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Missachtung der Corona-Regeln: Schützt endlich die Vernünftigen!


Missachtung der Corona-Regeln
Schützt endlich die Vernünftigen und Anständigen!

MeinungVon Sven Böll

Aktualisiert am 24.08.2020Lesedauer: 3 Min.
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Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn: Die Corona-Vorschriften sind angesichts der Dimension der ökonomischen und gesundheitlichen Verwerfungen der Krise alles andere als unzumutbar.Vergrößern des Bildes
Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn: Die Corona-Vorschriften sind angesichts der Dimension der ökonomischen und gesundheitlichen Verwerfungen der Krise alles andere als unzumutbar. (Quelle: Jürgen Heinrich/imago-images-bilder)

Die Corona-Zahlen steigen auch deshalb, weil sich zu wenige an die Regeln halten – und der Staat die Verstöße kaum ahndet. Ändert sich das nicht bald, droht ein dauerhafter Schaden für unsere Gesellschaft.

Ordnungsämter und Polizei haben viel zu tun, sehr viel sogar. In Berlin ließ sich das in den vergangenen Tagen einmal mehr gut beobachten. Politessen verteilten mit Genugtuung Knöllchen, wenn die Parkzeit abgelaufen war. Und Polizisten stoppten mit triumphalem Blick Fahrradfahrer, die bei Rot über die Ampel gefahren waren.

Klar, es gibt Regeln. Ein Autofahrer, der länger parkt, als er bezahlt hat, verstößt dagegen genauso wie die Fahrradfahrerin, die nicht vor der roten Ampel anhält. Wer sich nicht an die Vorschriften hält, muss damit rechnen, dass dies Folgen hat.

Allerdings sind in den vergangenen Monaten ein paar sehr wichtige Regeln dazugekommen. Ihre Missachtung dürfte derzeit wohl größere Konsequenzen für die Gesellschaft haben als Falschparker oder Fahrrad-Rowdies. Doch überall in Deutschland lässt sich beobachten, dass die Corona-Vorschriften immer weniger das PDF oder den Tweet wert sind, in denen sie einst verkündet wurden.

Der Staat gibt feige Antworten

Fahrgäste, die in der S-Bahn keine Maske tragen? Jugendliche, die wilde Partys feiern? Restaurantbetreiber, die keine Kontaktlisten führen? Besitzer von Fitnessstudios, die sehr viele Sportler hereinlassen?

Sind wir nicht für verantwortlich. Da muss man auch Verständnis haben. Ist schwer zu kontrollieren. Wir müssen mit denen nochmal reden. So lauten die Antworten des Staates. Nicht immer, aber viel zu häufig.

Diese Reaktionen sind jedoch feige. Damit das auch klar ist: Es geht nicht darum, den Regelbruch von Auto- und Fahrradfahrern zu relativieren.

Und niemand will eine komplett spaßbefreite Gesellschaft. Doch die Corona-Vorschriften sind angesichts der Dimension der ökonomischen und gesundheitlichen Verwerfungen der Krise alles andere als unzumutbar. Sie lassen viel Platz für Lebensfreude. Ein bisschen Rücksicht – viel mehr wird nicht verlangt.

Umso mehr stellt sich die Frage: Warum schützt der Staat nicht die Anständigen und Vernünftigen?

Wer die Regeln missachtet, geht zwar zunächst nur ein Risiko für sich ein. Abhängig vom Alter und von den Vorerkrankungen kann das gering sein. Das Problem bei diesem Virus ist allerdings: Mag die Gefahr für einen selbst noch so vernachlässigbar sein und eine Erkrankung symptomfrei und ohne bleibende Schäden verlaufen, andere kann es härter treffen. Und eine Ansteckungsgefahr besteht fast überall, sei es beim Besuch der Familie, im Büro oder in der U-Bahn.

Es geht in dieser Krise eben nicht nur darum, für sich selbst Verantwortung zu übernehmen, sondern auch für andere. Viele Menschen sind dazu offenbar nicht in der Lage oder zumindest nicht dazu bereit. Und was genauso bedauernswert ist: Der Staat ist erkennbar nicht willens, den Konflikt mit den Unvernünftigen und Unanständigen zu riskieren.

Die Empörung über das unsolidarische Verhalten

Für unsere Gesellschaft könnte die Ignoranz vieler Bürger und das Wegschauen der Behörden unangenehme Konsequenzen haben. Dass die Akzeptanz von Regeln insgesamt abnehmen dürfte, wenn der allzu laxe Umgang mit den Corona-Vorschriften derart geduldet wird, ist naheliegend.

Eine schwerwiegendere Folge könnte darin bestehen, dass diejenigen, die nun erleben und vielleicht auch darunter leiden, wie unsolidarisch viele Mitbürger bei Corona sind, selbst ihre Solidarität aufkündigen.

Auf dem Grundsatz, dass eben nicht jedem geholfen ist, wenn jeder an sich denkt, beruht unser Staat insgesamt. Vor allem gilt dies für die Sozialpolitik.

Würden Gutverdiener die Pflicht zum Steuerzahlen so großzügig auslegen wie die Feiernden und Maskenverweigerer die Hygieneregeln – und bliebe dies ähnlich konsequenzlos – brächen die Steuereinnahmen ein. Schwimmbäder müssten dichtmachen, Schulen würden (noch mehr) verfallen – und es gäbe vielleicht nicht einmal mehr Hartz IV.

Für Millionen Menschen hätte das fatale Konsequenzen. Den egoistischen Gutverdienern wäre das weitgehend egal, weil sie ihre Kinder auf Privatschulen schicken und sich einen eigenen Pool leisten könnten.

Das ist natürlich nur ein Gedankenexperiment. Allerdings bedarf es keiner prophetischen Fähigkeiten, um vorherzusagen, dass die Empörung über das unsolidarische Verhalten von "denen, die reich sind und wenig zu befürchten haben" riesig wäre. Und zwar zurecht.

Wünschenswert wäre es deshalb, wenn die Empörung über das unsolidarische Verhalten von "denen, die gesund sind und wenig zu befürchten haben" ebenfalls groß wäre. Und wenn der Staat sich mit größerer Ernsthaftigkeit um den Schutz derer bemühen würde, die in der Corona-Krise schwach sind – oder einfach vernünftig und anständig.

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