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Proteste in Georgien flammen erneut auf – Zehntausende auf den Straßen


Heftige Proteste in Georgien
Zehntausende auf den Straßen – Attacken auf Parlament

Von dpa, te, cry, cli

Aktualisiert am 08.03.2023Lesedauer: 4 Min.
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Gegen das Regime: Diese Frau sorgt für ein starkes Symbol – ein Video von ihr begeistert das Netz. (Quelle: t-online)
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Den zweiten Tag infolge kommt es in Georgien zu Massenprotesten. Auslöser ist ein Gesetz nach russischem Vorbild. Die Polizei reagiert mit Tränengas. Widerstand kommt auch von ganz oben.

Auf den Straßen der georgischen Hauptstadt Tiflis ist es am Mittwochabend erneut zu Massenprotesten gekommen. Zehntausende Demonstrierende zogen den zweiten Abend in Folge mit Flaggen Georgiens und der EU vor das Parlamentsgebäude. Einige versuchten auch, in das Gebäude einzudringen. Beobachter schätzten die Zahl der Demonstranten auf 10.000 bis 15.000. Es seien mehr als am Dienstagabend.

Sie protestierten gegen ein geplantes sogenanntes Agentengesetz. Das soll aus Sicht der Opposition regierungskritische Medien und Nichtregierungsorganisationen einschüchtern. Auch Präsidentin Salome Surabischwili verurteilte das Gesetzesvorhaben. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj drückte den Demonstrierenden seine Solidarität aus.

Eine Mehrheit des Parlaments in Tiflis hatte am Dienstag in erster Lesung für einen Gesetzesentwurf "über die Transparenz ausländischen Einflusses" gestimmt, der offiziell darauf abzielt, Geldflüsse aus dem Ausland offenzulegen. Organisationen, die mehr als 20 Prozent ihrer finanziellen Mittel aus dem Ausland erhalten, müssen sich demnach als sogenannte ausländische Agenten registrieren lassen. Anderenfalls drohen ihnen Strafen.

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Kritiker befürchten jedoch, das Gesetz könnte dazu dienen, die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen und die Pressefreiheit einzuschränken, wie dies bei einer vergleichbaren Regelung in Russland der Fall ist.

Bei den neuerlichen Protesten am Mittwoch, zu denen die Opposition und zivilgesellschaftliche Gruppen aufgerufen hatten, blockierten Demonstrierende auch die Hauptverkehrsstraße von Tiflis. Sie forderten die Regierung auf, den Gesetzentwurf fallen zu lassen und riefen Parolen wie "Nein zum russischen Gesetz". Über Festnahmen gab es zunächst keine Angaben.

Tränengas und Wasserwerfer

Bereits am Dienstag hatten Tausende Menschen protestiert. Einige durchbrachen eine Sperrwand vor den Eingangstüren des Parlaments, die Polizei verbarrikadierte sich hinter Zäunen. Zuvor habe laut Berichten des unabhängigen georgischen Fernsehsenders Pireli TV mindestens ein Protestierender auch Molotow-Cocktail auf Polizeibeamte geworfen.

Das osteuropäische Medium Nexta sowie einige Beobachter sprachen von mehreren gewaltsamen Festnahmen durch die Polizei. Die Polizei setzte Tränengas und Wasserwerfer gegen die größtenteils friedliche Menge ein. Nach offiziellen Angaben wurden 66 Demonstranten festgenommen. Die Proteste dauerten bis in die frühen Morgenstunden am Mittwoch an.

In Russland werden Regierungskritiker mundtot gemacht

Die Gesetzesvorlage erinnert an ein Gesetz, das 2012 in Russland verabschiedet worden war. Der Kreml nutzt dieses umfassend, um Medien und regierungskritische Organisationen oder andere Kritiker zu unterdrücken.

Die russische Regelung wird international als politisch motivierte Maßnahme kritisiert, die darauf abzielt, Kremlkritiker zu stigmatisieren und mundtot zu machen. Insbesondere seit Beginn des von Präsident Wladimir Putin vor mehr als einem Jahr angeordneten Angriffskriegs gegen die Ukraine geht Russland im eigenen Land massiv gegen Andersdenkende vor.

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Georgiens Präsidentin will Veto einlegen

Die georgische Präsidentin Salome Surabischwili stellte sich hinter die Demonstranten in Tiflis. "Ihr repräsentiert heute das freie Georgien, das seine Zukunft in Europa sieht und das niemanden diese Zukunft rauben lassen wird", erklärte sie während eines Staatsbesuchs in New York.

Die Präsidentin forderte, das Gesetzesvorhaben aufzugeben, und kündigte ihr Veto gegen den Text an. Da die Regierungspartei Georgischer Traum eine absolute Mehrheit im Parlament hat, kann sie dieses Veto jedoch aufheben.

Die US-Botschaft in Georgien erklärte am Dienstag nach der Verabschiedung des Gesetzes über "ausländische Agenten" in erster Lesung, dies sei "ein düsterer Tag für die georgische Demokratie". Wenn die Regierung in Tiflis an dem Vorhaben festhalte, schade sie damit den Beziehungen "zu ihren strategischen Partnern".

Baltenstaaten reagieren besorgt

Die Außenminister der baltischen Staaten äußerten sich ernsthaft besorgt über die neue Regelung. Der Gesetzesentwurf werfe ernsthafte Fragen über die Aussichten der Demokratie in der Kaukasusrepublik auf, teilten Urmas Reinsalu (Estland), Edgars Rinkevics (Lettland) und Gabrielius Landsbergis (Litauen) in einer gemeinsamen Erklärung mit.

"Wir fordern das Parlament von Georgien auf, die wahren Interessen des Landes verantwortungsbewusst zu bewerten und Entscheidungen zu unterlassen, die die Bestrebungen der georgischen Bevölkerung untergraben könnten, in einem demokratischen Land zu leben, das sich der EU und der Nato annähert", schrieben die Chefdiplomanten der drei baltischen EU- und Nato-Länder. Zugleich riefen sie die georgische Regierung dazu auf, das Recht der Bevölkerung auf friedlichen Protest zu respektieren.

Bürgerrechtler haben zudem Angst, dass das neue Gesetz – wenn es denn in Kraft tritt – könnte Georgiens EU-Perspektive gefährden könnte.

Rückhalt für EU- und Natobeitritt

Die kleine frühere Sowjetrepublik Georgien strebt eigentlich einen Beitritt zur EU und zur Nato an. Die Pläne, der Nato und der EU beizutreten, sind in der georgischen Verfassung verankert. Sie werden Meinungsumfragen zufolge von mindestens 80 Prozent der Bevölkerung unterstützt.

Georgien hatte wenige Tage nach dem russischen Angriff auf die Ukraine zusammen mit dieser und Moldau einen Antrag auf Mitgliedschaft in der Europäischen Union gestellt. Im Juni gewährten die Staats- und Regierungschefs der EU Kiew und Chisinau den offiziellen Kandidatenstatus, erklärten jedoch, dass Tiflis zunächst eine Reihe von Reformen durchführen müsse.

In jüngster Zeit nährten aber mehrere Maßnahmen der Regierung Befürchtungen, das Land könne sich Russland zuwenden.

Verwendete Quellen
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