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Donald Trump: Wie die Epstein-Verschwörung den US-Präsidenten einholt


Aufstand in der MAGA-Bewegung
Trump verliert die Kontrolle


17.07.2025 - 16:00 UhrLesedauer: 6 Min.
US-Präsident Donald Trump im Oval Office des Weißen Hauses: "Schwächlinge!"Vergrößern des Bildes
US-Präsident Donald Trump im Oval Office des Weißen Hauses: "Schwächlinge!" (Quelle: Nathan Howard)
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Donald Trump gerät durch die Epstein-Akten-Affäre unter Beschuss der eigenen Anhänger. Sie werfen ihm vor, eine "Kundenliste" des verstorbenen Sexualstraftäters zu vertuschen. Er wird damit zum Opfer einer Erzählung, die er selbst befeuerte.

Das größte Problem von Donald Trump lässt sich wohl am besten mit einem alten amerikanischen Kinderspielzeug beschreiben. Es schießt ihm derzeit täglich entgegen. So wie der berühmte "Jack in the Box", ein Clownkopf, befestigt an einer Feder, der aus einer Kiste springt. Egal, wie oft der US-Präsident versucht, den Deckel der Box zu schließen – der Springteufel hüpft immer wieder heraus und lacht ihn gehässig an.

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Am Mittwoch hatte Trump genug. Der US-Präsident saß im Oval Office und hielt seine angestaute Wut vor den Reportern nicht mehr zurück. Sie richtet sich plötzlich gegen die eigenen Unterstützer und die eigene Partei. Als "Schwächlinge" bezeichnete er sie, er schien außer sich zu sein. Der US-Präsident sprach von ihnen als "seinen ehemaligen Anhängern", die auf diesen Schwachsinn komplett hereingefallen seien.

"Das alles war ein großer Schwindel, der von den Demokraten inszeniert wurde", behauptete Trump. "Ein paar dumme und törichte Republikaner" hätten sich davon täuschen lassen und würden damit die Arbeit der Demokraten übernehmen, sagte er. Auch auf seinem sozialen Netzwerk "Truth Social" legte er nach.

Ein tektonisches Beben

Was den US-Präsidenten am Mittwoch so in Rage versetzte, sind die sogenannten "Epstein-Files". Die angeblichen Geheimakten über den verstorbenen Investmentbanker und Sexualstraftäter sind das Symbol einer seit Jahren gewachsenen Verschwörungserzählung, die in seiner "Make America Great Again" (MAGA)-Bewegung viele Anhänger hat. Erstmals droht Donald Trump nun, selbst zum Ziel dieser Erzählung zu werden.

Etwas verschiebt sich deshalb gerade massiv. Wie ein tektonisches Beben zieht es durch die rechte Landschaft Amerikas: Ausgerechnet jener Mann, der jahrelang von der Vorstellung eines "Deep States", also eines angeblichen Schattenstaates, lebte und zweimal ins Weiße Haus gewählt wurde, steht angesichts der Epstein-Akten plötzlich selbst unter Verdacht, Teil eines Vertuschungsapparats zu sein. Der Meister der Verschwörungen wird von seinen eigenen Jüngern gejagt.

Die "Kundenliste": Symbol einer Verschwörungstheorie

Zwar ist der US-amerikanische Finanzinvestor Jeffrey Epstein bereits seit 2019 tot. Doch der Mann, der ein großes Netzwerk aus reichen und mächtigen Freunden besaß und seinen opulenten Lebensstil mit dubiosen Machenschaften finanzierte, lässt die Amerikaner nicht los. Epsteins Taten und die Umstände seines Todes haben sich zu einer der langlebigsten und explosivsten Verschwörungserzählungen unserer Zeit entwickelt.

Der Mann, der wegen sexuellen Missbrauchs und Zwangsprostitution zahlreicher Minderjähriger im Gefängnis saß, wurde noch vor Beginn seines Prozesses tot in seiner Gefängniszelle aufgefunden. Die offizielle Version lautet: Suizid. Doch genau das glauben viele bis heute nicht. Epsteins Tod war die eigentliche Geburtsstunde der Verschwörungserzählung.

Angeblich führte Epstein demnach eine "Kundenliste" mit Namen einflussreicher Personen, die von seinem Sexhandelsring mit Minderjährigen profitiert haben sollen. Trotz jahrelanger Forderungen, diese Liste offenzulegen, gibt es keinerlei Beweise für deren Existenz. Doch die Gerüchte halten sich hartnäckig.

Gerade die MAGA-Bewegung hatte im vergangenen Wahlkampf damit vehement Stimmung gegen die Demokraten gemacht. Trumps Anhänger fieberten seiner Präsidentschaft auch deswegen entgegen, weil sie darauf hofften, dass er endlich die Kundenliste offenlegt, auf welcher hauptsächlich die Namen der politischen Gegner aus den Reihen der Demokraten vermutet wurden.

Warum die Epstein-Akten jetzt wieder hochkochen

Ein Interview von Trumps Justizministerin Pam Bondi bei Fox News im Februar brachte die Lawine, die jetzt auch den Präsidenten gefährdet, ins Rollen. Sie behauptete zuerst, die Liste mit Epstein-Kunden liege "auf ihrem Schreibtisch". Die rechte Szene war wie elektrisiert. Das Weiße Haus verteilte später sogar ausgewählte einzelne Seiten der Ermittlungsakten und händigte sie insbesondere rechtsextremen Influencern aus.

Das Problem: Darin stand nichts Neues und auch nichts Brisantes. Trumps Basis war unzufrieden und machte zunehmend Pam Bondi für diese Verzögerungen verantwortlich. Anfang Juli erklärten die Regierungsbehörden dann überraschend: Es gebe überhaupt keine solche Kundenliste von Epstein, die Ermittlungen dazu seien abgeschlossen. Das Ergebnis war ein zweiseitiges Memo und der empörte Aufschrei der MAGA-Bewegung.

Die Rebellion der rechten MAGA-Prominenz

Prominente und einflussreiche rechte Figuren wie der Journalist Tucker Carlson, die rechten Influencerinnen Candace Owens und Laura Loomer, die Politikerin Marjorie Taylor Greene oder Trumps früherer Berater Steve Bannon reagierten mit offenen Angriffen auf die Trump-Regierung.

Tucker Carlson etwa warf Trumps Justizministerin vor, sie habe in Wahrheit gar nicht genügend Informationen zu Epsteins Kundenliste. Anstatt dies einfach zuzugeben, stelle sie absurde Behauptungen auf. Dies sei nun der Grund für die Wut im MAGA-Lager. Die Rechtsextremistin Candace Owens griff Donald Trump sogar direkt vor ihrem Millionenpublikum an und warf ihm vor, seine eigene Basis für "dumm" zu halten. "Der Epstein-Skandal ist definitiv ein tödlicher Krebs für Trumps MAGA-Bewegung", sagte sie.

Die Kongressabgeordnete Marjorie Taylor Greene gehört eigentlich zu den glühendsten Anhängerinnen von Donald Trump. Aber die rechte Republikanerin aus Georgia verbreitete als Anhängerin Verschwörungserzählungen, seit Jahren auch die zum Fall Epstein. Über die jetzige Verkündung der Trump-Regierung, es gebe gar keine Epstein-Liste, sagte sie in einem Interview: "Das ist eine völlige Verkehrung dessen, was zuvor gesagt wurde, und die Leute sind einfach nicht bereit, es zu akzeptieren."

Greene sagte weiter: "Das ist einfach ein Schlag in den Magen, wenn normale Menschen andauernd ins Gefängnis kommen, sobald sie Fehler machen oder etwas Falsches tun." Bei den Eliten hingegen scheine es immer so, als würden sie einfach entkommen. "Amerika verdient die Wahrheit über Jeffrey Epstein und die reichen, mächtigen Eliten in seinem Umfeld", forderte sie zuletzt.

Trump verliert die Kontrolle über seine Bewegung

Der Aufruhr im eigenen Lager ist für Trump in der Tat gefährlich. Ausgerechnet er, der sich stets als Außenseiter und Quereinsteiger in der Politik inszenierte, gerät plötzlich bei seinen Leuten selbst unter Verdacht, Teil dieses "Systems" zu sein. Schon vor seinem neuesten Ausbruch versuchte er sich mit einem Mix aus Abwehr, Ablenkung und Spott dagegen zu wehren. "Reden die Leute immer noch über diesen Typen? Das ist ja unglaublich!", sagte er etwa zuletzt genervt auf eine Reporterfrage. Auf seinem Netzwerk Truth Social schrieb er: "Selbstsüchtige Leute versuchen, unsere perfekte Administration zu sabotieren – wegen eines Typen, der nie stirbt: Jeffrey Epstein."

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Doch diese Strategie verfängt offenbar nicht mehr. Der Skandal hat das Potenzial, die republikanische Partei ins Wanken zu bringen. Führende Trump-Verbündete wie der Sprecher des Repräsentantenhauses Mike Johnson fordern mittlerweile selbst Transparenz: "Ich bin für Offenheit. Wir sollten alles offenlegen und die Leute entscheiden lassen." Auch Ghislaine Maxwell, Epsteins längjährige Freundin und Komplizin, signalisiert ihre Bereitschaft, vor dem Kongress auszusagen.

Es sind jetzt ausgerechnet die Demokraten, die zuletzt die Freigabe der Akten per Gesetz erzwingen wollten. Sie scheiterten nur knapp, denn nur ein einziger Republikaner, Ralph Norman, stimmte mit ihnen. Noch gibt es im Kongress also keine großangelegte, offene Rebellion gegen Trump. Aber Ralph Norman könnte ein Vorgeschmack darauf sein. Der Argwohn bei den Trump-Wählern wächst. Warum verhindern der Präsident, seine Minister und die Republikaner Aufklärung in einer Sache, die ihnen so viel bedeutet?

Eine Verschwörung, die stärker als Trump ist

Die politische Gefahr für Trump ist real, weil das Vertrauen zunehmend zerbröckelt. Der rechte Agitator und Ex-Trump-Berater Steve Bannon warnte bereits in seinem Podcast "Bannon's War Room": Wenn zehn Prozent der MAGA-Anhänger abspringen, könne das die Partei bei den kommenden Zwischenwahlen 40 Sitze im Repräsentantenhaus kosten. Der rechte Kommentator Jack Posobiec kündigte an, man werde "nicht ruhen, bis wir einen Untersuchungsausschuss zu den Epstein-Akten haben werden."

Es sind immer neue Äußerungen aus dem rechten Lager, die wie weitere Springteufel aus der Kiste hüpfen. Trumps Anhänger wirken wie besessen von einem unbedingten Willen zu einer Wahrheit, die es gar nicht gibt. Darum wirkt nun auch jeder Versuch, die eigenen Leute mit plausiblen Argumenten zu überzeugen, in deren Augen wie dreiste Vertuschungsversuche. Die dunkle Macht der Verschwörung wirkt stärker als die ihres stärksten Vertreters.

Sorge vor dem politischen Super-GAU

Trump versucht deshalb auch verzweifelt, die selbsterfundene Lügen-Erzählung zur Epstein-Kundenliste plötzlich den Demokraten in die Schuhe zu schieben. "Obama, Clinton und Biden haben diese Akten geschaffen", behauptet er jetzt. Dabei wurde der Fall während seiner ersten Amtszeit eröffnet. Für Trump aber scheint es nun der einzige Ausweg aus dem Dilemma zu sein, seinen fanatischen Fans nicht das liefern zu können, wonach sie gieren. Der Präsident muss befürchten, dass die eigenen Anhänger ihn inzwischen ebenfalls verdächtigen, mit seinem Namen auf der ominösen Liste zu stehen, und er deshalb die Veröffentlichung verhindert. Seine langjährige Nähe zu Epstein und dessen Netzwerk ist nachweisbar und dokumentiert. Für Trump kann sich das darum alles noch zu einem politischen GAU entwickeln.

Am Donnerstag versuchte er es also wieder mit Ablenkung, um seine Basis bei Laune zu halten. Trump behauptete, zu liefern, indem er verkündete, dass er Coca-Cola dazu gebracht habe, seine Rezeptur zu verändern. Statt Maissirup würde der Konzern künftig Rohrzucker zur Süßung verwenden, erklärte Trump. Wie die Verschwörungstheorien um Epstein oder John F. Kennedy gehört die Zuckerdiskussion ebenfalls zu den Lieblingsthemen der MAGA-Anhänger. Nach Meinung vieler sei der Maissirup im Vergleich zum Rohrzucker von schlechterer Qualität und gesundheitsschädlich. Trump möchte hier einen billigen Sieg verkünden. Ob Coca-Cola wirklich seine Rezeptur verändert, ist derweil unbekannt.

Parallel dazu ist die Epstein-Verschwörungserzählung auch weiterhin nicht totzukriegen. Epsteins früherer Gefängnisnachbar, Michael Franzese, äußerte sich vor Kurzem in einem Fernsehinterview. Auch er säte Zweifel am Selbstmord Jeffrey Epsteins, der sich in seiner Zelle erhängt haben soll. An der Decke der Zelle habe es etwa überhaupt keine Möglichkeit gegeben, etwas zu befestigen, so Franzese. Außerdem hätten die Wärter regelmäßig nach Epstein geschaut, weil man einen Suizid befürchtete.

Verwendete Quellen
  • Eigene Überlegungen
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