Newsblog zum Krieg in Nahost Angst vor Sabotage? Iran will alle Ausländer ohne Papiere ausweisen

Zahlreiche Ausländer müssen den Iran verlassen. Derweil greift Israel weiter im Libanon an. Alle Entwicklungen im Newsblog.
Freitag, 27. Juni
Iran will alle Ausländer ohne Papiere ausweisen
Nach dem Krieg mit Israel will der Iran alle Ausländer ohne gültigen Aufenthaltstitel ausweisen – darunter viele Afghanen. Häuser und Wohnungen, die an Afghanen vermietet sind, sollen beschlagnahmt oder versiegelt werden, berichtete die iranische Nachrichtenagentur Mehr unter Berufung auf einen Brigadegeneral der Grenzpolizei.
Im Iran leben nach unterschiedlichen Schätzungen mehrere Millionen Afghanen, viele ohne legalen Aufenthaltsstatus. In den Metropolen arbeiten viele von ihnen im Niedriglohnsektor, etwa in kleinen Supermärkten oder auf Baustellen.
Im Zuge des Kriegs mit Israel hatten iranische Sicherheitsdienste auch Afghanen für Sabotageakte und verdeckte Operationen verantwortlich gemacht. Berichtet wurde von Angriffen kleiner, mit Sprengstoff beladener Drohnen, die im Land gefertigt worden sein sollen. Bereits in den vergangenen Tagen war von Hunderten Festnahmen mutmaßlicher Kollaborateure die Rede. Irans Justizchef drohte ihnen mit Strafen im Schnellverfahren.
Iran verlängert weitgehende Sperrung seines Luftraums
Der Iran hat die weitgehende Sperrung seines Luftraums trotz der Waffenruhe mit Israel erneut verlängert. Die Maßnahme gelte zunächst für einen weiteren Tag bis Samstag, 14 Uhr Ortszeit (12.30 Uhr MESZ), berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Irna unter Berufung auf einen Ministeriumssprecher.
Einige Lockerungen und Überfluggenehmigungen gelten aber bereits, und zwar für den Osten des Landes. Der Flughafen in Teheran, Hauptziel internationaler Flüge, bleibt weiterhin geschlossen. Das Tracking-Portal Flightradar verzeichnete vereinzelte Flüge im Osten und entlang der Südostküste Irans.
Israels Luftwaffe greift Hisbollah-Stellungen im Libanon an
Die israelische Luftwaffe hat nach eigenen Angaben Stellungen der Terrororganisation Hisbollah im Libanon angegriffen. Es habe sich um einen Teil eines unterirdischen Hisbollah-Stützpunkts gehandelt, der bereits zuvor Ziel israelischer Angriffe gewesen sei, zitierten israelische Medien einen Armeesprecher. Die Hisbollah habe versucht, unterirdische Stellungen im Bereich der strategisch gelegenen Kreuzritterfestung Beaufort wiederherzustellen und damit gegen die Waffenstillstandsvereinbarung verstoßen.
Auf Bildern in libanesischen Medien waren mehrere hohe Rauchsäulen zu sehen. Aus Sicherheitskreisen in Beirut war zu hören, es habe mindestens fünf schwere Luftschläge auf Hügeln nahe der Stadt Nabatije gegeben. Über Tote und Verletzte gab es zunächst keine Angaben. Lokalen Medienberichten zufolge suchten die Menschen in Nabatije Schutz aus Angst vor den weithin hörbaren Explosionen.
Israels Angriff auf Ewin-Gefängnis fordert zivile Todesopfer
Bei Israels Angriff auf das berüchtigte Ewin-Gefängnis in der iranischen Hauptstadt Teheran sind Berichten zufolge mehrere Zivilisten ums Leben gekommen. Unter den Toten waren unter anderem eine Sozialarbeiterin und ihr Sohn, wie die Tageszeitung "Shargh" berichtete. Erst drei Tage nach dem Angriff seien die Leichen der 52-Jährigen und ihres fünf Jahre alten Sohnes aus den Trümmern geborgen worden.
Die Leiche des Jungen wurde dem Bericht zufolge in den Armen eines Kollegen seiner Mutter gefunden. Seit zehn Jahren setzte sich die Sozialarbeiterin für Gefangene in der Haftanstalt am Fuße des Albors-Gebirges ein. Am Tag des Angriffs hatte sie ihren Sohn mit zur Arbeit genommen, da der Kindergarten geschlossen war. Auch weitere iranische Medien berichteten über den Fall.
USA wollen Iran offenbar Milliarden-Deal vorschlagen
In der Trump-Regierung wird offenbar erörtert, dem Iran bis zu 30 Milliarden Dollar für den Aufbau eines zivilen Atomprogramms zu geben, die Sanktionen zu lockern und Milliarden von Dollar an gesperrten iranischen Geldern freizugeben. Voraussetzung ist, dass das Mullah-Regime an den Verhandlungstisch zurückkehrt, berichtet CNN und beruft sich auf vier mit der Angelegenheit vertraute Quellen. Es seien auch während der Angriffe auf den Iran Gespräche geführt worden. Beamte der Trump-Regierung betonten gegenüber dem Sender, dass mehrere Vorschläge unterbreitet wurden. Sie seien vorläufig, wobei eine einzige Bedingung nicht verhandelbar ist: keine iranische Urananreicherung, die der Iran immer wieder gefordert hat.
Der iranische Außenminister Abbas Araghtschi bestätigte zwar den Austausch mit mehreren Kollegen, zeigte sich gegenüber neuen Atomverhandlungen mit den USA allerdings zurückhaltend. "Aber was die Verhandlungen mit den USA betrifft, so evaluieren wir gerade, was das Beste für unsere nationalen Interessen ist", sagte er dem Staatssender IRIB. Bislang gebe es weder Pläne noch Zusagen für eine Wiederaufnahme der Verhandlungen.
Israel: Wissen nicht, wo das iranische Uran ist
Der israelische Verteidigungsminister Israel Katz hat gesagt, Israel habe seinen Krieg gegen den Iran begonnen, ohne zu wissen, ob US-Präsident Donald Trump sich an der Offensive beteiligen würde. Er betonte im Sender Channel 12 jedoch, dass Israel zuversichtlich gewesen sei, dass die USA bei der Verteidigung des Landes helfen würden. "Bei der Verteidigung wussten wir, dass sie [die USA] uns zur Seite stehen – und sie haben eine großartige Arbeit geleistet", sagte Katz.
Katz gab auch zu, dass Israel nicht weiß, wo sich das gesamte angereicherte Uran des Irans befindet, behauptete aber, dass seine Militärschläge die Anreicherungskapazitäten Teherans zerstört haben. "Das Uran selbst, das Material, war nicht das Ziel des Angriffs", sagte er. Katz wiederholte seine Äußerungen gegenüber anderen Nachrichtenagenturen und sagte, Israel hätte den Obersten Führer des Iran, Ayatollah Ali Khamenei, ermordet, "wenn wir ihn im Visier gehabt hätten".
Hier lesen Sie ältere Nachrichten zum Krieg in Nahost.
- Eigene Recherche
- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa, AFP und Reuters