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Donald Trumps Drohanruf nach Georgia – Pressestimmen: "Ein Staatsstreich"


Stimmen zum Skandal
Medien über Trump-Anruf in Georgia: "Es ist ein Staatsstreich"

Von t-online, mam

Aktualisiert am 04.01.2021Lesedauer: 4 Min.
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Schlimmer Machtmissbrauch? Tonaufnahmen sollen belegen, dass Donald Trump das Wahlergebnis in Georgia ändern lassen wollte. (Quelle: reuters)

Erst bettelte er – dann drohte er: US-Präsident Donald Trump hat einen ranghohen US-Politiker am Telefon aufgefordert, Wahlstimmen zu "finden". Amerikanische wie deutsche Medien sind empört.

Der abgewählte US-Präsident Donald Trump weigert sich noch immer hartnäckig, seine Niederlage gegen Joe Biden einzugestehen. Um im Amt zu bleiben, scheint ihm jedes Mittel recht – auch Bedrohung und Einschüchterung. So setzte er in einem gut einstündigen Telefonat den hochrangigen Regierungsbeamten Brad Raffensperger aus Georgia und dessen Anwalt massiv unter Druck. Die "Washington Post" veröffentlichte am vergangenen Sonntag einen Mitschnitt des Telefongesprächs.

Trump forderte in der Unterhaltung Raffensperger dazu auf, er solle ihm helfen, 11.780 Wählerstimmen zu "finden", die ihm seiner Ansicht nach bei der Präsidentschaftswahl zustünden. Als sich der Secretary of State des Bundesstaates – vergleichbar mit einem deutschen Landesinnenminister – jedoch weigerte, wechselte Trump seinen flehenden Ton und drohte ihm mit rechtlichen Konsequenzen – eine Grenzüberschreitung und Bedrohung der Demokratie, wie US-Medien kommentieren. Auch deutsche Medien haben sich zu dem Einschüchterungsversuch des US-Präsidenten positioniert. Eine Auswahl an Reaktionen.

"Washington Post": Trump klingt wie ein Mafioso

Die Washington Post titelt "Trump kennt keine Grenzen, bei dem Versuch die Wahl zu stürzen". Laut dem Hauptstadtmedium sei Trump zwar nur noch 16 Tage im Amt, jedoch gäbe es "keinen Zweifel daran, dass er alle seine verbleibende Zeit im Amt dazu verwenden wird, der Demokratie so viel Schaden wie möglich zuzufügen – und dabei unterstützt wird von Mitgliedern einer jetzt geteilten Republikanischen Partei."

Die "Washington Post" schreibt weiter: "Der Anruf war (...) so empörend wie abschreckend. Rechtsexperten können darüber debattieren, wie nah an der Grenze Trump mit dem Telefonat war. Andere können über den aktuellen Geisteszustand des Präsidenten spekulieren. Der Inhalt des Anrufs spricht für sich selbst, und die Audioauszüge sollten von jedem gehört werden, der sich um die Integrität der Wahlen in Amerika schert."

In einem weiteren Kommentar verurteilt das US-Medium den Versuch Trumps, die Wahl zu seinen Gunsten zu ändern, scharf. So heißt es im Titel: "Es ist anklagbar. Es ist wahrscheinlich illegal. Es ist ein Staatsstreich." Jennifer Rubin, Kolumnistin der "Washington Post", fordert Konsequenzen für Trump, "der wie so oft wie ein Mafioso klingt":

"Es muss eine Antwort auf einen Präsidenten geben, der sein Amt missbraucht mit dem Ziel, eine Wahl zu manipulieren. Die Beweise sind auf Band. Der nächste Generalstaatsanwalt sollte handeln, wenn schon aus keinem anderen Grund, dann zumindest dem, weitere Versuche solch verwerflichen Verhaltens zu unterbinden. Ich würde auch ein Amtsenthebungsverfahren vorschlagen, das ein Verbot der Amtsausübung für die Zukunft beinhalten könnte, nur wir wissen bereits, dass die Republikaner alles verteidigen werden, was Trump tut."

"CNN": Trumps Anruf ist eine "Bombe"

Der Nachrichtensender "CNN" nennt das Telefonat eine "Bombe". Es sei ein "erschütternder Telefonanruf", der "die bislang ernsthafteste Bedrohung durch seine (Trumps) autoritären Instinkte für die amerikanische Demokratie" darstellt.

In einem weiteren Beitrag sieht der Nachrichtensender nur zwei Erklärungen für das absurde Verhalten des US-Präsidenten: "Wenn man Trump zuhört, wie er versucht, die Fakten zu verdrängen, hört man einen Mann, der entweder völlig von der Realität abgehoben ist, oder sich feige der Zerstörung der Demokratie verschrieben hat, um seine Macht zu erhalten", schreibt CNN.

"The New York Times": "Eine bemerkenswerte Tat eines besiegten Präsidenten"

Die "New York Times" sieht in dem Telefonat Trumps eine Grenzüberschreitung. "Der Versuch, gewählte Beamte in seiner eigenen Partei zu überreden und einzuschüchtern – was nach Einschätzung von einigen Rechtsexperten nach der Rechtsprechung von Georgia strafrechtlich verfolgt werden könnte – war eine bemerkenswerte Tat eines besiegten Präsidenten, der rechtliche und ethische Grenzen in dem Versuch durchbricht, an der Macht zu bleiben", schreibt die Tageszeitung.

"Süddeutsche Zeitung": "Ein Tape – schon wieder"

Auch in Deutschland schaut man gebannt und fassungslos auf das Spektakel, mit dem der scheidende US-Präsident sein Amt verlässt. So titelt die "Süddeutsche Zeitung": "Am Apparat: Trump, der Pate", und schreibt, sein Anruf sei "beispiellos – und vielleicht sogar kriminell".

Doch so beispiellos ist seine Tat eigentlich gar nicht, meint das Blatt aus München: "Ein Tape, schon wieder. Vor exakt einem Jahr hatte Donald Trump das Impeachment-Verfahren am Hals, das mit einem umstrittenen Telefonat des US-Präsidenten mit seinem ukrainischen Amtskollegen begonnen hatte. Einige Monate später, mitten im Wahlkampf, veröffentlichte der Enthüllungsjournalist Bob Woodward Mitschnitte von Interviews, die Trumps Corona-Politik schlecht aussehen ließen. Und nun hat das neue Jahr in Washington mit einer weiteren Tonbandaufnahme begonnen, auf der Trump zu hören ist. Die Empörung darüber: Fast so groß wie bei den ersten beiden Malen."

"Frankfurter Allgemeine Zeitung": "Politisch hat Trump keine Chance auf Erfolg"

Für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" ist nach der Veröffentlichung des Telefonats klar: "Politisch hat Trump keine Chance auf Erfolg, juristisch bewegt er sich auf dünnem Eis." Das Blatt schreibt: "In dem Gespräch sind Drohungen und Lügen zu hören, die auch juristisch problematisch für Trump sein könnten."

"Welt": Trump in einer "Parallelwelt"

Die Welt schreibt, die Audioaufnahme des Telefonats zeige, in welcher "Parallelwelt" sich der US-Präsident derzeitig befinde: "Wer den Mitschnitt hört, nimmt einen Mann wahr, der mit allen Mitteln versucht, das Ergebnis der Wahl zu kippen. Trump führt unter anderem als Beweis für seinen Sieg in Georgia die – angebliche – Zahl von Besuchern seiner Kundgebungen an. Ferner verweist er auf Äußerungen Ungenannter aus anderen Bundesstaaten wie auf Trends in den sozialen Medien. So kultiviert er seinen Mythos, er sei von Biden unbesiegt."

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