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Analyse des Iran-Konflikts: Soleimani-Tod ist für Trump ein Pyrrhus-Sieg


Gefährliche Strategie
Angriff auf Irans Top-General: Trump droht ein Pyrrhussieg

  • Peter Schink
Von Peter Schink

Aktualisiert am 03.01.2020Lesedauer: 3 Min.
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Tod des Al-Kuds-Brigaden-Chefs – Demonstranten in Teheran zünden eine US-Flagge anVergrößern des Bildes
Tod des Al-Kuds-Brigaden-Chefs – Demonstranten in Teheran zünden eine US-Flagge an (Quelle: Vahid Salemi/dpa-bilder)

Die rhetorische Reaktion des Iran auf den Tod des Al-Kuds-Brigaden-Chefs hätte schärfer nicht ausfallen können. Bleibt Teheran bei seiner Linie, könnte Trumps Strategie aufgehen. Sicher ist das nicht.

Der Iran ist sichtlich getroffen. In der Nacht zu Freitag starb mit dem Chef der Al-Kuds-Brigaden, Ghassem Soleimani, der wichtigste Strippenzieher des Landes für die ganze Region. Er führte ein Schattenregime im Irak, half Syriens Machthaber Baschar al-Assad im Amt zu bleiben, hielt die Verbindung zur Hisbollah im Libanon und zur Hamas im Gazastreifen.

Die Reaktion kam prompt, die Führung in Teheran regierte mit harten Worten: "Heute mögen sich die Amerikaner und die Zionisten noch über den Tod des Generals freuen. Aber schon bald werden wir diese Freude in Trauer umwandeln", sagte der Sprecher der iranischen Revolutionsgarden, Ramesan Scharifi, im Staatsfernsehen. Mehr als die übliche Rhetorik? Davon gehen nicht nur die USA aus, die ihre Bürger am Freitag zur Ausreise aus dem Irak aufforderten.

Um Stärke zu zeigen, ernannte die iranische Führung zugleich Soleimanis bisherigen Stellvertreter, Esmail Kaani, zu dessen Nachfolger.

Reichlich Ziele für Vergeltungsschläge

Doch wie wird die Reaktion Teherans ausfallen? Aus Sicht des Iran haben die USA mit der Ermordung von Soleimani eine rote Linie überschritten. Da kann die Reaktion gar nicht drastisch genug ausfallen. Aus Sicht der iranischen Führung müssen jetzt Amerikaner sterben. Ziele für Vergeltungsschläge gegenüber den USA und deren Verbündeten gibt es in der Region reichlich: Die 5.000 im Irak stationierten US-Soldaten, Handelsschiffe im persischen Golf, Ziele in Saudi-Arabien, der Staat Israel. Experten befürchteten deshalb am Freitag eine Spirale der Gewalt, verursacht nicht nur durch Iran direkt, sondern auch durch deren verbündete Akteure in der Region.

Eskaliert die Gewalt, könnten sich die USA schließlich doch zu direkten Militärschlägen gegen den Iran gezwungen sehen.

Iran vermeidet kriegerische Auseinandersetzungen

Klar ist, Teheran hat sich seit dem Krieg gegen den Irak nicht mehr in eine direkte kriegerische Auseinandersetzung begeben. Im Jahr 1980 griff der Irak nach mehreren Provokationen Irans das Nachbarland an. In acht Jahren Krieg starben auf beiden Seiten bis zu einer Million Menschen. Bis heute ein Trauma für das Land. Eine Eskalation, die zu einem Krieg auf dem Territorium des Iran führen könnte, vermied das Regime deshalb bislang. Stattdessen verstrickte sich der Iran in immer mehr indirekte Konflikte – Soleimani hatte daran einen großen Anteil.

An einem offenen Krieg gegen die USA hat der Iran kein Interesse. Trumps Strategie könnte also aufgehen.

Doch wie strategisch der Iran nun bleiben wird, oder wie unberechenbar die Reaktionen ausfallen, ist völlig unklar. US-Präsident Donald Trump geht folglich mit dem Militärschlag ein hohes Risiko ein. Doch was war eigentlich sein Ziel?

Was will US-Präsident Trump?

Er selbst sagte, er wolle mit dem Angriff weitere Angriffe auf US-Soldaten in der Region unterbinden. Er riskiert aber, das Gegenteil zu erreichen.

Bislang hatte auch Trump einen offenen Konflikt mit Iran immer abgelehnt – und in diesem Punkt seinem ehemaligen Sicherheitsberater John Bolton in der Vergangenheit widersprochen. Diesem Konflikt ist Trump nun deutlich näher gekommen.

Die schiitischen Milizen im Irak riefen bereits am Freitag zu Vergeltungsschlägen auf. Und die Al-Kuds-Brigaden verstehen sich in gezielten Provokationen und Angriffen nur zu gut. Daran ändert der Tod Soleimanis nichts.

Irakische Regierung schon jetzt handlungsunfähig

Der Angriff kommt für den Irak zur Unzeit. Die irakische Regierung ist derzeit de facto handlungsunfähig. Wegen der anhaltenden Proteste gegen die Regierung hat Ministerpräsident Adel Abdel Mahdi seinen Rücktritt erklärt, er ist nur noch geschäftsführend im Amt. Im Hintergrund tobt ein Machtkampf um seine Nachfolge. Einer der wichtigsten politischen Akteure: die irantreuen Schiitenmilizen. Ihnen dürfte es jetzt noch mehr als bisher darum gehen, mit jedem Mittel den Abzug der US-Truppen aus dem Irak zu erreichen.

Wenn sich die Milizen jetzt durch den Angriff auf Soleimani gestärkt sehen, könnte die Lage wirklich eskalieren. Nehmen die Angriffe zu, hätten weder Washington noch Teheran eine Strategie, den Konflikt weiter begrenzt zu halten.

Verwendete Quellen
  • Mit Material von Nachrichtenagenturen dpa und AFP
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