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Beate Klarsfeld im Porträt - Jagd nach Nazis als Lebensaufgabe


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Beate Klarsfeld im Porträt - Jagd nach Nazis als Lebensaufgabe

Von t-online, dapd
Aktualisiert am 17.03.2012Lesedauer: 3 Min.
Beate Klarsfeld ist Kandidatin der Linken für das Amt der Bundespräsidentin. Bislang stieß Ihre Arbeit in Deutschland auf wenig Anerkennung - wie sie selbst beklagt.Vergrößern des BildesBeate Klarsfeld ist Kandidatin der Linken für das Amt der Bundespräsidentin. Bislang stieß Ihre Arbeit in Deutschland auf wenig Anerkennung - wie sie selbst beklagt. (Quelle: dpa)
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Eine Ohrfeige machte Beate Klarsfeld weltberühmt: Am 7. November 1968 schlug die damals 29-Jährige dem Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger öffentlich ins Gesicht - ein Ausdruck ihrer Wut darüber, dass ein Mann mit engen Verbindungen zum Nationalsozialismus in Deutschland Regierungschef werden konnte. Bis heute wird die Präsidentschaftskandidatin der Linkspartei vor allem mit dieser Ohrfeige in Verbindung gebracht. Der Schlag symbolisiert die Lebensaufgabe, die sie sich gewählt hat: den Kampf gegen das Vergessen und unbehelligte Nazi-Verbrecher.

Die Linke erhofft sich mit der prominenten Personalie einen Achtungserfolg bei der Präsidentschaftswahl am 18. März: "Viele Menschen dieser Republik bringen ihr Respekt entgegen, auch in den anderen Parteien", sagte Parteichef Klaus Ernst. "Wir sind uns sicher, dass Beate Klarsfeld mehr als die 125 Stimmen, die die Wahlfrauen und Wahlmänner der Linken in der Bundesversammlung haben, erreichen wird." Klarsfeld sei "mit ihrer Biografie, ihrer moralischen Integrität und ihrer Ausstrahlung" ein Vorbild.

2000 Mark von DDR-Regime

Doch Union und FDP machten schnell deutlich, dass Klarsfeld für sie ein Rotes Tuch bleibt. Die Fraktionen beider Parteien lehnten es ab, Klarsfeld als Gast zu empfangen. In die Kritik geriet die Linke-Kandidatin zudem durch einen "Welt"-Bericht, wonach ihr die DDR-Regierung nach der Kiesinger-Ohrfeige 2000 Mark gezahlt haben soll.

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe nannte Klarsfeld "untragbar", sollte sie "wirklich auf der Honorarliste der SED gestanden" haben. Linke-Parteichefin Gesine Lötzsch wies darauf hin, dass Klarsfeld selbst in einem Buch 1972 von der Zahlung aus dem Osten berichtet habe.

Auch Klarsfeld selbst sieht kein Problem darin, das Geld angenommen zu haben: "Das waren die ersten, die uns halfen." Auch sei verschwiegen worden, dass sie das Geld benutzt habe, um eine Aktion in Brüssel gegen Kiesinger zu organisieren, sagte Klarsfeld vergangenen Sonntag bei einer Matinee der Linken.

Schwiegereltern starben in Auschwitz

Geboren wurde Klarsfeld am 13. Februar 1939 in Berlin. Nach der Schule und einer Tätigkeit als Sekretärin ging sie 1960 als Au-Pair-Mädchen nach Paris. Frankreich wurde ihre neue Heimat, hier lernte sie Serge Klarsfeld kennen und heiratete ihn 1963. Der Vater des Juristen war in Auschwitz ermordet worden.

Für das Ehepaar Klarsfeld wurde die Auseinandersetzung mit dem Holocaust zur zentralen Lebensaufgabe. Sie demonstrierten gegen Antisemitismus und gegen das Vergessen der NS-Verbrechen, erinnerten an die Opfer der Nazis.

Kampf gegen Alt-Nazis

Spektakulär gerieten ihre Aktionen, um unbehelligt lebende NS-Kriegsverbrecher aufzuspüren und der Justiz zu übergeben. Unter anderem versuchten die Klarsfelds 1971 den früheren Pariser Gestapochef Kurt Lischka nach Frankreich zu entführen, wo dieser in Abwesenheit zu lebenslänger Freiheitsstrafe verurteilt worden war. Lischka lebte zu der Zeit von den Behörden unbehelligt in Deutschland.

Der Entführungsplan misslang jedoch, und das Ehepaar Klarsfeld wurde zu zwei Monaten Haft verurteilt. Noch im gleichen Jahr spürten die beiden den einstigen SS-Führer Klaus Barbie in Bolivien auf. Erfolglos blieb hingegen die Suche nach dem KZ-Arzt Josef Mengele.

1979 gründete das Ehepaar in New York die Beate Klarsfeld Foundation, die sich der Dokumentation des Holocaust widmet. Außerdem riefen sie die Organisation "Fils et Filles des Déportés Juifs de France" (Söhne und Töchter deportierter französischer Juden) ins Leben.

Von Sarkozy zum Offizier ernannt

Lange blieb Klarsfeld in Deutschland umstritten, zum Teil wurde sie wegen ihrer hartnäckigen Verweise auf die NS-Zeit als "Nestbeschmutzerin" angesehen. In Frankreich dagegen wurde sie mehrfach ausgezeichnet. Ende 2007 ernannte der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy sie zum Offizier der Ehrenlegion.

Zuletzt sorgte die von den Klarsfelds konzipierte Ausstellung "11.000 jüdische Kinder - Mit der Reichsbahn in den Tod" für Schlagzeilen. Diese wurde in Frankreich gezeigt und sollte anschließend auch auf deutschen Bahnhöfen aufgebaut werden, was die Deutsche Bahn ablehnte. Nach jahrelangem Streit einigten sich die Beteiligten auf einen Kompromiss: Die Ausstellung wurde in überarbeiteter Form ab Januar 2008 auf verschiedenen Bahnhöfen gezeigt.

Klarsfeld mischt sich auch lange nach dem Eintritt ins Rentenalter noch in politische Diskussionen ein. So kritisierte sie 2007 heftig die Aussage des damaligen baden-württembergischen Ministerpräsidenten Günter Oettinger (CDU), sein verstorbener Vorgänger Hans Filbinger sei ein Gegner des NS-Regimes gewesen. Filbinger hatte während der Nazi-Zeit als Marinerichter an Todesurteilen mitgewirkt.

Keine Auszeichnungen in Deutschland

Auch wenn Klarsfelds Verdienste um die Aufarbeitung der Nazi-Zeit inzwischen auch in Deutschland breite Anerkennung finden, hat sie bislang keine hohe staatliche Ehrung erhalten - sehr zu ihrem Ärger. Mehrmals wurde sie ergebnislos für das Bundesverdienstkreuz vorgeschlagen, zuletzt 2009 von der Linksfraktion im Bundestag.

"In Deutschland gibt es noch immer den Reflex, das Positive - also das Suchen und Finden der NS-Verbrecher - mit dem vermeintlich Negativen zu verrechnen - also der Ohrfeige gegen Kiesinger", beklagte Klarsfeld damals. Um geehrt zu werden, müsse sie "wohl noch auf den nächsten SPD-Bundespräsidenten warten". Nun hat sie selbst zumindest theoretisch die Chance, das Amt des Staatsoberhauptes zu übernehmen.

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