"Funktioniert nicht mehr" Ende der WTO? Merz signalisiert Bereitschaft

Aus der EU kommen Rufe nach einer Alternative zur Welthandelsorganisation. Kanzler Merz unterstützt diese Idee.
Die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat nach Angaben von Kanzler Friedrich Merz eine alternative Handelsorganisation zur Welthandelsorganisation (WTO) angeregt. "Die Kommissionspräsidentin hat von sich aus angesprochen, ob wir nicht als Europäer eine neue Art von Handelsorganisation auf den Weg bringen sollten, die das schrittweise ersetzt, was wir mit der WTO heute nicht mehr haben", sagte Merz am Donnerstagabend in Brüssel nach Abschluss des EU-Gipfels.
Die WTO funktioniert laut Merz nicht mehr, unter anderem weil die USA die Richter an den Schiedsgerichten seit Jahren nicht mehr besetzt haben. Er habe dieses Thema auch mit dem britischen Premierminister Keir Starmer und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron besprochen. Man brauche funktionierende Streitbeilegungsmechanismen, so Merz.
"Das wäre eine Initiative, die von der Europäischen Kommission ausgeht, in Zukunft Handelsabkommen auch so abzuschließen, dass sie in einen größeren Rahmen eingebettet werden", fügte der Kanzler auf Nachfrage hinzu. Man stehe mit dieser Idee ganz am Anfang. "Aber wenn die WTO so funktionsunfähig ist, wie sie es schon seit Jahren ist und offensichtlich bleibt, da müssen wir uns als diejenigen, die den freien Handel unverändert für richtig halten, etwas anderes einfallen lassen", betonte Merz.
Von der Leyen: Zusammenarbeit mit asiatischen Ländern und Kanada
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sieht in der Zusammenarbeit mit den Ländern des pazifischen Raums eine Grundlage für die Neugestaltung der Welthandelsorganisation (WTO). "Die asiatischen Länder wollen eine strukturierte Zusammenarbeit mit der Europäischen Union, und die Europäische Union will dasselbe. Deshalb habe ich gesagt, dass wir darüber nachdenken können, wie wir die WTO neu gestalten können", sagte sie auf einer Pressekonferenz nach dem EU-Gipfel in Brüssel. Von der Leyen bezog sich dabei auf die Zusammenarbeit mit dem CPTPP, einem Handelsbund von elf Ländern, darunter Australien, Kanada, Chile und Singapur.
Die WTO ist eine internationale Organisation, die Regeln für den globalen Handel aufstellt und deren Einhaltung überwacht. Sie wurde am 1. Januar 1995 gegründet und löste das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen (GATT) ab. Ziel der WTO ist es, den freien Handel zu fördern, Handelsstreitigkeiten zu schlichten und faire Wettbewerbsbedingungen zu schaffen. Ihr Sitz ist in Genf in der Schweiz.
Seit 2019 ist das Berufungsgremium der WTO aber handlungsunfähig, da die USA neue Richter blockieren. Das lähmt das zentrale System zur Beilegung von Handelsstreitigkeiten. Entwicklungsländer kritisieren, dass die WTO-Regeln oft den vermögenden Ländern zugutekommen und ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen vernachlässigen.
- Nachrichtenagentur Reuters
- csis.org: "World Trade Organization" (Englisch)