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Karl Lauterbach (SPD) als Gesundheitsminister: Geht er leer aus?


Karl Lauterbach
Geht er leer aus?

  • Johannes Bebermeier
Von Johannes Bebermeier

Aktualisiert am 25.11.2021Lesedauer: 5 Min.
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Karl Lauterbach: Wird der mit Abstand bekannteste SPD-Gesundheitsexperte auch Gesundheitsminister?Vergrößern des Bildes
Karl Lauterbach: Wird der mit Abstand bekannteste SPD-Gesundheitsexperte auch Gesundheitsminister? (Quelle: F. Kern/Future Image/imago-images-bilder)

Die SPD sucht einen Gesundheitsminister. Und viele sagen: Nehmt Karl Lauterbach! Dass der prominenteste Corona-Erklärer tatsächlich ins Kabinett rückt, ist aber längst nicht sicher.

Es sind nicht viele Fragen, denen sich die Ampelkoalitionäre am Mittwoch nach Wochen des Schweigens stellen. Und die meisten drehen sich noch nicht mal um den Koalitionsvertrag, den SPD, Grüne und FDP gerade vorgestellt haben, also um die Katastrophen in der Zukunft und wie man sie verhindern will. Der Großteil dreht sich um die akute Katastrophe, die keinen Aufschub duldet: Corona.

"Ist das wirklich verantwortbar und war es nicht ein schwerer Fehler ...?", so geht es schon mit der ersten Frage los. Die zweite wird nicht weniger heikel für Schon-Bald-Kanzler Olaf Scholz, auch wenn sie unschuldiger daherkommt: Wer denn nun, so will es eine Journalistin wissen, Gesundheitsminister oder Gesundheitsministerin werde?

Es ist ein offenes Geheimnis, dass Karl Lauterbach dieses Amt gerne haben würde, der SPD-Gesundheitsexperte. Er hat das selbst immer wieder gesagt, mal mehr und mal weniger verklausuliert. Es gibt nur wenige in der Ampel, die fachlich ähnlich geeignet wären. Und es gibt niemanden, der öffentlich so bekannt und anerkannt ist für seine Expertise – ein Wert für sich, gerade in Krisenzeiten.

Die Frage der Journalistin hätte also auch lauten können: Wie eigentlich kann man auf die Idee kommen, Karl Lauterbach nicht zum Gesundheitsminister zu machen?

Treffsicher dran vorbei

Das hat die Journalistin zwar nicht gefragt, doch selbst wenn – vermutlich hätte Olaf Scholz genau das Gleiche gesagt. Treffsicher an einer Frage vorbei zu antworten ist eine seiner größten Fähigkeiten in heiklen Situationen.

Die SPD werde "ihre Entscheidung gut vorbereiten", sagt Scholz nämlich. Er werde "entsprechende Vorschläge" machen, und sowieso und überhaupt: Es werde eine "hervorragende Besetzung" des Kabinetts geben, also keine Sorge.

Nur wer genau hervorragend sein wird, das wollen Scholz und die SPD eben noch nicht sagen. Der Plan ist, ihre Ministerinnen und Minister sogar erst in mehr als einer Woche zu verkünden, nachdem ein Parteitag am 4. Dezember dem Koalitionsvertrag zugestimmt hat.

Allein das zeigt schon, dass die Sache mit den Posten für die SPD durchaus kompliziert ist. Das liegt auch an Karl Lauterbach, aber eben nicht nur.

Von Kompetenzen und Proporzen

Die Verteilung der Ministerien ist in einer Koalition ein höchstkomplexes Vorhaben. Denn Kompetenz spielt zwar eine Rolle, ist aber ein Kriterium unter vielen, manchmal nicht mal das wichtigste. Der Regionalproporz spielt gerade in Parteien wie der SPD eine Rolle, die Frauenquote traditionell noch stärker bei den Grünen.

Und wenn ein Kabinett so gar nicht nach Gesellschaft 2021 aussieht, wenn also niemand mit Migrationshintergrund drinsitzt, dann wäre es mit der selbsternannten Fortschrittskoalition eben auch nicht allzu weit her.

Olaf Scholz hat sich schon früh festgelegt, dass er ein paritätisch besetztes Kabinett haben will, also nicht weniger Frauen als Männer. Der Bald-Parteichef Lars Klingbeil hat am Dienstagabend klargestellt, was das bedeutet: nämlich dass die SPD im Zweifel auch einen Männerüberhang ausgleichen würde, den FDP und Grüne durch ihre Besetzungen entstehen lassen.

Wenn es blöd läuft für Karl Lauterbach, könnte also eine Situation entstehen, in der er schlicht ein Mann zu viel fürs Kabinett ist. Oder ein Nordrhein-Westfale zu viel, Stichwort Regionalproporz.

Denn mit der bisherigen Umweltministerin Svenja Schulze gilt eine andere aus diesem Bundesland als gesetzt für einen Ministerposten. Zwei oder mehr Minister aus NRW, dafür aber keine aus dem Osten oder einem anderen wichtigen Land – das geht in der politischen Proporzlogik eben nicht.

Was man hat, muss man jetzt leider besetzen

Allerdings gehört zur Wahrheit eben auch dazu, dass ein Gesundheitsminister Karl Lauterbach nicht am Proporz allein scheitern würde. Denn die SPD kann sieben Ministerposten in der Ampelregierung besetzen, den Kanzler nicht mitgezählt. Sie hat also theoretisch genug Möglichkeiten, viele Proporze in vielen anderen Ministerien zu erfüllen.

Wenn – ja, wenn die SPD einen Gesundheitsminister Karl Lauterbach wirklich so wichtig fände.

Und genau das tun führende Sozialdemokraten eben nach allem, was zu hören ist, nicht. Eher noch gilt sogar das Gegenteil. Es gibt Genossen, die sich gewünscht hätten, dass die SPD das Gesundheitsministerium nicht bekommt, weil sich die Lauterbach-Frage für die SPD dann gar nicht gestellt hätte. Was man nicht hat, kann man nicht mit Lauterbach besetzen – so die Logik.

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Das liegt daran, dass Karl Lauterbach zumindest einigen Mächtigen in der SPD-Bundestagsfraktion eher suspekt ist. Alle betonen zwar seine Expertise, doch dann folgt eben auch regelmäßig ein Aber: Er mache eben sein eigenes Ding, sei ein Einzelgänger. Ein nicht sonderlich gut organisierter außerdem – wie soll das dann als Minister werden?

Manche sind pikiert, dass sie seine Ansichten oft als Erstes bei "Markus Lanz" erfahren und nicht in einer SPD-Fraktionssitzung. Es braucht nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, dass im ohnehin neidvollen Politikbetrieb bei einigen auch Neid auf den omnipräsenten Prof. Dr. Karl Lauterbach eine Rolle spielt.

Denn spätestens in der Corona-Krise ist Lauterbach zu einem der bekanntesten Sozialdemokraten geworden. Und das, obwohl er nicht mal mehr gesundheitspolitischer Sprecher seiner Fraktion ist, geschweige denn Fraktionsvize.

Ein Eindruck und seine Wirkung

In normalen Zeiten, so viel kann man wohl sagen, wäre ein Minister Karl Lauterbach aus all diesen Gründen gar kein Thema mehr. Mit jedem Tag aber, in dem die Corona-Krise weiter eskaliert und die Ampelkoalitionäre ihren Umgang mit ihr suchen, stellt sich für die SPD eine Frage drängender, bei der all das keine Rolle spielt.

Und die Frage lautet: Wie sollen wir den Leuten erklären, dass wir unseren bekanntesten Experten in der schlimmsten Phase der Pandemie nicht zum Gesundheitsminister machen?

Dieser Eindruck wird nur schwer einzufangen sein, zumindest kurzfristig. Und ein Eindruck kann in der Politik eben entscheidend sein: Machen wir ernst mit Corona – oder nicht?

Dafür spielt es dann im Zweifel nur eine untergeordnete Rolle, dass die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD, Sabine Dittmar, ebenfalls Ärztin ist und viel Ahnung hat. Oder Petra Köpping, die auch als Lauterbach-Alternative gehandelt wird, als Ministerin in Sachsen zumindest weiß, wie eine katastrophale Corona-Lage aussieht.

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Lauterbach selbst jedenfalls hat seine Ambitionen am Mittwochabend bei RTL noch einmal erneuert. "Ich bin seit langer Zeit in diesem Bereich tätig, also wäre es eine Überraschung, wenn ich das grundsätzlich nicht machen wollte", sagte er.

Doch dann sagte Lauterbach noch etwas, das weiterhin alles offenlässt, für ihn selbst und für die SPD: "Aber es gibt andere, die das können. Es geht hier nicht um mich."

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen und Gespräche
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