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Handelsstreit mit China: "Donald Trump operiert am Rande des Abgrunds"


US-Handelsstreit mit China
"Trump operiert am Rande des Abgrunds"

InterviewVon Tim Kummert

Aktualisiert am 07.05.2019Lesedauer: 4 Min.
Interview
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Der Gesprächspartner muss auf jede unserer Fragen antworten. Anschließend bekommt er seine Antworten vorgelegt und kann sie autorisieren.

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Klaus Benesch: So wie Trump seine Geschäfte gemacht hat, so macht er jetzt auch Politik, also mit Machtdemonstrationen und Drohgebärden.Vergrößern des Bildes
Klaus Benesch: So wie Trump seine Geschäfte gemacht hat, so macht er jetzt auch Politik, also mit Machtdemonstrationen und Drohgebärden. (Quelle: gettyimages/narvikk/t-online)

Seit Wochen ringen die USA mit China um ein Handelsabkommen. Jetzt drohen die Gespräche zu platzen – wegen zweier Tweets von Donald Trump. Ein Experte erklärt, was das bedeutet.

Nachdem es zuletzt wieder Hoffnungen im Handelsstreit mit China gegeben hatte, hat US-Präsident Donald Trump den Druck überraschend wieder erhöht – und damit massive Verunsicherung an den Finanzmärkten geschürt. Nur wenige Tage vor Beginn neuer Verhandlungen in Washington kündigte Trump per Twitter eine drastische Zollerhöhung für chinesische Waren an. Mit unbestimmten Auswirkungen für die Weltwirtschaft.

Klaus Benesch ist Experte für die Handelspolitik der USA und lehrt am Amerika-Institut der Universität in München. Im Interview erklärt er, warum Donald Trump einen Abbruch der Gespräche riskiert, wie die Verhandlungspartner regieren werden und wie Peking westliche Regierungen um den Finger wickelt.

Donald Trump gefährdet mit zwei Tweets die Handelsgespräche zwischen den USA und China. War das eine Übersprungshandlung des Präsidenten oder Taktik?

Trump ist ein Taktiker, der sich allerdings in der Vergangenheit auch als leicht berechenbar erwiesen hat. Man weiß zwar nicht, wie groß der Einfluss seiner Berater war, ich glaube aber, dass er dieses Mal selbst agiert. Trump ist gelernter Geschäftsmann, das kommt hier besonders deutlich zum Ausdruck: So wie er seine Geschäfte gemacht hat, so macht er jetzt auch Politik, also mit Machtdemonstrationen und Drohgebärden.

Diese Machtdemonstration umfasst die Ankündigung, die Strafzölle auf China-Importe ab Freitag von 10 auf 25 Prozent hochzusetzen, mit der Option, demnächst auch den restlichen Warenverkehr zu sanktionieren. Was will Trump damit bezwecken?

Zunächst ist wichtig: Trump will unbedingt als 'Sieger' aus den Verhandlungen gehen, und sich als großen 'Dealmaker' inszenieren. Er braucht dringend Erfolge, weil er innenpolitisch massiv unter Druck geraten ist, durch die verschiedenen Ermittlungen, die gegen ihn laufen. Nach dem geplatzten Nordkorea-Deal ist er jetzt zusätzlich auf außenpolitische Erfolge angewiesen, wenn er die nächsten Wahlen gewinnen will. Verhandlungen mit China sind zudem delikat: Bei solchen offiziellen Runden wird viel im Hintergrund besprochen, was nicht an die Öffentlichkeit dringt.

Die Gespräche mit den Chinesen standen doch offenbar kurz vor dem Durchbruch?

Zwar haben Amerikaner und Chinesen, wie Sie sagen, behauptet, dass sie sich einig sind. Doch in Verhandlungen mit China schwingen oft viele Dinge mit: Da geht es viel um Industriespionage, um nur ein Beispiel zu nennen. Weil auch Trump nicht richtig weiß, wie weit er den Chinesen trauen kann, erhöht er jetzt mal präventiv den Druck auf das Land.

Die chinesische Regierung scheint von seiner Ankündigung völlig überrascht zu sein. Ist abzusehen, wie die dortige Regierung jetzt reagieren wird?

Die Expansionspolitik der Chinesen ist auf zwei Säulen gebaut: Zum einen Kooperation mit den Amerikanern, und ein wenig Liberalisierung nach innen, aber trotzdem ein Festhalten an der Ein-Parteien-Politik. Das ist das Image, das sie versuchen zu verkaufen, und das ihnen helfen soll, im Westen Anerkennung zu finden bei wirtschaftlichen Gesprächen.

Und die zweite Säule?

Die zweite Säule, eine expansive Außenpolitik, die die Größe und wirtschaftliche Bedeutung des Landes widerspiegelt, trifft zunehmend auf Vorbehalte bei den westlichen Partnern: Die Chinesen investieren zwar beispielsweise viel nach Afrika, aber in Europa und im Mittleren und Nahen Osten weiß man auch, dass die Expansionspolitik des Landes Gefahren birgt: Die neue Seidenstraße wird dort eher skeptisch gesehen. Daher stehen auch die Chinesen unter Druck, weil sie so viele wirtschaftliche Abkommen wie möglich schließen wollen. Trotzdem: China hat zwar ein großes Interesse an einem erfolgreichen Abschluss der Gespräche – über den Tisch werden sie sich aber nicht ziehen lassen.

Amerika ist gegenüber China hoch verschuldet. Welche Rolle spielt das in den Gesprächen der Verhandlungspartner?

Das ist richtig, Trump steht bei China noch richtig tief in der Kreide. Auch das benutzen die Chinesen natürlich, um Druck zu machen. Wir haben hier zwei Verhandlungspartner, die ohne den anderen nicht können, aber trotzdem so viele eigenen Interessen wie möglich durchsetzen wollen.

Könnte der Druck, den Trump mit seinen Tweets nun aufbaut, die Gespräche jetzt zum Platzen bringen?

Ich halte das schon für denkbar, Trump operiert mit seinen Tweets am Rande des Abgrunds. Trump hat schon immer geprahlt, dass er ein erfahrener Dealmaker sei; mit einer ähnlichen Druckkulisse war er bei den Nafta-Abkommen zwar erfolgreich. Damals setzte sich Trump bei einem Freihandelsabkommen gegenüber Kanada durch. Jetzt ist es jedoch denkbar, dass er den Bogen überspannt hat. Der Ball liegt nun erst mal im Feld der Chinesen. Oder Trump rudert mal wieder zurück, auch das hat er ja schon oft getan.


Auch Trumps Außenpolitik war in letzter Zeit oft von Druck geprägt, teilweise auch militärischem. Sind jetzt Flugzeugträger und Kriegsschiffe die neue Strategie, den Iran, China und alle anderen Gegner einzuschüchtern?

Trump ist, was den militärischen Bereich angeht, eher zögerlich. Sein Sicherheitsberater Bolton und auch Außenminister Pompeo sind bei militärischem Druck schneller bei der Hand, und setzen auf eine Demonstration militärischer Macht, die andere Länder einschüchtern soll. Auf China können die Amerikaner aber nur sehr begrenzt Druck mit militärischen Mitteln ausüben; die Chinesen haben selbst eine starke Armee, in die sie in den letzten Jahren viel Geld gesteckt haben. Deshalb sind die wirtschaftlichen Verhandlungen so schwierig und zäh. Wir erleben gerade phänotypisch bei diesen Verhandlungen, welche enorme Rolle China wirtschaftspolitisch auf der Welt mittlerweile einnimmt – und wie schwierig die Verhandlungen mit dem Land sind.

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