieht vor, die bisher getrennten Vorschriften für Autos, leichte Nutzfahrzeuge (bisher: Euro 6) sowie Lkw und Busse (Euro VI) zusammenzufassen, unabhängig vom verwendeten Kraftstoff oder der Motortechnik. Diesel, Elektro, Benzin, Gas oder E-Fuels sind in der Bewertung gleichgestellt.

Auch die Anforderungen an die Autos und ihre Technik steigen in dem Entwurf: Zusätzlich zu Stickoxiden (NOₓ), Kohlenmonoxid (CO), Partikeln und Kohlenwasserstoffen soll bei Autos auch Ammoniak (NH₃) in die Bewertung einbezogen werden. Der Schadstoff spielt eine wichtige Rolle bei der Bildung von städtischem Smog. Bei Lkw sollen auch Formaldehyd (CH₂O) und Distickstoffmonoxid (N₂O) begrenzt werden. Die Grenzwerte sinken – bei Stickstoff von Dieselmotoren auf den Benziner-Wert von 60 Milligramm pro Kilometer, feiner Feinstaub wird ebenso berechnet und der Kohlenmonoxid-Ausstoß bei Benzinern wird auf das Diesel-Limit von 500 Milligramm halbiert.

Die Messungen im realen Straßenverkehr sollen ebenso strenger werden, dazu werden auch die Emissionen von Bremsen und Reifen einberechnet – ein Faktor, der auch bei E-Autos eine Rolle spielt. Neue Autos und Lkw werden außerdem darauf getestet, ob sie die Grenzwerte auch noch einhalten, wenn sie bis zu zehn Jahre alt sind und 200.000 Kilometer gefahren sind. Auch E-Autos bekommen Anforderungen: Laut ADAC darf die Speicherkapazität der Batterie nach fünf Jahren oder 100.000 Kilometern nicht unter 80 Prozent des ursprünglichen Werts fallen, nach acht Jahren oder 160.000 Kilometern nicht unter 70 Prozent.

Doch bis aus dem Vorschlag eine Vorschrift wird, müssen Europaparlament und EU-Staaten noch zustimmen. Derzeit laufen noch die Verhandlungen. Danach müssen sich EU-Länder und das Parlament einigen. Die Interessengruppen wittern also jetzt ihre Chance, Einwände zu erheben.

Das sagen die Länderchefs

So etwa die Länderchefs, deren Finanzhaushalte zu großen Teilen von einer brummenden Autoindustrie abhängen. Sie fürchten negative Folgen für Arbeitsplätze, Wertschöpfung und Wettbewerbsfähigkeit. Sie bezweifeln, dass die neuen Richtwerte so große Veränderungen bringen, wie es sich die Kommission erhofft. Mehr als eine Million Arbeitsplätze stünden auf dem Spiel, weshalb sie warnen: "Eine neue Abgasnorm und die dazugehörigen Testbedingungen müssen technisch und wirtschaftlich erreichbar sein. Zudem bedarf es angemessener Umsetzungsfristen, die auch die Entwicklungszyklen der Automobilhersteller berücksichtigen", heißt es in dem dreiseitigen Schreiben von Markus Söder (CSU), Winfried Kretschmann (Grüne) und Stephan Weil (SPD).

Die Automobilhersteller hätten sich nebst ihren Zulieferern bereits "auf den unumkehrbaren Weg in Richtung emissionsfreie Antriebe gemacht", heißt es weiter. Ihr Argument: Ab 2035 werden in Europa voraussichtlich nur noch Autos zugelassen, die ohne fossile Brennstoffe auskommen, vorrangig also E-Autos. Die Einführung der neuen Euro-Norm würde hohe Kosten für die Verbesserung von Verbrennungsmotoren verursachen, die mit Blick auf die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen besser in die Entwicklung neuer Antriebe investiert werden könnten.

Insbesondere kritisierten die Ministerpräsidenten in ihrem Brief die genannten Umsetzungsfristen der neuen Norm – Juli 2025 für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge sowie Juli 2027 für schwere Nutzfahrzeuge. Diese seien "technologisch zu ambitioniert". Hinzu komme die "reale Gefahr", dass eine rechtssichere Zulassung der Fahrzeuge nicht möglich sei und es zu einem Stau bei den Zulassungsbehörden komme.

Kritik auch vom europäischen Autoherstellerverband

Ähnlich äußert sich auch der europäische Automobilherstellerverband ACEA: Verbandspräsident Luca de Meo, Vorstandsvorsitzender der Renault-Gruppe, forderte in einem offenen Brief an EU-Kommission und -Parlament, Euro 7 zu kippen.

Sein Argument: Die Regeln würden viel kosten, aber vergleichsweise wenig bringen. Ganze Modellreihen und Fahrzeugklassen könnten dadurch wegfallen, sagte er. Wie teuer die Umsetzung der neuen Regelungen für Endkunden würde, ist jedoch umstritten: In der Folgenabschätzung geht die EU-Kommission von 200 bis 300 Euro Mehrkosten pro Autos aus.

"Aber das ist Unsinn", sagte VW-Markenchef Thomas Schäfer: Kleinwagen mit Verbrennungsmotor könnten dadurch deutlich teurer werden. Die Kosten kämen "in die Nähe des Preises der heutigen Elektroautos", also weit über 20.000 Euro. Ein VW Polo kostet aktuell etwas unter 20.000 Euro, der Kleinstwagen Up ist aktuell nur noch als E-Version erhältlich.

Laut Luca de Meo könnten diese Preissteigerungen (er spricht von sieben bis zehn Prozent) dazu führen, dass die Verbraucher immer weniger Neuwagen kaufen und so der Schadstoffausstoß langsamer sinkt. Er baut die Drohkulisse auf, dass europäische Autowerke mangels Auslastung geschlossen werden könnten.

Besonders kritisieren die europäischen Hersteller, dass die EU den Wettbewerb erschweren würde – Autohersteller in den USA und in China würden massiv unterstützt, zudem gebe es dort viele Rohstoffe, insbesondere für die Batterieproduktion, und damit einen klaren Vorteil für die Wettbewerber.

Das sagen Umweltverbände und der ADAC

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Anders argumentieren Umweltverbände und die europäische Nichtregierungsorganisation Transport & Environment: Sie halten Euro 7 für notwendig. Auch nach dem Verbrenner-Aus 2035 seien diese Autos noch lange auf den Straßen unterwegs und könnten somit zu Schadstoff-Einsparungen beitragen.

Auch der ADAC ist grundsätzlich für eine bessere Luftqualität und anspruchsvolle Richtwerte – doch müssten sie technisch umsetzbar sein: "Die Verschärfung der Grenzwerte und des Messverfahrens darf nicht von vornherein darauf zielen, eine konkrete Technologie wie den Verbrennungsmotor ins Aus zu manövrieren. Sie dürfen auch nicht dazu führen, dass kleine und günstige Fahrzeugmodelle überhaupt nicht mehr für Verbraucher bezahlbar angeboten werden können, weil zusätzliche technische Anforderungen und fehlende rechtliche Grundlagen ihre Produktion überproportional verteuern." Der Streit dürfte also weiter schwelen.

Verwendete Quellen
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