Schlegel: LÀnder können Impfpflicht nicht aussetzen
Der PrĂ€sident des Bundessozialgerichts hat sich gegen ein Aussetzen der einrichtungsbezogenen Impfpflicht ausgesprochen. Dass Ungeimpfte an den Kosten ihrer Behandlung beteiligt werden sollen, hĂ€lt er fĂŒr zulĂ€ssig.
Nach EinschĂ€tzung des PrĂ€sidenten des Bundessozialgerichts (BSG), Rainer Schlegel, können die BundeslĂ€nder die Impfpflicht fĂŒr BeschĂ€ftigte in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen nicht aussetzen. Das BeschĂ€ftigungsverbot sei im Bundesgesetz "glasklar formuliert", sagte Schlegel bei der Jahrespressekonferenz des BSG am Dienstag in Kassel. Weiter sprach er sich dafĂŒr aus, Ungeimpfte mit einem schweren Erkrankungsverlauf "maĂvoll" an den Behandlungskosten zu beteiligen.
Schlegel betonte, das im Dezember geĂ€nderte Infektionsschutzgesetz lege eindeutig fest, dass Ungeimpfte oder Genesene ab dem 16. MĂ€rz in bestimmten Pflege- und Gesundheitseinrichtungen nicht mehr arbeiten dĂŒrfen. Ausnahmen auf Landesebene seien nur zulĂ€ssig, wenn es nicht genug Impfstoff gibt. Sei die einrichtungsbezogene Impfpflicht nicht mehr gewollt, mĂŒsse der Gesetzgeber das Gesetz aufheben oder sein Inkrafttreten verschieben.
Schlegel widerspricht Söder
Damit widersprach der BSG-PrÀsident der Auffassung des Bundesgesundheitsministeriums und des bayerischen MinisterprÀsidenten Markus Söder (CSU). Dieser hatte erklÀrt, er wolle die einrichtungsbezogene Impfpflicht in Bayern vorerst nicht umsetzen.
Das Gesundheitsministerium in Berlin geht bislang davon aus, dass die GesundheitsĂ€mter in jedem Einzelfall ein "Betretungsverbot" fĂŒr Einrichtungen aussprechen mĂŒssen. Nach Ăberzeugung Schlegels greift dies jedoch nur dann, wenn Arbeitnehmer zweifelhafte Bescheinigungen vorlegen. Entscheiden mĂŒssten darĂŒber aber letztlich nicht die Sozial-, sondern die Verwaltungsgerichte, betonte Schlegel. In der Diskussion ĂŒber eine allgemeine Impfpflicht schlug der BSG-PrĂ€sident ein sogenanntes Rahmengesetz vor. Dieses könne die Voraussetzungen fĂŒr eine allgemeine Impfpflicht festlegen und dann je nach Bedarf und weiterer Entwicklung "scharfgestellt" werden.
Auch Dreyer ĂŒbt deutliche Kritik
Auch die rheinland-pfĂ€lzische MinisterprĂ€sidentin Malu Dreyer (SPD) hat den VorstoĂ von Bayerns MinisterprĂ€sident Markus Söder (CSU) und CDU-Fraktionschef Friedrich Merz zum Aussetzen der Impfpflicht fĂŒr PflegekrĂ€fte kritisiert. "So etwas schadet in der Pandemie und fĂŒhrt zu maximaler Verunsicherung", sagte Dreyer am Dienstag in Mainz. Söder und Merz wĂŒrden das beschlossene Gesetz "einseitig" und im Alleingang aufkĂŒndigen.
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Diese Entscheidung mache die Politik "unglaubwĂŒrdig", sagte Dreyer. Die Impfpflicht fĂŒr PflegekrĂ€fte sei im Bundesrat einstimmig beschlossen worden. Auch Söder habe damals dafĂŒr gestimmt. FĂŒr sie sei die Entscheidung aus Bayern "mehr als Ă€rgerlich". Rheinland-Pfalz werde sich an das beschlossene Gesetz halten.
Ungeimpfte "maĂvoll" an Behandlungskosten beteiligen
Schlegel sprach sich zudem weiter fĂŒr eine Beteiligung Ungeimpfter an den Behandlungskosten bei einem schweren Covid-Verlauf aus. Bis Ende September 2021 seien 267.000 Covid-Patienten in den KrankenhĂ€usern gewesen. Durchschnittlich lĂ€gen die Behandlungskosten zwar bei 3.700 Euro. Werde eine Beatmung notwendig, seien es aber je nach Dauer 60.000 bis 200.000 Euro, ohne spĂ€tere Folgebehandlungen. FĂŒr 200.000 Euro mĂŒssten ein Durchschnittsverdiener und sein Arbeitgeber 34 Jahre lang KrankenkassenbeitrĂ€ge bezahlen.
"Zweifellos mĂŒssen natĂŒrlich auch Nichtgeimpfte Anspruch auf das volle Programm der gesetzlichen Krankenversicherung haben", betonte Schlegel. Es wĂ€re aber wohl zulĂ€ssig, Ungeimpfte mit schwerem Verlauf je nach Einkommen und Vermögen "maĂvoll an den Kosten solch einer Behandlung zu beteiligen".
Dies sehe das Gesetz schon jetzt etwa nach missratenen Schönheitsoperationen oder Piercings vor. "Ich wĂŒrde das befĂŒrworten â wir reden viel von SolidaritĂ€t, SolidaritĂ€t ist keine EinbahnstraĂe", sagte der BSG-PrĂ€sident.