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Presse zur Corona-Maßnahmen: "An die Salami-Taktik glaubt längst niemand mehr"


Presse zur Corona-Politik
"An die Salami-Taktik glaubt längst niemand mehr"

Von dpa, t-online, aj

Aktualisiert am 20.01.2021Lesedauer: 5 Min.
Coronavirus-Schilder in Thüringen: Der Lockdown wird bis zum 14. Februar verlängert.Vergrößern des BildesCoronavirus-Schilder in Thüringen: Der Lockdown wird bis zum 14. Februar verlängert. (Quelle: Michael Reichel/dpa)
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Der Lockdown in Deutschland wird verschärft und verlängert. Darauf haben sich Bund und Länder nach stundenlangen Beratungen geeinigt. In der deutschen Presse fallen kritisch aus. Ein Überblick.

Bund und Länder haben einen verlängerten Lockdown bis zum 14. Februar beschlossen. Um die Ausbreitung hochansteckender Virus-Mutationen in Deutschland möglichst zu verlangsamen, werden zudem einige Maßnahmen verschärft. Hier sehen Sie alle neuen Beschlüsse im Überblick.Auch die deutsche Presse kommentiert: die weiteren Einschränkungen seien notwendig. Jedoch hagelt es auch scharfe Kritik an der Corona-Politik von Bund und Ländern.

Ein Überblick über einige der Stimmen

"Weser-Kurier" (Bremen): "In der Corona-Politik geht es jedoch auch um Stimmungen, um Signale. Es geht darum, keinen Zweifel daran zu lassen, dass die Bundes- und die Landesregierungen angemessen und entschlossen auf die aktuelle Lage zu reagieren imstande sind. Doch diese Bund-Länder-Runde zeugt von Halbherzigkeit, Angst vor der eigenen Courage, föderaler Dickköpfigkeit. Es gibt wohl niemanden, der nicht hofft, dass die Beschlüsse zu einer Wende in der Corona-Entwicklung führen. Was wenn (wieder) nicht? Je häufiger die Ergebnisse von Krisensitzungen mit großem Bohei im Vorfeld so lau ausfallen, desto schwerer wird es werden, der Bevölkerung den Ernst der Lage zu vermitteln."

"Rheinpfalz" (Ludwigshafen): "In den Behörden soll das Personal aufgestockt werden. Und es soll dort zweckmäßige Software installiert werden. Warum muss das ein ums andere Mal in solchen Beschlüssen festgehalten werden? Stecken wir nicht schon eine kleine Ewigkeit im Krisenmodus? (...) Und noch immer ist noch nicht einmal ein Drittel der Ämter mit der nötigen Software ausgestattet, die es ermöglicht, Infektionsketten vollständig nachzuvollziehen. Das ist die Überraschung dieser Beschlussvorlage: Dass Bund und Länder nicht in der Lage sind, die Gesundheitsämter ins 21. Jahrhundert zu holen."

"Schwäbische Zeitung" (Ravensburg): "(...) Denn der Glaube an eine normalere Zukunft wird mit jeder weiteren Verlängerung der Beschränkungen auf eine harte Probe gestellt. Die Regierung erweckt den Eindruck, als habe sie auf ihrem Weg durch die Krise die praktischen Hilfen im Alltag vernachlässigt. Ein Beispiel: Wenn es doch belegt ist, dass FFP2-Masken Träger und Umgebung besser schützen, wieso ist es dann nicht generell Pflicht, sie in Bus und Bahn zu tragen? Sie kostenlos an Bedürftige zu verteilen, wäre in Anbetracht der anderen Ausgaben kaum ins Gewicht gefallen. Auch den Wert von Schnelltests haben Bund und Länder monatelang zu gering geschätzt - obwohl sie geeignet sind, Infektionsketten frühzeitig zu unterbrechen. Diese Versäumnisse lassen sich nicht mehr rückgängig machen – und viele Hochbetagte in Heimen haben mit ihrem Leben dafür bezahlt. Die Menschen haben bislang viel Geduld für solche Fehler im Krisenmanagement aufgebracht. Sie dürfte sich aber allmählich erschöpfen."

"Neue Osnabrücker Zeitung": "Die Corona-Beschlüsse sind das politische Eingeständnis, dass der deutsche Weg der Krisenbewältigung nicht funktioniert hat. Es ist nicht gelungen, die Verbreitung des Virus entscheidend auszubremsen. Erstaunlich dabei ist, dass der politische Fokus vor allem auf weiteren Einschränkungen von Grundrechten liegt, während in anderen Punkten der Krisenapparat nach wie vor eine folgenschwere Trägheit aufweist: Warum ist es immer noch nicht gelungen, die vulnerabelste Bevölkerungsgruppe in den Heimen ausreichend zu schützen? Warum wurde der Start der Impfkampagne derart verstolpert?"

t-online.de: "(...) Merkels Autorität ist im Sinkflug. In der Bevölkerung genießt die Kanzlerin immer noch große Unterstützung – in der Spitzenpolitik wird es einsamer um sie. Seit Monaten versucht sie scharfe Regeln gegen das Virus durchzusetzen, sie mahnt, sie appelliert, sie bestellt sich handverlesene Virologen zum Gespräch und lässt sich ihren Kurs bestätigen, aber es hilft alles nichts: Sie kann sich nicht durchsetzen. Die SPD hat in den Wahlkampfmodus geschaltet, die Ministerpräsidenten beschwören vor den Kameras unisono die Virusgefahr und kochen abseits der Kameras ihr eigenes Süppchen. Das kann man richtig oder falsch finden, aber eine Strategie ist es nicht. Statt eines konsequenten Aktionsplans hat die Bund-Länder-Runde gestern Abend immerhin eine maßvolle Verstärkung der bisherigen Corona-Regeln beschlossen, der Light-Lockdown wird zum Medium-Lockdown." (mehr)

"Leipziger Volkszeitung": "Die Verlängerung der Verlängerung wird erneut verlängert. Nun noch eine Woche mehr oder weniger – macht das jetzt noch einen Unterschied? Doch wie so oft in diesen Monaten müssen wir eingestehen: Wir wissen es nicht so genau. Es fehlt nicht nur Evidenz und Erkenntnis, sondern auch Erfahrung (mit einem mutierten Virus zum Beispiel). Was wir aber auch eingestehen müssen: Es kann nicht mehr lange so weitergehen. Es ist diese lange, zähe Ungewissheit, die die Menschen mürbe macht. Die sie nachlässig werden lässt. Es ist aber auch die Ungewissheit, was denn nun eigentlich wirklich hilft."

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Hessische Niedersächsische Allgemeine" (Kassel): "Verlängerter Lockdown, verschärfte Maskenpflicht, besondere Schutzmaßnahmen für Alten- und Pflegeheime und immer neue Vorschriften für Unternehmen: Wieder haben die Ministerpräsidenten der Länder mit Kanzlerin Angela Merkel über das weitere Vorgehen in der Corona-Pandemie beraten. Und wieder ist dabei ein Kompromiss herausgekommen, glücklicherweise kein völliger Stillstand. Während sich das Land nach einem Jahr Pandemie immer schärfer in Nutznießer und Verlierer der Krise teilt, müht sich die Politik, diesen Spalt nicht zu groß werden zu lassen. Das ist aller Ehren wert. Aber es kostet auch viele Milliarden Euro. So rumpelt der Karren dem Licht am Ende des Tunnels entgegen, notdürftig geölt mit Krediten."

"Westfalen-Blatt" (Bielefeld): "Eine abermalige Verlängerung des Lockdowns mit noch strengeren Beschränkungen trotz sinkender Infektionszahlen – ist das nicht ein Widerspruch? Leider nein! Denn auch wenn die Zahl der Neuinfektionen und die 7-Tage-Inzidenzen tendenziell zurückgehen, so bleiben die Werte viel zu hoch. Von der Gefahr, dass sich die deutlich ansteckenderen Virus-Varianten auch hierzulande ausbreiten, ganz zu schweigen. Regelrecht töricht ist, wer immer noch versucht, den Gesundheitsschutz gegen die ökonomischen Interessen unserer Gesellschaft auszuspielen. Denn nichts schadet Wirtschaft und Wohlstand mehr als ein monatelanges Dahindümpeln. Nicht ohne Grund lautet ein Sprichwort: "In Gefahr und höchster Not bringt der Mittelweg den Tod". Heißt konkret: Die Zero-Covid-Strategie ist kein linksradikales Sektierertum, sondern ein ernsthafter und von vielen Wissenschaftlern favorisierter Ansatz. Es wäre gut, ihn entsprechend ernsthaft zu diskutieren."

"Stuttgarter Zeitung": "Unnötig ist das Gerede von einer angeblichen "Pandemiemüdigkeit" in der Bevölkerung. Es schürt nur Unmut, der gegen den eigentlichen Urheber des Überdrusses nichts auszurichten vermag. Das Virus könnte von den Folgen einer herbeigeredeten "Pandemiemüdigkeit" schlimmstenfalls sogar profitieren."

"Nürnberger Nachrichten": "Dass Wissenschaftler wie Politiker erneut darüber diskutieren, wie hart der Lockdown sein sollte, verdanken wir auch jenen, die selbst mit dem weicheren Lockdown nicht umgehen können, sich ihrer Verantwortung nicht bewusst sind oder sie ausblenden."

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"Frankfurter Rundschau": "Nun sind Bund und Land im Kampf gegen Corona aus dem Tritt geraten. Was die Effizienz im Kampf gegen Corona angeht, wird Deutschland im internationalen Vergleich durchgereicht. Die nun beschlossene Verlängerung des Lockdowns ist unumgänglich, um die Infektionszahlen irgendwie im Zaum zu halten. Zugleich wäre aber mehr Ehrlichkeit notwendig: Die angestrebte Zahl von weniger als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern in sieben Tagen ist in diesem Winter nicht mehr zu erreichen. Auch nicht mit medizinischen Masken in Bus und Bahn. Es ist abzusehen, dass die Schulen erst nach Ostern in einen Regelbetrieb zurückkehren können. Die neuen Beschlüsse von Bund und Ländern werden keine Kehrtwende einleiten können. Sie können den Bremsweg vielleicht verkürzen. Es braucht endlich mehr Erkenntnis, wie die Ansteckungswege verlaufen. So lange bleibt nur der Appell an die Bürgerinnen und Bürger, Kontakte möglichst zu vermeiden."

"Augsburger Allgemeine": "Handel und Gastronomie hoffen, dass es mit dem nächsten Stichtag besser werden möge. Zumindest in diesem Punkt müssen die Ministerpräsidenten endlich ehrlich sein: Den Lockdown immer wieder um ein paar Wochen zu verlängern, ist keine Strategie. Natürlich ist diese Krise die Zeit der vielen Unwägbarkeiten. Mutation. Impfstoff. Der Inzidenzwert. Umso wichtiger ist es, einen Plan zu erarbeiten, der länger hält, aufrichtig und mutig ist. An die Salami-Taktik glaubt ohnehin längst niemand mehr."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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