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Ukraine-Krieg: Das ist Russlands "unbesiegbare" Hyperschallrakete


Erster Einsatz in der Ukraine
Das ist Russlands "unbesiegbare" Hyperschallrakete

Von dpa, afp, mam, cc

19.03.2022Lesedauer: 4 Min.
Ein russischer Kampfjet mit einer Hyperschallrakete: Putin bezeichnete die Waffe als "unbesiegbar".Vergrößern des BildesEin russischer Kampfjet mit einer Hyperschallrakete: Putin bezeichnete die Waffe als "unbesiegbar". (Quelle: Artyom Anikeev/Stocktrek Images/imago-images-bilder)
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Es ist das erste Mal, dass sie zum Einsatz gekommen sein soll: Russland hat nach eigenen Angaben eine Hyperschallrakete auf die Ukraine abgefeuert. Was es mit der neuen russischen Waffe auf sich hat.

Rund drei Wochen nach Beginn des Ukraine-Krieges haben die russischen Streitkräfte nach eigenen Angaben im Westen des Landes eine Hyperschallrakete eingesetzt. Die ballistischen Raketen des Systems "Kinschal" (Dolch) gehören zu einer neuen, von Russland entwickelten Waffengattung, die Staatschef Wladimir Putin als "unbesiegbar" bezeichnet hatte.

Es ist das erste Mal seit Beginn des Krieges, dass Russland von dem Einsatz seiner neuen ballistischen Luft-Boden-Rakete "Kinschal" berichtet. Der Militärexperte und Leiter eines Forschungszentrums in Moskau, Wassili Kaschin, sprach nach der Bekanntgabe des Raketen-Einsatzes von einer "Weltpremiere". Bisher kamen die Waffen vor allem bei Manövern zum Einsatz – zuletzt wenige Tage vor der Invasion in die Ukraine, die am 24. Februar begonnen hat.

Hyperschallrakete übertrifft Schallgeschwindigkeit

Abgefeuert werden die "Kinschal"-Raketen von Kampfflugzeugen des Typs MiG-31. Dabei tragen sie bis zu 480 Kilogramm Sprengstoff oder einen nuklearen Sprengkopf. Erst in sicherer Entfernung vom Flugzeug zündet das eigene Raketentriebwerk. Es trägt die "Kinschal" erst bis zu 20 Kilometer in die Höhe, wo die Rakete hohe Reibungstemperaturen aushalten muss, und dann hinab zum Ziel.

Die Raketen können nach russischen Angaben Ziele in bis zu 2.000 Kilometer Entfernung treffen – unter Umgehung aller Luftabwehrsysteme. Hyperschallraketen übertreffen die Schallgeschwindigkeit um ein Mehrfaches und fliegen mit mehr als 6.000 Kilometern pro Stunde. Dennoch sind sie in der Lage, bei extremer Geschwindigkeit Höhe und Richtung zu ändern – und somit der gegnerischen Flugabwehr auszuweichen.

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Mit der Rakete zerstörte Russland nach eigenen Angaben ein Raketenarsenal im Gebiet Iwano-Frankiwsk. Das unterirdische Munitionsdepot der ukrainischen Luftwaffe in Deljatyn im Südwesten der Ukraine sei am Freitag durch die ballistische Rakete vernichtet worden. Das sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Generalmajor Igor Konoschenkow, am Samstag. Im Gebiet Odessa am Schwarzen Meer seien zwei Stützpunkte der militärischen Aufklärung zerstört worden. Unabhängig lassen sich die Angaben nicht überprüfen.

Pläne für Rakete stammen aus Zeit des Kalten Krieges

Nach Einschätzung des Militärexperten Kaschin war das Waffendepot im Dorf Deljatyn ein naheliegendes Ziel für eine Kinschal-Rakete. "Solche Infrastruktur ist mit klassischen Raketen nur schwer zu zerstören", sagte der Experte. "Wegen seiner hohen Geschwindigkeit hat die Hyperschallrakete eine höhere Durchschlags- und Zerstörungskraft."

Die Pläne zur Entwicklung einer solchen Rakete stammen wohl noch aus der frühen Phase des Kalten Krieges zu Beginn der 1960er-Jahre. Als die Blockkonfrontation zwischen der Nato und dem Warschauer Pakt Anfang der 1980er-Jahre dann eine neue Hochzeit erlebte, verstärkte die Sowjetführung ihre Anstrengungen zur Entwicklung einer atomwaffenfähigen Hyperschallrakete, auch als Reaktion auf das vom amerikanischen Präsidenten Ronald Reagan angekündigte "Star Wars"-Programm (Strategic Defence Initiative/SDI).

Putin trieb die Entwicklung der Waffe voran

Mit dem SDI planten die Falken im Pentagon einen gigantischen Raketenabwehrschild, dessen unterschiedliche Komponenten im Weltraum stationiert werden sollten. Unter anderem sollten Röntgenlaser, kinetische Projektwaffen und elektromagnetische Schienenkanonen (Railguns) im All installiert werden, um einen vermeintlichen Atomangriff der Sowjets zu vereiteln.

Kaum etwas davon wurde je realisiert – im Gegensatz zur russischen Hyperschallrakete. An deren Verwirklichung hielten die sowjetischen und später die russischen Militärstrategen fest. Wladimir Putin trieb die Entwicklung schon während seiner ersten Amtszeit voran, insbesondere nachdem die USA infolge der Anschläge vom 11. September 2001 von dem 1972 geschlossenen ABM-Vertrag (Anti-Ballistic Missile Treaty) einseitig zurückgetreten waren.

Hyperschall- statt Nuklearwaffe

Der Vertrag regelte die Anzahl der Defensivwaffen, die den Atommächten für die Verteidigung eines Angriffs zur Verfügung standen. Mit dem Ausstieg der USA aus dem ABM-Vertrag zum Zwecke einer vermeintlichen Aufrüstung drohte Russland verwundbarer zu werden. Dennoch sah Putin nach eigenen Angaben keine unmittelbare Bedrohung für Russland.

Auch die Amerikaner bekräftigten weiterhin ihr Abrüstungsinteresse und versicherten, man wolle ebenso wie Russland an der Verkleinerung der strategischen nuklearen Arsenale arbeiten. Der New-Start-Vertrag, der erst im Februar 2021 verlängert wurde, ist der rechtsverbindliche Ausdruck dieses politischen Willens.

Unterdessen verstärkte das russische Militär seine Forschung in Sachen Hyperschallwaffen. Tests der neuen Technologie erfolgten unter anderem im Jahr 2001, 2004 und im Anschluss an die Besetzung der ukrainischen Krim durch Russland im Jahr 2014. Am zweiten Weihnachtstag 2018 verkündete Putin dann die Inbetriebnahme der Rakete durch die russischen Streitkräfte.

Militärexperte: "Ziel aller Welt Angst einzujagen"

Auch die USA und China arbeiten an der Entwicklung von Hyperschallraketen. Die Nato listet in einem Papier von 2020 auch Forschungen in Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Australien und Indien auf. Teils geht es dabei um die Abwehr solcher Raketen. Von Russland wurde sie nun offenbar erstmals eingesetzt. Hier lesen Sie mehr zu der laut Putin "unbesiegbaren" Waffe.

Einen strategischen Vorteil wird die Kinschal-Rakete dem russischen Militär jedoch nicht verschaffen, so der russische Militärexperte Pawel Felgenhauer – wohl aber einen psychologischen. "Am Ende wird es nicht das Kampfgeschehen verändern – aber es hat einen Effekt für die psychologische Propaganda, mit dem Ziel, aller Welt Angst einzujagen", sagte Felgenhauer.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa und AFP
  • Eigene Recherchen
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