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Corona-Maßnahmen in Deutschland: Was die Regierung dringend tun muss


Leben mit Corona
Es wird Zeit, den Schalter wieder umzulegen

  • Gerhad Spörl
MeinungVon Gerhard Spörl

Aktualisiert am 04.05.2020Lesedauer: 4 Min.
Meinung
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Bundeskanzlerin Angela Merkel: Nun braucht es endlich eine Exit-Strategie.Vergrößern des Bildes
Bundeskanzlerin Angela Merkel: Nun braucht es endlich eine Exit-Strategie. (Quelle: imago-images-bilder)

Dass Deutschland bisher glimpflich davon gekommen ist, bleibt das Verdienst der Regierung. Nun sollte sie uns möglichst schnell zu möglichst viel Normalität zurückkehren lassen.

In Berlin gibt es bisher rund 6.000 Corona-Infizierte und etwas mehr als 150 Tote. Bei einer Zahl von fast 4 Millionen Einwohnern ist das wirklich wenig. Ich bin geneigt zu sagen, dass die Vorsicht der Regierung zu diesem Minimalismus geführt hat. Ich weiß aber natürlich auch, dass es genügend Menschen gibt, die Gegenteiliges daraus schließen: Seht her, war nicht so schlimm, Freiheit und Grundrechte mussten gar nicht so stark eingeschränkt und die Wirtschaft auch nicht lahm gelegt werden.

Diese zwei Betrachtungsweisen gab es von Anfang an und der Deutungskampf nimmt zweifellos an Schärfe zu. So ist Demokratie nun einmal und das ist auch gut so. Trotzdem lohnt es sich, kurz inne zu halten und sich umzuschauen, wie es andere Länder gehalten haben, damit wir besser einordnen können, wie es uns erging.


In Frankreich erlegte der Präsident seinen Bürgern erheblich härtere Einschränkungen auf. Wer sein Haus oder seine Wohnung verließ, musste eine Bescheinigung vorweisen und durfte sich nicht weit weg bewegen, allenfalls zum Arzt, zur Apotheke oder um die Ecke in den Supermarkt. Keinesfalls konnten die Franzosen ziellos spazieren gehen oder joggen wie wir.

Berlin ist schon weiter als Italien

Frankreich wird wie Italien oder Spanien vom Coronavirus stärker heimgesucht als Deutschland. Die Ausgangssperre erließ die Regierung zur gleichen Zeit wie Deutschland seine Kontaktsperre. Warum sich aber trotz alledem in Frankreich viel mehr Menschen infizierten und starben als in Deutschland, ist für die meisten unklar.

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In Berlin dürfen wir seit einer Woche wieder Tennis spielen. Die Stadt fängt langsam an zu leben, was sich im Straßenverkehr bemerkbar macht und auch an der Zahl offener Geschäfte. Soweit ist noch nicht einmal in Bayern, geschweige denn Frankreich oder Italien.

In den USA hat der Präsident seine täglichen Pressekonferenzen eingestellt, weil das Echo ziemlich ungünstig ausfiel, um es vornehm auszudrücken. Ahnungslosigkeit zeichnet in Krisenzeiten nicht gerade aus, was sich an der Reaktion auf Trumps Vorschlag ablesen ließ, dass man vielleicht auch Desinfektionsmittel trinken könnte, um sich selbst gegen Covid-19 zu immunisieren – natürlich nicht ganz ernst gemeint, wie er später beteuerte. Dennoch erscheint es plötzlich möglich, dass der Präsident im November nicht wiedergewählt wird, nicht etwa weil Joe Biden ein herausragender Gegenkandidat wäre, sondern weil Trump seine Chancen selber schmälert, weil er so ist, wie er ist.

Die Gesundheit geht nicht mehr ausschließlich vor

Krisenzeiten verlangen nach gutem Regieren. Nach Umsicht und Begründung des Handelns, vor allem dann, wenn ein unbekanntes Virus sich auf allen Kontinenten austobt. Krisen verlangen auch nach Kenntnis und Ernsthaftigkeit der Regierenden. Was immer man gegen die Bundeskanzlerin einwenden mag, muss man sie nur mit Trump oder Jair Bolsonaro in Brasilien vergleichen, um zu wissen, dass wir mit ihr mehr als gut bedient sind.

Boris Johnson machte anfangs seine üblichen Witzchen über das Virus, bis es ihn selbst befiel und auf die Intensivstation zwang. Seither nimmt er die Krankheit ernst und stimmt sein Land darauf ein. In England wie auch in Frankreich sind bislang drei- bis viermal so viele Menschen an der Lungenkrankheit gestorben wie in Deutschland.

Wir sind in den letzten Wochen gut regiert worden. Mit dem gebührenden Ernst und ohne Besserwisserei. Gesundheit ging allem anderen vor, unserer Freiheit und auch dem Kapitalismus. Jetzt geht die Gesundheit immer noch vor, aber nicht mehr so ausschließlich. Morgen dürfen die Friseure die Corona-Matten kürzen, wie gut. Das "KaDeWe" (Kaufhaus des Westens) ist wieder ganz geöffnet. Die 800-Quadratmeter-Grenze scheint vor Gericht keinen Bestand zu haben.

Die Regierung kann den Deutungskampf gewinnen

Dass Deutschland bisher glimpflich davon gekommen ist, bleibt das Verdienst der Regierung. In der achten Woche nach dem Lockdown kann sie den Deutungskampf gewinnen, wie viel Lockerung sein darf und wie viel sein müsste, wenn sie Mut zeigt und einen klar umrissenen Zeitplan für die Rückkehr zu so viel Normalität wie möglich aufstellt.


Bis Mitte Mai sollte klar sein, wann Kitas und Schulen, Restaurants, Kneipen und Kinos, Konzerthäuser und Theater wieder öffnen – eben alles, was das Leben ordnet und bereichert. Auch die Fortsetzung der Bundesliga-Saison könnte dann endgültig feststehen. Nicht zufällig wird sie Woche für Woche verschoben, denn die Idee, isoliert Geisterspiele zuzulassen, ohne Abstimmung mit anderen Wirtschaftsbranchen, war ziemlich abwegig.

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Zudem will die Bundesregierung Mitte Mai ein Konjunkturprogramm vorlegen. Das ist nötig, damit die Arbeitslosigkeit und die Rezession begrenzbar bleiben. Ohnehin dürfte es dauern, bis die Wirtschaft unter den besonderen Bedingungen der Corona-Zeit wieder einigermaßen rund läuft.

Gesundheit ist wichtig, Freiheit aber auch und der Staat hat den Kapitalismus lange genug durch unfassbar hohe Subventionen über Wasser gehalten. Es wird Zeit, den Schalter umsichtig umzulegen. Dann können wir wenigstens wieder darüber nachdenken, wohin wir in den Urlaub fahren.

Die alte Normalität bleibt ja ohnehin eine ferne Erinnerung, so lange es keinen Impfstoff gibt. Bis dahin tragen wir eben Gesichtsmasken, halten auf Abstand und laden uns die App aufs Handy, damit die Ärzte wissen, wen wir zuletzt gesehen haben, falls wir erkranken sollten.

Und ansonsten wollen wir wieder so unbeschwert leben, wie es nur irgend geht.

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