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US-Geheimdienstler wollte offenbar überlaufen – nach Deutschland


Im Austausch für Staatsbürgerschaft
US-Agent wollte offenbar nach Deutschland überlaufen


06.06.2025 - 17:10 UhrLesedauer: 3 Min.
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Befreundete Staaten: Half Deutschland den USA, einen möglichen Überläufer zu enttarnen? (Quelle: IMAGO/Chris Kleponis - Pool via CNP/imago)
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Im Widerstand gegen US-Präsident Donald Trump wollte Nathan L. streng geheime Dokumente liefern. In seiner Position könne er nicht untätig bleiben, schrieb er. Er arbeitete für einen US-Geheimdienst.

30. April, ein Park im US-Bundesstaat Virginia: Nathan L. hat Anweisung erhalten, ihn aufzusuchen. Mit einer Karte versucht er, sich zu orientieren. Was er sucht, ist ein sogenannter "toter Briefkasten", eine geheime Ablagestelle, wie sie Nachrichtendienste nutzen, um unentdeckt Informationen zu übergeben.

Unbemerkt ist L. allerdings nicht geblieben, ganz im Gegenteil: Aus sicherer Entfernung überwacht ihn ein Observationsteam des FBI, denn der 28-Jährige ist nicht irgendwer. Er arbeitet seit fast sechs Jahren bei der "Defense Intelligence Agency" (DIA), dem Geheimdienst des US-Verteidigungsministeriums, und ist dort als Computerspezialist zuständig dafür, mögliche Risiken einzudämmen, die von Mitarbeitern ausgehen könnten. Beispielsweise von Verrätern.

Der "befreundete Staat": Deutschland

Das ist nicht ganz ohne Ironie, denn in dem Park ist L., um genau das zu tun, was er sonst eigentlich zu verhindern helfen soll: Er will streng geheime Informationen an einen fremden Nachrichtendienst weitergeben. Davon sind US-Ermittler seit Wochen überzeugt, wie aus US-Gerichtsdokumenten hervorgeht, die t-online vorliegen. Die DIA hat ihn am Arbeitsplatz in Washington videoüberwacht, das FBI hat ihn observiert – und ihn als fremde Agenten getarnt per Chat genau zu jenem "toten Briefkasten" im Arlington Park gelotst, in den er schließlich einen USB-Stick werfen wird.

Dass sie L. aber überhaupt entdeckt haben, hat einen naheliegenden Grund: Statt den Informanten für eigene Zwecke einzuspannen, hat der "befreundete Staat", wie er in den Gerichtsunterlagen betitelt wird und dem er die streng geheimen Informationen anbot, ihn an die US-Behörden verpfiffen. Und bei dem "befreundeten Staat" soll es sich um Deutschland handeln, wie die "Washington Post" unter Berufung auf anonyme Quellen berichtete, die mit den Ermittlungen vertraut seien.

Motiv: Widerstand gegen Trump

Das entpuppte sich offenbar als fataler Fehler: Die deutschen Nachrichtendienste sind zur Gefahrenabwehr fast existenziell auf die Zulieferung der US-Dienste angewiesen. Zahlreiche Terroranschläge wurden durch ihre Hinweise verhindert. Einen Informanten aus ihren Reihen zu akzeptieren und aufzufliegen, hätte schwerwiegende Folgen. Blieben die Informationen künftig aus, könnte das Menschenleben kosten. "Süddeutsche Zeitung", NDR und WDR berichteten anschließend unter Berufung auf eigene Informationen, es sei der Bundesnachrichtendienst gewesen, dem L. die Informationen habe anvertrauen wollen.

Glaubt man L.'s E-Mails und Chats, die die verdeckten FBI-Ermittler laut Gerichtsunterlagen mit ihm tauschten, habe der DIA-Mitarbeiter sein Gewissen als Motiv genannt, die Top-Secret-Dokumente weiterzugeben. "Die jüngsten Maßnahmen der aktuellen Regierung sind für mich äußerst beunruhigend", schrieb er demnach direkt in der ersten Nachricht im März. Er teile die Werte der Trump-Administration nicht und beabsichtige, "mich für die Werte einzusetzen, für die die Vereinigten Staaten einst standen".

"Das lässt sich machen"

Dabei blieb er auch, als die verdeckten FBI-Ermittler ihm zurückschrieben und um weitere Informationen baten: "Ich habe vor Kontaktaufnahme lange darüber nachgedacht, und trotz der Risiken hat sich meine Einschätzung nicht geändert. Ich sehe keine Veränderung in der Entwicklung und halte es nicht für angemessen oder richtig, in meiner Position untätig zu bleiben."

Anschließend kopierte er mindestens neun geheime und streng geheime Dokumente auf den USB-Stick und brachte sie zum toten Briefkasten, wo das FBI ihn später sicherstellte – um dann wenige Tage später eine Hoffnung offenzulegen: Er erwarte nicht, "dass sich die Lage hier langfristig verbessert, selbst wenn es in Zukunft zu Veränderungen kommen sollte". Deswegen sei er an der Staatsbürgerschaft des Landes interessiert, dem er die Informationen vermeintlich geliefert hatte – also offenbar der deutschen.

Daraus wird nun nichts. Am 29. Mai wurde L. festgenommen, wie das US-Justizministerium mitteilte. Das FBI hatte ihn erneut zu einem Ort gelotst, wo er vermeintlich Dokumente an Deutschland übergeben sollte. Seine letzte Nachricht zuvor an die verdeckten Ermittler lautete: "Das lässt sich machen."

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • DOJ.gov: "U.S. Government Employee Arrested for Attempting to Provide Classified Information to Foreign Government" (engl.)

Quellen anzeigenSymbolbild nach unten

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