"Mit Demokratie entspannter umgehen" CDU-Politikerin fordert Koalition mit der AfD

Eine brandenburgische CDU-Politikerin fordert ihre Partei dazu auf, mit der Demokratie "entspannter umzugehen". Wenn es Wählerwille sei, sollte die CDU ihr zufolge nach der Bundestagswahl auch mit der AfD koalieren.
Die brandenburgische CDU-Landtagsabgeordnete und Bundestagskandidatin Saskia Ludwig hat bei entsprechenden Mehrheitsverhältnissen nach den Neuwahlen eine Koalition ihrer Partei mit der in Teilen rechtsextremen AfD gefordert. "Wenn über 50 Prozent Mitte-rechts wählen, dann muss es auch eine Mitte-rechts-Regierung geben für die Bürger", sagte sie dem Lokalsender tvberlin in einem am Dienstag veröffentlichten Interview.
In diesem Zusammenhang bezeichnete Ludwig die vom Unionskanzlerkandidaten und CDU-Chef Friedrich Merz ausgerufene "Brandmauer" der Union zur AfD und zur Linken als "zutiefst undemokratisch". Davon profitierten lediglich die AfD und das "linke Lager", die dadurch stärker werden würden. Außerdem werde die CDU mit einer Brandmauer an linke Mehrheiten "gefesselt", so Ludwig. Die Christdemokraten hätten aber die Aufgabe, eine Partei der Mitte zu sein.
Insbesondere im Westen Deutschlands würde die AfD noch immer vorrangig als ostdeutsches Phänomen gesehen – "was sie überhaupt nicht ist, ganz im Gegenteil", so Ludwig weiter. Auch dort erziele die AfD teils zweistellige Ergebnisse. "Ich glaube, es wird noch ein Stückchen Erkenntnisprozess geben müssen, dass wir mit unserer Demokratie deutlich entspannter umgehen müssen und den Wählerwillen akzeptieren", erklärte die Landtagsabgeordnete. Nur mit einer "Mitte-rechts-Regierung" könne das eingehegt und das Land "wieder auf Kurs" gebracht werden.
In aktuellen Umfragen erreicht die Union rund vier Wochen vor der Bundestagswahl zwischen 28 und 31 Prozent. Die AfD liegt dahinter auf dem zweiten Platz mit zwischen 19 und 21 Prozent.
CDU: "Unsere Beschlusslage ist glasklar"
CDU-Chef Merz hatte vor seiner Wahl zum Parteivorsitzenden im Dezember 2021 gesagt: "Mit mir wird es eine Brandmauer zur AfD geben." Für Landesverbände "vor allem im Osten" gebe es eine "glasklare Ansage: Wenn irgendjemand von uns die Hand hebt, um mit der AfD zusammenzuarbeiten, dann steht am nächsten Tag ein Parteiausschlussverfahren an". Der CDU-Bundesparteitag fasste zudem bereits 2018 einen Unvereinbarkeitsbeschluss mit Blick auf die AfD. Die CDU lehne "Koalitionen und ähnliche Formen der Zusammenarbeit" ab, hieß es damals.
Am 10. Januar dieses Jahres positionierte sich Merz erneut eindeutig: Er werde nicht zulassen, dass in der CDU die "Brandmauer" zur AfD falle. "Ich knüpfe mein Schicksal als Parteivorsitzender der CDU an diese Antwort", ergänzte er. Auf eine t-online-Anfrage nach einer Stellungnahme zu den Aussagen Ludwigs erklärte eine Parteisprecherin am Mittwochabend lediglich: "Unsere Beschlusslage ist glasklar und auch unser Parteivorsitzender Friedrich Merz hat sich dazu mehr als deutlich geäußert: Mit der AfD wird es keinerlei Zusammenarbeit geben."
Trotz der "Brandmauer" des Parteichefs gibt es vor allem auf kommunaler und Länderebene immer wieder Zusammenarbeit zwischen CDU und der AfD. Nur fünf Tage nach Merz' jüngsten Aussagen wählten im sächsischen Landtag CDU-Abgeordnete den AfD-Politiker Carsten Hütter in die Parlamentarische Kontrollkommission. Das Gremium kontrolliert unter anderem den Verfassungsschutz des Landes, welcher den AfD-Landesverband als gesichert rechtsextrem einstufte.
Ludwig: Rechte Seite "stärker besetzen"
"Mitte bedeutet, Gesellschaft in der Mitte zu halten", schrieb Saskia Ludwig am Mittwoch mit Verweis auf ihr tvberlin-Interview auf der Plattform X. Nur dann könne eine Gesellschaft "entspannt miteinander umgehen, kreativ sein, Leistung bringen und Sicherheit garantieren". Mit Blick auf die CDU schrieb sie: "Und eine Partei der Mitte muß, wie in einem Boot, das Schlagseite hat, dafür sorgen, daß das Boot sich wieder aufrichtet. Also bei einer linken Schlagseite muß die Partei der Mitte dafür sorgen, daß die rechte Seite wieder stärker besetzt wird." Das sei Aufgabe ihrer Partei.
Ludwig sitzt bereits seit 2004 im brandenburgischen Landtag, war zudem zwischen 2010 und 2012 sogar CDU-Landeschefin. Von Dezember 2019 bis Oktober 2021 rückte sie für den CDU-Politiker Michael Stübgen in den Bundestag nach. Stübgen war damals als Minister in das brandenburgische Innenministerium gewechselt. Als Abgeordnete fiel Ludwig vor allem mit ihrem Abstimmverhalten gegen Klimaschutzmaßnahmen auf.
Ludwig könnte in den Bundestag einziehen
Bei der Bundestagswahl 2021 trat Ludwig im Wahlkreis 61 gegen Olaf Scholz (SPD) sowie Annalena Baerbock (Grüne) an und verpasste den Wiedereinzug in den Bundestag. Bei den vorgezogenen Neuwahlen am 23. Februar tritt sie auf dem aussichtsreichen Platz drei der CDU-Landesliste an. In aktuellen Umfragen liegt die CDU in Brandenburg mit 21 Prozent auf Platz zwei hinter der AfD (30 Prozent). 2021 zogen vier Abgeordnete über die Landesliste in den Bundestag ein, keiner per Direktmandat.
Ludwig steht selbst politisch innerhalb der CDU weniger in der Mitte, sondern eher weit rechts. In den vergangenen Jahren hat sie immer wieder in der neurechten Zeitung "Junge Freiheit" Interviews gegeben und Artikel veröffentlicht. Noch 2017 lehnte sie in der Zeitung eine Zusammenarbeit mit der AfD als "nicht erstrebenswert" ab. Zudem war sie Mitgründerin des brandenburgischen Ablegers der Werte-Union, eines ehemaligen ultrakonservativen, aber nicht offiziellen Netzwerks innerhalb der CDU. 2021 trat sie aus dem Verein aus, der sich im vergangenen Jahr als Partei neu gründete.
- youtube.com: "Meine Meinung: Bundestagswahl… Schicksalswahl?"
- Anfrage an die CDU
- maz-online.de: "CDU-Machtkampf um günstigen Listenplatz: Saskia Ludwig schlägt Jana Schimke"
- x.com: Beitrag von @SaskiaLudwigCDU
- tagesspiegel.de: "Saskia Ludwig distanziert sich von Werte-Union"
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa