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AfD in Syrien: Politiker zur Audienz bei syrischem Terror-Werber


Festliche Runde beim Großmufti
AfD-Politiker zur Audienz bei syrischem Terror-Werber

  • Lars Wienand
Von Lars Wienand

Aktualisiert am 06.03.2018Lesedauer: 3 Min.
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Der Großmufti und die AfD: Direkt neben Ahmed Badr al-Din Hassun sitzt Dr. Christian Blex, Landtagsabgeordneter und Organisator der Reise. (Quelle: Twitter/christianBlex)

Sie erzählen, sie wollen sich über die Lage "in den von den Terroristen befreiten Gebieten erkundigen". Nun saßen AfD-Politiker in Syrien bei einem Geistlichen, der mit Selbstmordanschlägen in Europa gedroht hat.

Die Reise von sieben AfD-Politikern nach Syrien bringt die Partei unter Druck: Die Abgeordneten haben sich in pompösen Rahmen auch von Großmufti Ahmed Badr al-Din Hassun empfangen lassen, der bereits zu Selbstmordanschlägen in Europa aufgerufen hat. Die sieben Politiker waren am Montag über den Libanon nach Damaskus gereist und hatten sich als "Höhepunkt des Tages" mit dem ranghöchsten Geistlichen des Landes getroffen. Auf thronartigen Stühlen saß die Gruppe unter einem großen Foto von Machthaber Baschar al-Assad.

Der NRW-Landtagsabgeordnete Dr. Christian Blex, der die Reise organisiert hat, berichtete dann von den Erfahrungen "seiner Exzellenz" für "ein friedliches Zusammenleben verschiedener Religionen". Was die AfD-Delegation nicht schreibt: Der Großmufti ist auf einem Video aus dem Jahr 2011 zu sehen, wo er mit Selbstmordattentaten im Westen droht.

"Wir haben schon Selbstmordattentäter in euren Ländern"

Dort sagte er: "Mit der ersten Bombe, die auf Syrien und den Libanon geworfen wird, wird jeder Sohn Syriens und Libanons zum Selbstmordattentäter. Und das Ziel ist Europa und Palästina." Die Botschaft gehe an die Europäer und die Amerikaner: "Wir haben schon Selbstmordattentäter in Euren Ländern, von nun an gilt Auge um Auge, Zahn um Zahn."

Die Drohungen hatte er ausgesprochen, als der Aufstand gegen das Assad-Regime seit einigen Monaten lief und die Assad-Gegner auf ein Eingreifen des Westens hofften. Blex sagte bento.de, Hassun sei darauf eingegangen und habe klar gestellt, dass das keine Drohung an den Westen gewesen sei, er habe nur gewarnt, dass es zu Anschlagen kommen könnte.

Islamwissenschaftler und Spiegel-Journalist Christoph Sydow analysiert, dass der Mufti eine Stütze des Assad-Regimes ist und auch die politischen Todesurteile unterzeichnen muss, von denen es in Syrien Tausende gibt. Auf ihn geht auch ein religiöses Dekret mit der Aufforderung zurück, die Kinder in die syrische Armee zu schicken. AfD-Besucher Blex meldete dagegen aus dem Gespräch, der Großmufti habe wiederholt die "Notwendigkeit einer strikten Trennung zwischen Staat und den Religionen" betont.

Hassun war vor Ausbruch des Syrienkriegs häufiger Gesprächspartner im Westen und auch Gast des Ökumenischen Kirchentags in München 2010. Vor dem Europaparlament hatte er sich 2008 gegen den Begriff des "Heiligen Kriegs" ausgesprochen, heilig sei nur Frieden. Der Großmufti steht auch für eine liberalere Auslegung des Islams und sprach schon 2010 von der Ausbildung weiblicher Imame.

Die AfD-Politiker betonen, die Reisen auf eigene Kosten zu finanzieren. Die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana berichtet dagegen von einem Treffen mit einer „deutschen Parlamentsdelegation“. Sie veröffentlicht Texte und Fotos vom Treffen mit Hassun, mit dem Sprecher der Volkskammer, Hammoudeh Sabbagh, und mit dem Außenausschuss der Volkskammer. Sana berichtet, der Großmufti habe sich beklagt, Syrien sei zum Ziel geworden, weil es der einzige säkulare Staat der Region und Symbol einer zivilisierten Nation sei.

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Auswärtiges Amt war über Reise nicht informiert

Die AfD-Delegation hatte im Vorfeld mitgeteilt, man wolle sich "ausführlich über die humanitäre Situation in Syrien und die Wiederaufbauarbeiten in den von den Terroristen befreiten Gebieten erkundigen" und schließe auch ein Gespräch mit Machthaber Assad nicht aus. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes sagte zu t-online.de, über das Reisevorhaben der AfD-Gruppe sei den zuständigen Stellen nichts bekannt.

Das Auswärtige Amt warnt vor Reisen in das Land. Auf der Website heißt es: "Alle Deutschen, die das Land noch nicht verlassen haben, werden zur Ausreise aus Syrien aufgefordert. Die deutsche Botschaft in Damaskus ist derzeit geschlossen und kann im Notfall keine konsularische Hilfe vor Ort leisten." Seit Beginn des Krieges wurden nach UN-Schätzungen mehr als 340.000 Menschen getötet. Millionen Syrer flohen vor der Gewalt. Syrien liegt auf dem letzten Platz im Demokratie-Index des renommierten Freedom Institutes.

Ein Ziel der Gruppe dürfte es sein, Argumente gegen einen Abschiebestopp für abgelehnte syrische Asylbewerber und für eine Rückführung in das Land zu sammeln. Schon lange argumentieren AfD-Politiker, Syrien sei sicher. Deutschland schiebt seit 2012 nicht mehr nach Syrien ab, weil den Menschen dort Gefahr für ihr Leben droht.

AfD: Merkel soll Großmufti einladen

Blex überbrachte über soziale Netzwerke einen Aufruf des Großmuftis, alle Syrer in Deutschland sollten zurückkehren. Blex appellierte sogar in einem Tweet: "Frau Merkel, laden Sie ihn doch mal zu sich ein."

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Unklar ist, wer die Reise finanziert oder wer vor Ort für die Sicherheit der Politiker sorgt. Auf einem Foto von Blex, das im rechten Online-Magazin Compact veröffentlicht wurde, posieren einige der Politiker mit Männern in Uniformen, aber ohne Abzeichen. Die Landtagsfraktion aus NRW erklärte auf Anfrage von t-online.de, es handele sich um eine "reine Privatreise", die weder von der Fraktion initiiert sei noch irgendwie unterstützt werde.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Blex-Erwiderung auf bento.de
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