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Documenta-Skandal: Neue antisemitische Bilder entdeckt


Kassler Kunstausstellung
Neue antisemitische Bilder auf der documenta aufgetaucht

Von t-online, dpa, mm

Aktualisiert am 27.07.2022Lesedauer: 3 Min.
Video-Installation der Initiative "Archives des luttes des femmes en Algérie" auf der Documenta: Die Kunstwerke bedienen sich einer teilweise antisemitischen Bildsprache.Vergrößern des BildesVideo-Installation der Initiative "Archives des luttes des femmes en Algérie" auf der Documenta: Die Kunstwerke bedienen sich einer teilweise antisemitischen Bildsprache. (Quelle: Uwe Zucchi/dpa)
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Auch nach dem Führungswechsel bei der documenta setzt sich der Antisemitismus-Eklat um die Kunstschau fort. Neu entdeckte Karikaturen sorgen für Entsetzen.

Auf der Kassler Kunstausstellung "documenta fifteen" sind erneut antisemitische Karikaturen aufgetaucht. Fotos von Broschüren, die die Recherche und Informationsstelle Antisemitismus Hessen (RIAS Hessen) veröffentlichte, zeigen mehrere Abbildungen israelischer Soldaten, die offenbar unter Bezug auf antisemitische Stereotype verunglimpft werden.

Zunächst hatte die "Jüdische Allgemeine" darüber berichtet. Die documenta wies die Vorwürfe zurück.

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Zu sehen ist unter anderem eine Frau, die einem Soldaten mit Hakennase ihr Knie in den Unterleib rammt. Auf dem Helm des Soldaten prangt ein Davidstern, dieser soll ihn offenbar als Juden kennzeichnen. Im Hintergrund wird durch entsprechend gekennzeichnete Füße die Vergewaltigung einer arabischen Person durch einen Juden nahegelegt. Eine andere Darstellung zeigt einen Soldaten mit Davidstern, der vor einem Massengrab ein verängstigtes Kind bedroht.

Ein Besucher der Weltkunstschau hat RIAS Hessen zufolge entsprechende Darstellungen im Museum Fridericianum bemerkt und RIAS Hessen gemeldet. Die Recherche- und Informationsstelle habe die Meldung verifiziert, sagte Projektleiterin Susanne Urban am Mittwoch.

Urban: Keine Einordnung zum Thema

Es handelt sich laut Urban um Darstellungen in einer Broschüre mit dem Titel "Presence des Femmes", die 1988 in Algier, der Hauptstadt von Algerien, erschienen ist. Die darin enthaltenen Zeichnungen des syrischen Künstlers Burhan Karkoutly seien zudem mit Einordnungen versehen, die dem Staat Israel seine Legitimität absprächen. Ausgestellt hat sie demnach die Initiative "Archives des luttes des femmes en Algérie" ("Archive der Frauenkämpfe in Algerien").

Deren Ziel ist es, "ein digitales und frei zugängliches Archiv mit Dokumenten zu feministischen Kollektiven und Vereinigungen Algeriens aufzubauen, insbesondere solchen, die seit der Unabhängigkeit des Landes 1962 entstanden", heißt es auf der Internetseite der documenta. Eine Einordnung der Broschüre zu dem Thema des Frauenarchives habe nicht stattgefunden, so Urban.

Documenta stuft Material als strafrechtlich nicht relevant ein

Die documenta wies die Vorwürfe zurück. Das historische Archivmaterial sei vor rund drei Wochen aus der Ausstellung genommen worden, um es eingehender zu betrachten. "Nach der Untersuchung gibt es zwar eine klare Bezugnahme auf den israelisch-palästinensischen Konflikt, aber keine Bebilderung von Juden 'als solchen'", heißt es in einer Stellungnahme.

"Der Davidstern ist zwar ein eindeutig jüdisches Symbol, aber kennzeichnet hier als Bestandteil der Staatsflagge das israelische Militär." Das Werk sei als strafrechtlich nicht relevant eingestuft worden. Nach der Sichtung sei das Material wieder in die Ausstellung aufgenommen worden.

Antisemitismusbeauftragter fordert Prüfung aller Kunstwerke

Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, zeigte sich angesichts der entdeckten Abbildungen fassungslos. "Diese Hassbilder zeigen, dass auch die neue Documenta-Leitung immer noch nicht die notwendigen inhaltlichen und strukturellen Konsequenzen aus dem bisherigen Skandal gezogen hat", sagt Klein gegenüber der "Bild"-Zeitung. Das Versagen der Verantwortlichen gehe damit weiter. Der Antisemitismusbeauftragte fordert "die komplette Sichtung und Überprüfung aller Ausstellungsstücke auf antisemitische Inhalte"

"Die Kunstfreiheit darf kein Freifahrtschein für Judenhass sein", schrieb die deutsch-jüdische Organisation "Werteinitiative" auf Twitter. Dass der Interims-Geschäftsführer der Documenta, Alexander Farenholtz, eine Überprüfung aller Kunstwerke kategorisch ablehne, sei fahrlässig. "Antisemitismus ist nicht abstrakt, sondern eine konkrete Gefahr für jüdische Menschen und die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Das darf nicht einfach so stehen gelassen werden", heißt es weiter.

Generaldirektorin bereits zurückgetreten

Erst am Samstag hatte Farenholtz betont, dass es keine Prüfung der verbliebenen documenta-Kunstwerke geben werde. Unter allen Umständen müsse der Eindruck vermieden werden, dass durch eine "fachwissenschaftliche Begleitung eine Kontrollinstanz eingeführt" würde, hatte der Kulturmanager zu diesem Zeitpunkt erklärt. Farenholtz wurde als Interims-Geschäftsführer berufen, nachdem documenta-Generaldirektorin Sabine Schormann im Zuge des Antisemitismus-Skandals ihr Amt niedergelegt hatte.

Mit der Entdeckung der kritisierten Zeichnungen setzt sich der Antisemitismus-Eklat um die diesjährige documenta nun fort. Kurz nach der Eröffnung der neben der Biennale in Venedig bedeutsamsten Ausstellung für Gegenwartskunst Mitte Juni war ein Werk mit antisemitischer Bildsprache entdeckt und abgebaut worden. Schon Monate zuvor hatte es Antisemitismus-Vorwürfe gegen des kuratierende Künstlerkollektiv Ruangrupa aus Indonesien gegeben.

Die documenta äußerte sich am Mittwoch zunächst nicht zu den erneuten Vorwürfen. Die Stadt Kassel, deren Oberbürgermeister Christian Geselle (SPD) Aufsichtsratsvorsitzender der documenta ist, verwies auf die Geschäftsführung der Schau.

RIAS Hessen ist am Demokratiezentrum Hessen an der Philipps-Universität Marburg angesiedelt. Die Anlaufstelle nimmt hessenweit antisemitische Vorfälle auf und dokumentiert sie in Monitoring-Berichten. Mit ihr solle Antisemitismus "ganz gezielt auch unterhalb der Strafbarkeitsgrenze erfasst, analysiert, dokumentiert und damit auch bekämpft werden", erklärte Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) anlässlich ihrer Freischaltung im April dieses Jahres.

Verwendete Quellen
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