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Hans-Jochen Vogel: Ex-SPD-Chef glaubt an Groko


"Das ist ein Grundthema"
Vogel fordert Rückbesinnung von der SPD

Von dpa
Aktualisiert am 18.11.2019Lesedauer: 3 Min.
Hans-Jochen Vogel: Der ehemalige SPD-Chef schlägt seiner Partei verschiedene Wege aus der Krise vor.Vergrößern des BildesHans-Jochen Vogel: Der ehemalige SPD-Chef schlägt seiner Partei verschiedene Wege aus der Krise vor. (Quelle: imago-images-bilder)
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Als Hans-Jochen Vogel SPD-Chef war, kämpfte die Partei noch um die absolute Mehrheit bei Wahlen. Das ist lange her – in seinem wohl letzten Buch zeigt der 93-Jährige den Genossen nun Wege aus der Krise.

In Hans-Jochen Vogel brodelt es. Sobald der einstige SPD-Chef über "meine Partei" spricht, blitzt seine ganze politische Leidenschaft hervor: Trotz seiner Parkinson-Erkrankung sind die Augen klar, der Rücken im Rollstuhl durchgedrückt, und fast pausenlos gestikulieren seine Hände – wie einst bei seinen großen Reden im Bundestag oder auf Parteitagen.

"Jetzt gilt es, die Groko abzuarbeiten. Da ist noch manches zu tun, und für die nächste Legislatur muss dann ein Wahlprogramm vorgelegt werden mit klaren Vorstellungen und Forderungen", sagt Vogel, der von 1987 bis 1991 als Nachfolger von Willy Brandt selbst in einer für die SPD schwierigen Zeit als Parteichef in der Verantwortung stand.

Vogel glaubt, die Groko wird halten

Auch wenn die Möglichkeiten des 93-Jährigen begrenzt sind, seine Meinung zur SPD und zur Bundesregierung nach dem Kompromiss zur Grundrente ist klar: "Die Beibehaltung der großen Koalition bis zum Ende der Legislaturperiode ist durch diese Entscheidung wahrscheinlicher geworden. Wenn jemand jetzt noch raus will, muss man ihn fragen, ob die SPD auch aus der Opposition heraus den Mindestlohn oder die Grundrente hätte durchsetzen können."

Keine Frage – für Vogel ist die SPD trotz ihrer tiefgreifenden Krise und desaströsen Umfrageergebnissen neben der Union immer noch die große politische Kraft in Deutschland. Trotzdem ist er sich der existenziellen Probleme und der Gefahr, in die Bedeutungslosigkeit abzurutschen, bewusst: In Frankreich sei das mit der Sozialdemokratie bereits geschehen.

Soziale Gerechtigkeit wieder als Thema

Um aus der Krise herauszukommen, müsse die Partei aber viel unternehmen. Dazu gehöre auch, dass interne Streitigkeiten möglichst vermieden würden oder zumindest intern blieben. "Dass sie bisher oft öffentlich geführt wurden, ist ein Grund dafür, dass die Medien mehr darüber, als über die Leistungen der SPD berichtet haben."

Im Wahlkampf müsse die SPD das große Thema soziale Gerechtigkeit endlich wieder richtig in den Mittelpunkt rücken und glaubhaft mit Leben erfüllen – anders als im Wahlkampf 2016, als die SPD am Ende eine schwere Pleite verkraften musste. "Denn das ist ein Grundthema der Sozialdemokratie von Anbeginn an."

Fundamentale Ungerechtigkeit, dass zu wenig Wohnraum vorhanden ist

Einen Beitrag dazu will Vogel in seinem neuen und, wie er betont, letzten Buch liefern. Unter dem Titel "Mehr Gerechtigkeit" nimmt er vor allem den außer Kontrolle geratenen Immobilien- und Grundstücksmarkt in den Blick, den die Politik seit Jahrzehnten sträflich vernachlässigt habe.

Vogel rechnet damit, dass sein "Büchlein gewisse Reaktionen gerade bei meiner Partei" auslösen werde: "Ich werde meiner Partei auch nahelegen, dass sie meine Vorschläge im Programm für die nächste Bundestagswahl aufgreift." Denn letztlich sei es eine fundamentale Ungerechtigkeit, dass immer mehr Wohnungen wegen der explosiven Entwicklung der Baulandpreise unbezahlbar würden.

Neben neuen Sachthemen, die die SPD laut Vogel schon jetzt für die Zeit nach der Groko in ein Wahlprogramm packen müsse, hält er die Wahl der neuen Führung für entscheidend. Wer sein Favoritenduo ist, verrät er nicht, auch nicht, ob es bei der jetzigen Stichwahl überhaupt noch dabei ist. Nur so viel: "Das Verfahren, mit dem jetzt eine Doppelspitze gefunden werden soll, halte ich für richtig.

Vogel hält Verzicht auf Kanzlerkandidatur der SPD für falsch

Wenn man Gleichberechtigung ernst nimmt, dann muss sich das auch in der Parteiführung ausdrücken." Für die SPD sei eine Doppelspitze aber nichts Neues: "Das gab es bei der SPD schon im Kaiserreich. Das ist also uralt. Allerdings waren es immer zwei Männer."

Doch nicht alles, was in der SPD diskutiert wird, kann Vogel nachvollziehen – etwa den von Norbert Walter-Borjans vorgeschlagenen Verzicht auf einen SPD-Kanzlerkandidaten: "Ich würde es sehr bedauern, wenn die Partei sich dazu entschließen würde. Das würde bedeuten, dass wir von vorneherein die Perspektiven des Wahlkampfes in einer Weise einschränken, wie das seit 1949 nicht der Fall war." Er halte es für "ganz unwahrscheinlich", dass die SPD bei der Wahl besser abschneide, wenn sie das Kanzleramt nicht anstrebe.


Zum SPD-Parteitag Anfang Dezember, auf dem die neue Parteispitze gewählt und über die Fortsetzung der Groko entschieden wird, würde Vogel gerne hingehen. Eine große Rede würde er dort zwar nicht halten wollen, einen Wunsch hätte er aber dennoch: "Vielleicht würde ich mir gelegentlich einen Zwischenruf erlauben und ich würde dafür eintreten, dass am Schluss wieder ein Lied gesungen wird. So wie früher zu meiner Zeit das alte Lied 'Wann wir schreiten Seit' an Seit''. Das hat auch einen emotionalen Moment, weil die SPD es schon vor hundert Jahren gesungen hat."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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